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Rezensionen zu
Autismusbüchern
Die
letzten drei neuen Rezensionen
Rezensionen
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Titel und
Rezension
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Elkie Kammer: Discovering who I
am
Always a loner, yet longing for friends; trying to make sense of the
world and to bring order into the chaos around me; academically gifted,
but with little social understanding; treading different paths and
being labelled with various conditions; forever searching for an answer
until it suddenly stared me in the face: Asperger Syndrome. Now
everything began to fall into place. Why did I have to wait 40 years to
discover what makes me who I am?
Elkie Kammer now lives in Inverness,
where she is working with autistic
children in mainstream schools.
#Kammer-Engl |
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Temple
Grandin: Ich bin die
Anthropologin auf dem Mars - Mein Leben als Autistin
Autismus ist aktuell immer mal wieder
Thema in den
Medien, wenn es um die besonderen Fähigkeiten dieser Menschen
geht. Filme wie „Rainman“ oder der Zahlenakrobat
Daniel Tammet, der die Zahl Pi auf 22.514 Nachkommastellen aufsagen
kann, sind beeindruckend.
Autismus wird erst seit Anfang der 1950er Jahre diagnostiziert, bekannt
wurde die leichtere Form des Autismus, das Asperger-Syndrom, erst
Anfang der 1990er Jahre.
Temple Grandin hat als erste Autistin ihren Weg und ihren Umgang mit
der Diagnose Autismus beschrieben, sie ist die bekannteste Autistin
weltweit. 2010 wurde sie vom Time Magazin zu den wichtigsten
Persönlichkeiten der Welt in der Kategorie
„Helden“ gekürt.
In diesem Buch beschreibt sie ihren Autismus, ihre Art des Umgangs
damit und ihre Lebensgeschichte. Mittlerweile ist sie Dozentin der
Tierwissenschaften. Mehr als die Hälfte der kommerziellen
Tierhaltungsanlagen Nordamerikas beruhen auf ihren Entwürfen.
Dieses Buch ist persönlich,
wissenschaftlich, geschichtlich und atemberaubend spannend.
#TempleMars Direktbestellung
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Ina Slotta: Autismus
Ein sehr vielschichtiger Ausflug in die Gefühlslagen eher
schwer betroffener AutistInnen, zum Teil der nicht sprechenden
AutistInnen. Wenn Menschen nicht sprechen bedeutet es nicht, dass sie
nichts zu sagen haben. Früher wurden nicht sprechende Menschen
in der Regel als geistig behindert abgestempelt – ohne auf
Fördermöglichkeiten und Veränderungen zu
achten. Gerade Dietmar Zöller und Katja Rohde wurden erst
spät als ausgesprochen intelligent erkannt. Beide, genauso wie
Gunilla Gerland, haben sich später in Büchern
ausgedrückt, die die Autorin am Ende des Buches als Beispiele
ausführlich würdigt und bespricht. Sie
erläutert dabei zahlreiche Theorien, die sie zu Beginn des
Buches bereits vorstellt.#slotta Direktbestellung |
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Michael Schmitz
(Hrsg.): Alles
über
Autismus
2. Auflage mit 200
Einträgen!
Alles in diesem Buch ist
über Autismus:
Bücher, Magazine, Blogs und Filme.
Ein Buch zum Blättern und Entdecken. Das Buch soll Anregungen
und Informationen geben und die Möglichkeit, sich in den einen
oder anderen Schwerpunkt weiter zu vertiefen.
Insgesamt wurden für dieses
Buch
über zweihundert Beiträge von verschiedenen Autoren
zusammengetragen. Sie ergeben ein vielfältiges Bild
– so vielfältig wie das Spektrum des
Autismus.#AllesAutismus
Direktbestellung
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Elkie
Kammer: Entdecken, wer ich bin. Mein Leben mit dem Asperger Syndrom
Eine bewegende und offenherzig geschriebene
Biografie einer weitgereisten und intelligenten Frau. Ein brillant
vorgetragener, autistischer Lebensweg. Immer auf der Suche nach dem
eigenen Selbstverständnis und einem Platz in der Gesellschaft,
immer wieder zurückgeworfen durch unpassende Ausbildungs- und
Arbeitsverhältnisse und fehlende Wegbegleiter.Ihr
40-jähriger Weg zur Autismusdiagnose und später zur
Sonderschullehrerin für autistische Kinder hätte kaum
steiniger sein können.
Elkie Kammer lebt zurzeit in Inverness /
Schottland, wo sie an staatlichen Schulen autistische Kinder
unterrichtet.
Direktbestellung
#kammer
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Dietmar Zöller:
Dietrich... Ein Autist erzählt.
Zöller schreibt über sein Leben. Er nimmt dabei die
Rolle
eines Außenstehenden ein, daher heißt der
Protagonist des
Buches Dietrich. Es ist beeindruckend, mit welcher Genauigkeit er seine
Gefühlslage auch in frühester Kindheit beschreiben
kann. Er
ist sehr reizempfindlich, kann sich und seinen Körper nur
schwer
steuern. Dafür lernt er schnell die Gabe eines fotografischen
Gedächtnisses zu nutzen. Es ist auch die Geschichte
eines
behinderten Menschen, der seine Umwelt sehr wohl reflektiert und alles
mitbekommt, obwohl sein Umfeld ihm das nicht immer zutraut. Es wird
über, statt mit ihm gesprochen. Er erkennt die hohen
Belastungen,
denen seine Familie durch sein Anderssein ausgesetzt sind –
und
kann es doch nicht ändern. Er „war um seine
Brüder
besorgt, weil er ahnte, dass er ihnen ein Stück Kindheit
gestohlen
hatte“. Ein spannender Bogen über sein Leben, mit
Blick auf
seine Familiengeschichte und seine Entwicklung #dietrich. Direktbestellung
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Dietmar
Zöller: Jenseits der Lebensmitte. Ein Autist erlebt und
reflektiert das Älterwerden
Ein Buch mit vielen Aspekten. Es geht ums
Älterwerden, den Veränderungen in der
Körperwahrnehmung und Reflexion der Ereignisse der ersten
Lebenshälfte. Freundschaften und auch Kommunikationsformen
stehen im Fokus: „Es ist ein Problem der
Körperwahrnehmung und des motorischen Ausdrucks, wenn ich die
Konsonanten nur andeute und nicht richtig artikuliere.“
Zöller kann sich und seine Entwicklung sehr gut beschreiben,
kann Verhaltensweisen deuten und erläutern: „Ich
habe an manchen Tagen keine Orientierung an meinem Körper,
d.h. ich habe kein Bild im Kopf, wo Arme und Beine sind und kann darum
die Gliedmaßen nicht willentlich steuern. Es kommt mir
manchmal so vor, als wären da mehrere Arme und Beine, die sich
gegenseitig stören. Eine Hand z.B. übernimmt dann die
Führung ohne Sinn und Verstand. Ich bin nicht Herr im
Haus.“
Ein umfangreiches Buch, das zahlreiche Gedanken
zur zweiten Lebenshälfte zusammenfasst und einen Einblick in
das Leben und Wirken von Dietmar Zöller erlaubt. Direktbestellung
#Lebensmitte
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Luis
Bayardo: Lebensreise eines Vaters. Der schwierige Weg zu meinen
autistischen Söhnen.
Für Väter ist es anders
schwierig, mit autistischen Kindern umzugehen. Als klassischer
amerikanisch-mexikanischer Macho sowieso. Man hat Träume,
welche Sportstars die Kinder werden können, trainiert hart mit
den Jungs und es ist nicht das erwartete Ergebnis. Bayardo zweifelt an
sich, seinen Jungs und versteht erst spät, dass er derjenige
ist, an dem man arbeiten muss. Das beschreibt er schonungslos und will
damit anderen Männern in ähnlicher Situation
Unterstützung geben. Und das macht er beeindruckend. Dieses
Buch hilft jedem Mann.
Er beschreibt auch die Therapien, die in den USA
eingesetzt werden. Von ABA bis "Voodoo", wie er es nennt. Mit
über 100 Therapeuten hat er es bei seinen beiden Jungs zu tun.
Dazu stundenlange Förderplangespräche. Hier gibt es
klare Worte, Erkenntnisse und immer das Verständnis
dafür, dass jeder Autist anders ist. Von seinem Beispiel kann
man trotzdem lernen.
Direktbestellung
#bayardo
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MChofmann:
Die Arbeit ruft... und jeder hört etwas anderes.
Redewendungen, Sprichwörter und cartoonierte Wege in den Job
Über 100
Seiten Cartoons vom jungen Künstler
MChofmann.
Das Buch ist ein lustiger Cartoon, auch ein Buch
über den Arbeitsmarkt, über die Tücken von
Vorstellungsgespräch und Probearbeit, außerdem ist
es eine einzigartige Zusammenstellung von Redewendungen und
Sprichwörtern die bewusst machen, wie blumig wir unsere
Sprache häufig nutzen.
Es ist auch ein Wimmelbuch, in dem man auch beim
dritten durchlesen noch Neues entdeckt, es kann als Ausmalbuch genutzt
werden, als intellektuelles Geschenk oder einfach zur
persönlichen Erheiterung. Ein abwechslungsreiches und
vielfältiges Buch.
Für Menschen, die sich mit dem Thema
Autismus-Spektrum beschäftigen, bietet es darüber
hinaus noch eine authentische Innensicht.
#MChofmann Direktbestellung
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Beate
Hermelin: Rätselhafte Begabungen. Eine Entdeckungsreise in die
faszinierende Welt außergewöhnlicher Autisten
»Das Buch ist großartig
erzählt und zeigt Beate Hermelins großes Engagement
und ihre Leidenschaft für dieses Thema. Beate Hermelin steht
für gründliche und wegweisende Forschung, die aber
auch immer das Menschliche berücksichtigt. Ihr Buch ist -
einfach gesagt - wunderbar geschrieben und wird, da bin ich sicher,
eine breite Spanne von Lesern ansprechen und faszinieren.« Oliver
Sacks
Christopher ist 37 Jahre alt. Er hat nie eine
normale Schule besucht und lebt in einem Heim einer betreuten
Wohngruppe. Aber er beherrscht sieben Fremdsprachen. Christopher ist
das, was man früher einen »Idiot savant«
genannt hat, also jemand, der trotz schwerwiegender Lernschwierigkeiten
eine hervorstechende Begabung auf einem bestimmten Gebiet besitzt. Die
international bekannte Autismusforscherin Beate Hermelin
erzählt uns seine Geschichte und die anderer
»Savants«, die sie über mehr als zwanzig
Jahre beobachtet und betreut hat. Sie geht dabei der Frage auf den
Grund, ob diese so erstaunlichen Phänomene ein
Schlüssel sind zum Verständnis menschlicher
Intelligenz und des menschlichen Denkens. Da ist zum Beispiel Kate, 40
Jahre alt, die nicht in der Lage ist, eine Konversation zu
führen, und dennoch wunderschöne Gedichte
verfaßt. Da gibt es den Kalenderrechner, der aus dem Stegreif
den Wochentag eines beliebigen Datums in der Vergangenheit nennen kann,
und da ist der »Savant«, dessen Rechenleistung die
von Spitzenmathematikern übertrifft. Hermelin zeigt uns nicht
nur, zu welch außerordentlichen Leistungen sie fähig
sind, sie erklärt auch, wie sie dies anstellen. Es ist ein
Buch, das viel von der Faszination, der Freude und der Neugier
vermittelt, die die Autorin im Umgang mit diesen Menschen
verspürt hat. Viele Leser werden von diesem Buch innerlich
bewegt und fasziniert sein. #hermelin Direktbestellung
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Robin
Schicha: Außerirdische Reportagen vom Schulalltag. Ein junger
Autist beschreibt seine Erdensicht
In diesem Buch berichtet Robin Schicha von seinen
Erfahrungen, die er im alltäglichen Schulalltag als Autist
unter nichtautistischen Mitschülern gemacht hat. Eindrucksvoll
und sensibel reflektiert der Autor, wie undiszipliniert und feindselig
sich seine Mitschüler ihm gegenüber verhalten und ihn
ausgrenzen und mobben. Der Autor hat seine Erlebnisse während
seiner Pubertät in der Schulzeit tagebuchartig notiert. So
stellen sie ein authentisches Ergebnis eines jugendlichen Autisten dar.
Robin hat intuitiv das Gefühl, nicht zu den Menschen dieser
Welt zu passen, sondern ein Außerirdischer zu sein, der sich
auf dem Erdenplaneten verirrt hat.
Immer wieder beschreibt der Autor das
Unverständnis seiner Lehrer für seine autistischen
Probleme. So wird er von einer Lehrerin wegen seiner
Geräuschempfindlichkeit als Hypochonder diskriminiert. Wie
viele autistische Schüler, die erst spät die
Autismusdiagnose erhalten, hat Robin häufig die Schule
wechseln müssen. Die unterschiedlichsten Schulen mit den
verschiedenen Lehrern und den zahlreichen schwierigen Erfahrungen
werden im Buch eindrucksvoll beschrieben. Ergänzt wird es
durch seine Erfahrungen mit Schulbegleitern. Neben dem Text liegt ein
Schwerpunkt auf den bemerkenswerten Illustrationen von Robin.
Der Autor und Zeichner ist ein
langjähriger begeisterter Cartoon- und Comiczeichner. Mit
klaren Strichen unterstreicht er eindrucksvoll die beschriebenen
Situationen der einzelnen Kapitel. Das Buch schildert neben schwierigen
Erlebnissen auch amüsante Ereignisse und trägt dazu
bei, ein besseres Verständnis für die Eigenarten,
Wahrnehmungen und Perspektiven eines autistischen Jungen zu erhalten.
#schicha Direktbestellung
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Kyra
Müller: Autismus und Arbeit: Inklusion von Menschen im
autistischen Spektrum in das Arbeitsleben
Die unausgewogenen Chancen von Personen im
Autismus-Spektrum auf dem Arbeitsmarkt, die oft in keinem
Verhältnis zu den nutzbaren Fähigkeiten stehen, waren
die Grundlage für die Arbeit der Autorin. Sie erscheinen wie
eine Verschwendung: Für die Gesellschaft, für die
Arbeitgeber, aber auch als unnötige Einschränkung
für die Menschen, die dadurch ihr Leben oft nicht
selbstbestimmt führen können. Im Zeitalter von
Inklusion und Fachkräftemangel muss es Wege aus dieser
Fehlentwicklung geben.
Zum Einstieg in das Thema werden daher
Erläuterungen der aktuellen Gesetzeslage, inklusive der
UN-Behindertenkonvention gegeben. Der umfassende Überblick
über die Arbeitsmarktstruktur und die verschiedenen
Fördermöglichkeiten ist eine wichtige Grundlage, um
Inklusion gelingen zu lassen. Dazu werden aktive deutsche Firmen, aber
auch beispielhafte Unterstützungsmöglichkeiten in
anderen Ländern vorgestellt. Besonders spannend und das
Herzstück des Buches ist eine Untersuchung zum Bereich
„Autismus und Arbeit“, an der insgesamt 344
Menschen teilgenommen haben. Von den 273 Teilnehmenden,
welche die Online-Befragung komplett beendet haben, sind 241 im
autistischen Spektrum. Sie geben einen sehr guten Überblick
zur aktuellen Situation und den
Unterstützungswünschen der Personen. Dies sind
Ansatzpunkte, damit Menschen im Autismus-Spektrum ihre
Fähigkeiten einsetzen können, um damit ihren
Lebensweg in einem größeren Maße als
bisher eigenverantwortlich zu gehen. Die Gesellschaft und die
Arbeitswelt werden davon profitieren. #kyra Direktbestellung
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Dietmar
Zöller: Als nichtsprechender Autist in fremden
Ländern. Das Unterwegssein als Chance begreifen.
Mit einem Vorwort von Maria Kaminski
Dietmar Zöller ist einer der bekanntesten
nichtsprechenden Autisten im deutschen Sprachraum. Mit seinen
zahlreichen Buch- und Fachartikelveröffentlichungen hat er
maßgeblich zum Verständnis von Autisten beigetragen.
Dietmar Zöller reist gern. Fast jedes Jahr hat er mit seinen
Eltern zusammen eine Reise unternommen: Als Kind, als Jugendlicher und
als Erwachsener. Die Frage des Verreisens stellt sich für
Eltern behinderter Kinder und Erwachsener häufig: Wie soll das
gehen, welche Ziele kann man auswählen, kann ich eine ganz
normale Pauschalreise buchen? Dietmar Zöller gibt in dem
vorliegenden Buch die Antwort: Ja, alles ist möglich.
Deutschland, Europa und die weite Welt.
Das Buch soll Eltern behinderter Menschen Mut
machen, sich durch die Behinderung nicht zu sehr einschränken
zu lassen. Es zeigt sehr deutlich, wie wichtig das Reisen auch
für den behinderten Menschen ist: Eine Bereicherung, auch
Herausforderung, an der man wachsen kann, ein einzigartiges Erlebnis.
Dieses Buch ist eine großartige Sammlung von Reiseberichten
aus nahen und fernen Ländern. Was mit Campingtouren durch
Westeuropa bis hin zum Nordkap begann, konnte mit der politischen Wende
auf Osteuropa ausgedehnt werden und ist mit geschichtlichen Einblicken
ergänzt. Dann entschloss sich Familie Zöller auch mit
Fernreiseunternehmen unterwegs zu sein: Grönland, Mongolei,
China, Indien, Namibia und viele weitere Länder folgten.
Eine Inspiration weit über das Thema
„Reisen mit behinderten Menschen“ hinaus. 78 Fotos
aus dem Familienalbum der Zöllers illustrieren die Berichte
und geben einen sehr persönlichen Einblick in ihre Reisen.
#zoellerreise Direktbestellung
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John
Elder Robison: Schau mich an! Mein Leben
mit Asperger
Als Ausdruck seiner ehrlichen Zuneigung
tätschelt er andere Kinder mit Knüppeln, grinst
erleichtert, wenn ein Unbekannter stirbt und hält Halloween
mit kleinen Explosionen im Vorgarten kinderfrei: Verhaltensweisen, die
immer ein strenges Schau mich an! seiner Eltern zur Folge haben. John
Elder Robison gilt in seiner Kindheit als
»unnormal« und wird häufig gemieden. Als
er sein großes Talent für elektrische
Geräte entdeckt, öffnet sich ihm eine neue Welt: Er
konstruiert flammenwerfende Gitarren für KISS und entwickelt
die ersten elektronischen Spielzeuge für mb. Doch was ihn als
Kind zum Außenseiter macht, lässt ihm auch im Job
keine Ruhe.
Erst mit vierzig Jahren erfährt er die
Ursache für sein Verhalten: Er leidet am Asperger-Syndrom -
einer leichten Form von Autismus. In Schau mich an! erzählt
John Elder Robison aus seinem Leben, wie es wirklich war: manchmal
traurig, manchmal komisch, aber immer ergreifend. #robison Direktbestellung
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Schor/ Schweiggert:
Autismus - ein häufig verkanntes Problem: Kinder und
Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen in allen
Schularten
Die Erziehungsverantwortlichen in allen Schularten
sind meist nicht in der Lage, die schweren Mehrfachbehinderungen des
Autismus und dessen Auswirkungen auf das soziale Handeln zu erkennen
und wirksame Fördermaßnahmen zu ergreifen.
• Dieses Buch wendet sich an Lehrerinnen und Lehrer in
Förderschulen, aber vor allem in Grundschule und Hauptschule,
in Realschule und Gymnasium
• Es beschreibt autistische Störungen, ihre
vielfältigen Symptome sowie Möglichkeiten zur
Früherkennung.
• Es stellt vielfältige Formen der Therapie vor und
informiert über besonders wirkungsvolle
Therapieansätze.
• Es handelt medizinische, pädagogische und soziale
Aspekte, die sich im Umgang mit autistischen Kindern ergeben.
• Es bündelt Erkenntnisse von Fachleuten und stellt
Erfahrungen und Einschätzungen von betroffenen Eltern, von
Mitgliedern aus Autismus-Verbänden, von Medizinern und Lehrern
dar.
• Es liefert eine Fülle an Anregungen und beschreibt
pädagogische Maßnahmen, die in der Schule zur
Anwendung kommen können.
• Es zeigt pragmatische Möglichkeiten der
Zusammenarbeit von Schule, Elternhaus und außerschulischen
Fachdiensten im Sinne einer kompensatorischen und ganzheitlichen
Erziehung und Förderung auf.
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Dawn
Prince-Hughes: Heute singe ich mein Leben. Eine Autistin begreift sich
und ihre Welt.
Obdachlos, Stripperin, Gorillas – dann
Dr. der Anthropologie: Die Lebensgeschichte von Dawn Price-Hughes, bei
der mit 36 Jahren das Asperger-Syndrom diagnostiziert wird.
Sie beschreibt ihre Kindheit und das sie die Schule aufgrund von
extremen Mobbing abgebrochen hat. Wenig später ist sie mit 16
Jahren auf der Straße und obdachlos. Jahrelang zieht sie
durch die USA, ohne jedes Ziel und Perspektive.
Sie hat alle Tiefen der Gesellschaft durchlebt, hat in Strippclubs in
Tierfellen getanzt – ohne dies so wahrzunehmen, ihr Ziel war
es stattdessen, die „urbane Gesellschaft zu
erkunden“. Als Gespielin lesbischer Frauen dachte sie immer
eine Beziehung aufzubauen, dabei ging es immer nur um eine Nacht.
Dann geht sie in den Zoo, lernt die Gorillas kennen, beginnt zu
forschen, verändert ihr Leben, beginnt ein Studium –
eine unglaubliche Geschichte. Die Formen menschlichen Zusammenlebens
erlernt sie durch die Beobachtung der Gorillas, erforscht sich selbst
durch ihre Forschungen. Die Beobachtungen an den Gorillas nimmt sie
sehr detailgetreu auf, das verschafft ihr schließlich eine
Hochschulanstellung.
Im letzten Teil des Buches stellt sie ihre Familienmitglieder mit den
jeweiligen Ticks und Auffälligkeiten vor: Sicherlich eine
seltene Ansammlung! Sie erläutert die Notwendigkeit,
diagnostiziert zu werden und den Weg dorthin. Dazu gehört die
(Familien-)Planung innerhalb ihrer lesbischen Beziehung und ihre
Unterstützung bei der Asperger-Diagnose eines Cousins.
In diesem Buch liest man über das chaotische Leben einer
Asperger-Autistin, die immer auf der Suche nach sich selbst ist - und
manchmal nicht einmal mehr das - und die glückliche Wendung.
Und man lernt viel über das menschliche Verhalten von
Gorillas. Ein rundum spannendes Buch, das zu Recht oben in den
Verkaufscharts zu finden ist. #dawn
Wikipedia (Englisch), Audio
mit Bild (55 Min., Englisch), Interview mit der Autorin zu diesem Buch
(Englisch)
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Gisa
Anders: Eine Fantasie guckt aus dem Fenster. Vom
frühkindlichen Autismus zum selbstbestimmten Leben
In der normalen Entwicklungsliteratur findet man
viele positive Ansätze und Anregungen. In der
Behindertenliteratur gibt es zwar Bestätigung, aber man wird
als Eltern verängstigt und entmutigt. Wenn bei normalen
Menschen die Phase der größtmöglichen
Lernfähigkeit beginnt, sind die meisten autistischen Menschen
schon nicht mehr erreichbar.
Ich werde oft gefragt: „Was macht Dirk?“ Ich sage
dann voll Stolz: „Er ist jedes Wochenende in der Disco oder
bei Freunden, ansonsten bereitet er sich intensiv auf seine
Gesellenprüfung vor.“ Auf meine Frage:
„Hätten Sie das je für möglich
gehalten?“ folgt ein spontanes, klares
„Nein“. Dirk war nicht in der Lage, sich selbst
eine Grundlage zu schaffen. Daher stand seine Entwicklung in der Zeit
der wichtigsten Lernphase fast still.
Dirk brauchte Hilfe, die hat er bekommen.
Dirk brauchte Mut, den habe ich ihm gemacht.
Auch ich brauchte Mut, den habe ich mir nicht nehmen lassen.
Viele Menschen haben sich immer wieder bemüht, mich zu
entmutigen, sie haben mein Engagement belächelt.
Ich habe mich nicht von Behindertenliteratur verängstigen
lassen, sondern habe die festgestellten
Entwicklungsmöglichkeiten als Chance gesehen.
Dieses Buch ist das Zeugnis eines Kampfes gegen Vorurteile und
Klischees – ein hartes Stück Arbeit, es hat sich
gelohnt.
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Dietmar
Zöller: Kathrin ist autistisch.
Die Geschichte eines besonderen Mädchens
Die Geschichte einer nonverbalen Autistin von der
Kindheit bis zu ihrer Ausschulung und neuen Perspektiven. Geschrieben
mit viel Insiderwissen: Denn der Text stammt von Dietmar
Zöller, selbst nicht sprechender Autist. Er hat bereits
zahlreiche Bücher geschrieben und stellt hier seine erste
Erzählung vor. Diese ist so genau geschrieben, dass es ein
Leichtes ist, dieses Buch als Biografie zu lesen.
Innenansichten und Empfindungen einer Autistin werden dargestellt, wie
es nur von einem Autisten geschrieben werden kann. Immer wieder mit
Details versehen, die autistische Menschen besser verstehen lassen.
Kathrins Mutter kommt als junge Frau mit der Idee
der gestützten Kommunikation in Kontakt. Durch das ganze Buch
ziehen sich die Erfahrungen mit dieser Kommunikationsform.
Auch wird das Leben als Mutter einer nicht sprechenden Autistin
beschrieben. Viele Höhen und Tiefen: Ehemann, Freunde,
Bekannte und Verwandte und deren Verhalten spiegeln die ganzen Facetten
eines Lebens mit einem behinderten Kinde wieder. Besonders schwer bei
intelligenten, nonverbalen Autisten: Die Beschulung. Auch dazu gibt es
im Buch manche Idee.
Spannend, in einem flüssigen Schreibstil
verfasst, will man unbedingt wissen, wie es weitergeht. #kathrin Direktbestellung
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Dietmar Zöller: Wenn ich
mit euch reden könnte. Ein autistischer Junge beschreibt sein
Leben aus seiner Sicht.
Nicht nur ein sehr offenes und bewegendes Buch,
sondern auch ein Stück Zeitgeschichte. Dietmar Zöller
ist einer der ersten Autisten, die sich nur über Schreiben
mitteilen können – und es auch tun. Eine einmalige
Gelegenheit, die Entwicklung des autistischen Jungen mitzuerleben. Und
wenn man viele Diskussionen und Entwicklungen aus der heutigen Zeit
verfolgt, ist man erstaunt, wie aktuell das Buch von Dietmar
Zöller ist.
So beschreibt er das Problem, adäquaten
Unterricht zu erhalten: „Alles was ich lernen soll, kann ich
schon. Sie wollen mich dumm halten.“ Viele Autisten in
Fördereinrichtungen sprechen diesen Punkt an, da sie
häufig als geistig behinderte behandelt werden, oft aber ganz
andere Fähigkeiten haben. In diesem Buch ist der Leser mehrere
Jahre quasi live bei der persönlichen Entwicklung dabei. Es
liest sich wie ein Tagebuch. Als er älter wird, kommen auch
sehr schöne Gedichte hinzu.
Es zeigt seine Entwicklung, sein reifer-werden und
sein großes Verständnis der Welt um ihn herum. Nach
außen wirkt er behindert, im Inneren ist er ein junger Mann,
der sich selbst sucht. Ein schweres Los, dass er immer wieder
thematisiert. Ich habe das Buch tatsächlich in einem Rutsch
durchgelesen – das hatte ich vorher nicht vermutet.
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Dietmar Zöller: Ich gebe
nicht auf. Aufzeichnungen und Briefe eines autistischen jungen Mannes,
der versucht, sich die Welt zu öffnen.
„Ich gebe
nicht auf“ ist das
zweite Buch von Dietmar Zöller. Das erste Buch „Wenn
ich mit euch reden könnte…“ wurde zu
einem überraschenden Erfolg und in mehrere Sprachen
übersetzt. Durch das Erscheinen des ersten Buches konnte
Zöller deutlich mehr Selbstbewusstsein entwickeln. Deutlich
mehr Selbstvertrauen. Dadurch wirkt das Buch noch Reflektierter (er
wird allerdings ja auch älter). Vielfach wird auf Reaktionen
auf das erste Buch hingewiesen, der Briefverkehr abgedruckt.
Zöller: „Seit ich Anerkennung bekomme, kann ich
meine Behinderung akzeptieren.“
Sein zweites Buch finde ich fast noch besser, als
das Erste. Dietmar Zöller erläutert seine sehr
differenzierten Körperwahrnehmungen und gibt einen noch
tieferen Einblick in das Sein eines Autisten. Für
Außenstehende kaum nachzuvollziehen, beschreibt er seine
besonderen Fähigkeiten der Augen und Ohren. Er musste bisher
ja davon ausgehen, dass alle Menschen so empfinden, wie er. Nun merkt
er, dass offensichtlich besonders die Sinneswahrnehmungen bei ihm
andern funktionieren. Seine Wahrnehmungen sind dabei stark
unterschiedlich in Entwicklung und Nutzung. Mit einem Löffel
Tabasco spürt er auch seinen Mund.
Mit über 20 Jahren lernt er durch neue Therapieformen seinen
Körper besser kennen, zu nutzen und zu verstehen –
erkennt aber auch seine Grenzen, was häufig schmerzhaft ist.
Er beschreibt auch die Ablösung von der Psychotherapie und
seine Erfahrungen mit Feldenkrais-Übungen.
Ein tolles Buch, ich bin immer wieder überrascht, wie mich
gerade auch die Literatur von nichtsprechenden Autisten fasziniert.
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Liane
H. Willey: Ich bin Autistin - aber ich zeige es nicht. Leben mit dem
Asperger-Syndrom
Einfach ein großartiges Buch: Die
Tochter erhält die Diagnose Asperger und die Mutter erkennt
sich - endlich - in dieser Diagnose wieder. Sie beschreibt im
Rückblick ihre Lebensgeschichte und reflektiert es nun in
Kenntnis der Asperger-Diagnose.
Ernst, lustig und voller Anekdoten. Dabei immer
spannend, denn man wartet darauf, wie der nächste
Lebensabschnitt bis zur Hochschullehrerin mit drei Kindern verlaufen
wird - und welchen Anteil das Asperger-Syndrom dabei hat. Ein
Extrakapitel widmet sie den Ereignissen, als Asperger-Autistin Kinder
zu haben.
Sehr offen, in klaren Worten und
schnörkellos beschrieben - und dabei doch sehr ins Detail
gehend. Sie beschreibt Gefühle intensiver, als so mancher
Mensch ohne Asperger. Sie muss die Gefühle für sich
genau beschreiben, um sie zu verstehen. "Auch wenn es 38 Jahre lang
gedauert hat - ich kann gar nicht deutlich genug sagen, was
für eine Erleichterung es war, mich endlich selbst zu finden!"
Ein gelungenes Ende findet das Buch mit
zahlreichen Checklisten für alle Lebensbereiche. Hier gibt
Liane H. Willey viele wichtige Hinweise, worauf man als Asperger-Autist
achten sollte (bei der Ausbildung, der Arbeit, in Beziehungen etc.).
Mit einem sehr persönlichen Vorwort von Tony Attwood. #liane Direktbestellung
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Temple
Grandin: Durch die gläserne
Tür. Lebensbericht einer Autistin.
Sicherlich eines der bedeutendsten Bücher
zum Themenbereich Autismus. Das erste Buch, das von einer Autistin
geschrieben wurde und ihren Lebensweg unter dem Eindruck des Autismus
wiedergibt.
Der große amerikanische Kinoerfolg „Rain
Man“ erzählt die Geschichte des Autisten Raymond mit
anrührender Unmittelbarkeit und unpathetischer Leichtigkeit.
Ebenso eindringlich und geradeaus ist die Geschichte der Autistin
Temple Grandin, die übrigens mithalf, „Rain
Man“ - Hauptdarsteller Dustin Hoffman auf seine
anspruchsvolle Rolle vorzubereiten. Aus ihrer
außergewöhnlichen Perspektive schildert Temple
Grandin ihren zähen Kampf gegen die bizarren Symptome des
Autismus: etwa das Unvermögen, ihre Bewegungen zu
kontrollieren, die Besessenheit mit einer Beschäftigung, ihre
Geräuschempfindlichkeit, die Überreiztheit ihres
Nervensystems überhaupt, oder ihre anfängliche totale
Unfähigkeit, mittels Sprache oder auch nur
Körperkontakt eine Verbindung zur Außenwelt
herzustellen - obwohl sie gerade dies sehnlichst wünschte.
Dass es ihr schließlich dennoch glückte, sich aus
ihrem gläsernen Gefängnis zu befreien, verdankt sie
ihrem eigenen Erfindungsreichtum: Sie konstruierte einen Apparat, mit
dessen Hilfe sie körperliche Berührung zulassen, aber
auch kontrollieren konnte.
Diese „Zaubermaschine“ wie auch die liebevolle
Zuwendung einiger weniger Menschen öffneten ihr den Weg durch
die gläserne Tür in die reale Welt. #TempleTuer Direktbestellung
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Temple
Grandin: Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier
Grundlage für den Film "Du gehst nicht
allein" über Temple Grandin dieses Buch.
Dies ist das aktuellste, deutschsprachige Buch von Temple Grandin. Die
Autorin, Wissenschaftlerin und Autistin ist nicht nur die bekannteste
Autistin der Welt, sie ist auch Wissenschaftlerin der
Verhaltensbiologie. Darüber hinaus hat sie über 50%
der kommerziellen Tierhaltungsanlagen der USA und Canada entwickelt.
Ihr drittes Buch in deutscher Sprache widmet sich vor allem der
Beziehung zwischen Menschen und Tieren. Dabei lernt man kuriose Dinge
über Tiere, erfährt neue wissenschaftliche
Hintergründe aus der Autismusforschung und die spannenden
Erkenntnisse aus der Tierforschung für den Autismusbereich.
Themenbereiche, bei denen man Zusammenhänge auf den ersten
Blick nicht vermuten würde, werden spannend miteinander
verwoben. #TempleTier
Direktbestellung
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Halfdan W. Freihow: Lieber Gabriel
Das Buch beschreibt sehr gefühlvoll die
Beziehung zwischen Vater und Sohn und lässt sich Zeit dabei,
es ist kein „schnelles“ Buch. Der Sohn hat Autismus
und ADHS, ist 7 Jahre alt. Der Vater beschreibt fast beiläufig
die Besonderheiten, die schwierigen Ereignisse – er
beschreibt das alltägliche Leben mit seinem Sohn.
Er schreibt das Buch für seinen Sohn wie einen sehr langen
Brief, spricht ihn dabei immer mit „Du“ an. Eine
wunderschöne Schreibweise, die vom Stil her an „Der
Hundertjährige, der aus dem Fenster
stieg…“ erinnert.
Dramatisch, überraschend, grundsätzlich ehrlich und
erschlagend offen: Auch die Schwierigkeiten innerhalb der elterlichen
Beziehung und zu den Geschwistern werden nicht ausgespart.
Überforderung. Ein großes Familienfest
führt zum Eklat. Zukunftsangst.
Am Ende noch etwas zu den Diagnosen.
Das Buch zeigt die große Liebe des Vaters zu seinem Sohn
– auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Einfach
schön zu lesen.
Ein Buch, ganz sicher für Eltern
besonderer Kinder. Es zeigt einen faszinierend entspannten Umgang mit
dem Kind - trotz der großen Herausforderungen, die solche
Kinder darstellen.
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Franz Uebelacker: Ich lasse mich
durch wilde Fantasien tragen: Ein Leben mit Gestützter
Kommunikation (FC)
Nachrichten aus der sprachlosen Tiefe eines
Menschen.
Franz kann nicht sprechen. Er ist Autist und
beginnt mit der „unterstützten
Kommunikation“ schon zu Zeiten, da diese in Deutschland noch
nicht bekannt ist. Die „unterstützte
Kommunikation“ ist immer wieder faszinierend für
einen Außenstehenden. Da teilt sich jemand mit, der nicht
sprechen kann, intellektuell aber durchaus auf der Höhe ist:
Man sieht es ihm aber überhaupt nicht an. Auch für
Franz ist es immer wieder schlimm, für einen „dummen
Spastiker“ gehalten zu werden.
Im Verlauf des Buches wird seine Kindheit, Schulentwicklung und
Jugendzeit beschrieben. Nach 9 Jahren Schreibpause (wegen
Liebenskummer, Pubertät und der Bewusstwerdung seiner
Behinderung) beginnt er mit zahlreichen Texten über seine
Sexualität, die Sexualität von Behinderten und den
unerfüllbaren Träumen. Er reflektiert seine
Behinderung und hadert damit, nicht aus ihr ausbrechen zu
können. Er macht sch Gedanken über Gott und seine
Situation im Leben.
Schon das Buch von Katja Rohde „Ich Igelkind“ mit
der gleichen Thematik hat mich sehr bewegt. Franz Uebelackers Buch
lässt einen ähnlich tiefen Einblick in den
„autistischen Kerker“ zu. Einzig das Vorwort
hätte man weglassen können. Es ist etwas
unverständlich und nicht wirklich auf den Kontext bezogen.
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Stefanie Perl: Hundgestützte
Therapie für Menschen mit Autismus
Hundetherapie und Autismus… darauf muss
man erst einmal kommen. Stefanie Perl berichtet aus ihrer Arbeit als
Schulbegleiterin und erläutert die theoretischen Grundlagen
der therapeutischen Arbeit mit einem autistischen Jungen. Was in
anderen Ländern schon seit längerem praktiziert wird,
wird sicherlich auch in Deutschland umgesetzt werden.
Interessantes Buch, gut geschrieben und mit neuen Ideen. Für
Menschen, die sich für Autismus, Schulbegleitung oder
Tiertherapie interessieren ganz sicher Neuigkeiten.
Direktbestellung
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Katrin
Moser: Autismus-Spektrum-Störungen im kirchlichen Umfeld
Katrin Moser legt eine bisher einmalige Arbeit
über die Autismus-Spektrum-Störungen im kirchlichen
Umfeld vor. Dabei geht sie auf Menschen mit Behinderung im kirchlichen
Kontext ein, erläutert die Ideen der Inklusion in diesem
Rahmen und beschreibt vor allem, auf welche Besonderheiten die
Mitarbeiter im kirchlichen Zusammenhang achten sollten, wenn sie mit
Menschen aus dem autistischen Spektrum arbeiten.
In Auseinandersetzung mit christlichen Riten und
Gebräuchen reflektiert sie die Bedürfnisse besonderer
Menschen. Spannend und neu in der intensiven Auseinandersetzung mit
diesem Thema.
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Silke Lipinski, Aspie e.V.: Ein
Pinguin unter Störchen
Der Satz
„Kennst du einen Autisten, kennst du genau einen
Autisten“ wird verständlich, wenn man von
Lebenswelten der AutistInnen erfährt.
Dazu ist dieses Buch eine schöne Einladung: 21
Menschen aus dem autistischen Spektrum stellen
ihre unterschiedlichen Wahrnehmungen, Empfindungen und
Lebensgeschichten vor.
Es zeigt die unendliche Vielfalt und auch die Schnittmengen des
Spektrums auf.
Die Berichte sind faszinierend vielfältig, sowohl von den
Lebensentwürfen, als
auch vom Tiefgang her. Ich weiß nicht, nach welchen Kriterien
die Reihenfolge
der Berichte gewählt wurde, ich empfand es als immer tiefer
gehend, umso länger
ich las.
Nichtautistische
Menschen können AutistInnen kennenlernen,
indem sie ihre Wahrnehmung verstehen und nachvollziehen lernen. Mit
diesem
Wissen können sie Autisten am besten unterstützen
– was viele Menschen,
insbesondere Fachleute und Angehörige, meist möchten.
Dieses Buch gibt die
Gelegenheit dazu, sich in kurzer Zeit viel Wissen über
individuelles Wahrnehmen
anzueignen: Sehr zu empfehlen. #Lipinski2 |
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Wissenschaftlichen
Beiträge
und im Zusammenhang mit den Analysen der vier Fallbeispiele werden
viele
Gesichtspunkte, die in der FC-Kritik eine Rolle gespielt haben,
ausführlich beleuchtet
werden. Ich nenne nur einige Beispiele: Spracherwerb als Teil der
Gesamtentwicklung, dann Wahrnehmungs- und Handlungsstörungen,
fehlendes Emotionsverhalten,
Körperbewusstsein und Körperspannung,
Beziehungsaufbau vom Säuglingsalter an,
Störungen in den frühesten Mutter-Kind-Interaktionen
u.a.
Rezension
von Dietmar Zöller.
Vollständig: Bitte auf das Buchcover rechts klicken. #erdin
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=""> |
Gabriele Schmitt-Lemberger: Das
Leben, Autismus und die Villa Kunterbunt
Was
für ein großer Korb voll Ideen, um Autismus besser
zu verstehen. Eine fachlich
versierte Mutter mit Hochbegabung, ADHS- und Aspergerdiagnose hat einen
nonverbalen
Sohn mit frühkindlichem Autismus bekommen. Nie wurden
Verhaltensweisen von
frühkindlichen Autisten so genau beschrieben und konkrete
Handlungsmöglichkeiten
aufgezeigt. Es ist wichtig, dass alle Eltern Hinweise in diese Richtung
erhalten – auch wenn die Umsetzung häufig sicher
schwer ist, weil sie viel
Geduld, Verständnis und Zeit voraussetzt – alles
Dinge, die meist nicht im
Überfluss vorhanden sind. Kein Autist will seine Eltern
ärgern! Also muss man
verstehen, warum er häufig so Verhaltensoriginell reagiert -
und wie man damit
umgehen kann.
Die
Texte lassen sich sehr gut lesen und weisen die Autorin als
hervorragende
Übersetzerin zwischen Nichtautisten und Autisten aus. In 72
knackigen Kapiteln
nimmt sie Situationen einmalig klar wahr, analysiert sie, und erkennt
und erläutert
die Hintergründe der Verhaltensweisen.
Kein
Meckern, keine Verbote ohne Alternativen anzubieten:
„Radikale Akzeptanz“,
gute Laune und „nicht alles schaffen
müssen“ hilft bei der Bewältigung der
gewaltigen Aufgaben im Alltag.
Ein
wichtiges Buch nicht nur für Eltern nonverbaler Autisten,
sondern auch
bestens für das gesamte Autismusspektrum geeignet. #Kunterbunt
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Jahn Georg Sebner-Brüx:
Darum prüfe, wer sich ewig bindet ...
Ich habe das Buch in
einem Rutsch an einem schönen Wintertag
durchgelesen – das passiert mir selten. Die ausgesprochen
pointierte Sprache
ist herrlich zu lesen und selbst so mache Länge lässt
sich dadurch genießen.
Die Geschichte selbst auch, denn sie handelt von den Schwierigkeiten
und
Missverständnissen zwischen Mann und Frau und spart dabei
intime Details nicht
aus. Da der Autor die Diagnose Asperger Syndrom mit Anfang 50 erhalten
hat,
stellen sich die Ereignisse rückblickend in einem besonderen
Licht dar.
Den fachlichen Rahmen
schaffen Prof. Theunissen mit einem
Vorwort und der Autor selbst mit einer fiktiven Gesprächsrunde
aller
Verflossenen am Ende des Buches. Beide gehen dabei auf die
Besonderheiten von
AutistInnen bei der Partnersuche ein, die im Hauptteil nur durch
kursive
Schrift thematisiert werden.
Sicherlich
werden sich in den Berichten der sexuellen
Entwicklungsstufen und Partnerfindung viele Menschen wiedererkennen
–
neurotypische wie auch AutistInnen. Wobei hier deutlich wird, dass sich
Menschen im Spektrum deutlich mehr Zeit lassen, ohne es wirklich zu
wollen. Kein
Fachbuch, trotzdem mit vielen Fußnoten und Literaturhinweisen
versehen und mit
viel sprachlichem Witz.#box2 |
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Heiko Powell: Der Weg - Malbuch
Heiko Powell hat
genau die richtige Beschäftigung für dunkle
Wintermonate
entwickelt: Ein Malbuch, mit dem man je nach Wunsch mehrere
Möglichkeiten hat.
Vorn im Buch sind die farblosen Ausmalbilder, die man je nach eigener
Kreativität ausmalen kann. Hinten im Buch sind die ausgemalten
Bilder des Künstlers
in Farbe abgedruckt (aus denen man übrigens auch Wandbilder
rahmen könnte). Nun
kann man sich entscheiden, ob man vielleicht sogar versucht, die Bilder
des
Künstlers in seinen Farben nachzumalen. Schöne Idee.
Als Anregung:
Mailt ihm eure Entwürfe, er wird sich sicher freuen. #powell
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Ulrike Funke: Interaktion und
Kommunikation bei Autismus-Spektrum-Störungen
Hier
haben wir ein echtes Fachbuch vorliegen, das sicher neue Impulse
in der Arbeit mit AutistInnen setzen kann. Es beschreibt das Konzept
Komm!ASS
und es macht Spaß, das Buch zu lesen. Denn hier geht es um
das Wahrnehmen, die
Einfühlsamkeit, die Wertschätzung auch von kleinsten
Erfolgen und um
Verständnis – es ist positiv und nicht
defizitorientiert ausgerichtet. Im
Wesentlichen richtet es sich an jüngere Kinder, meist
nonverbal oder mit
geistiger Behinderung, aber vieles lässt sich durchaus auf
Erwachsene und
Asperger übertragen.
Da wäre vor allem die Vorstellung der Wahrnehmungssysteme, der
Reizmöglichkeiten; jeweils mit Übungen und Hinweisen
zur Verbesserung des
Umgangs damit. In den zahlreichen Fallbeispielen ist es faszinierend,
wie das
Team in ungewöhnlichen und stressigen Situationen Reize setzt,
die den Kindern
bei der Regulation helfen.
Unbedingte
Empfehlung für Ergo- und Logotherapeuten,
die mit AutistInnen arbeiten – aber auch für Eltern
und Pädagogen, die
unterstützen möchten. Sehr schön, dass hier
ein kompletter Therapieansatz
ausführlich beschrieben wird, um selbst diesen positiven
Ansatz weitertragen und
–nutzen zu können. Therapiebausteine,
Entwicklungsverläufe, Einblick in die
ersten Therapiestunden und ganz viel praktisches Handwerkzeug tragen
dazu bei.#U-Funke
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Tschirren, Hächler,
Mambourg: ich bin Loris
Wie
erklärt man Kindern Autismus? Gibt es dazu Literatur?
Das sind zwei Fragen, die mir oft am Büchertisch gestellt
werden, wenn ich auf
Fachveranstaltungen Bücher zum Thema Autismus vorstelle.
Dieses kleine Büchlein
„ich bin Loris“ ist dafür genau das
Richtige. Denn hier werden in einer netten
kleinen Geschichte alle Merkmale vorgestellt, die es zu verstehen und
zu
erläutern gibt.
Es
geht um besondere Interessen, Struktur und Zeit,
Verwendung von Sprichwörtern verstehen, Mimik und Gestik,
Freunde und
Absprachen und einiges mehr. Ganz toll gemacht, weil auf so wenigen
Seiten, mit
so wenig Text wirklich alles Wesentliche erläutert wird.
Zusätzlich
gibt es umfangreiches Download-Material, dass
das Buch auch für den therapeutischen Bereich leicht und
schnell einsetzbar
macht. Man kann das Material sowohl dafür nutzen, Kindern in
einer Schulklasse als
auch in einer Kindergartengruppe das Thema Autismus vorzustellen.
Außerdem ist
es damit möglich, zusammen mit jungen Autisten die eigenen
Besonderheiten
herauszuarbeiten. Sehr
gute Umsetzung der Idee und beste Empfehlungen für
Eltern und Fachleute.#loris |
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Birke Opitz-Kittel: Mama lernt
Liebe
Das Buch ist
eine sehr schön geschriebene Autobiografie einer
Mutter mit fünf Kindern, die erst mit 37 Jahren ihre
Autismusdiagnose erhält. Eine
abwechslungsreiche, spannend geschriebene
Biografie, die eine offensichtliche Kraftleistung und Energie der
Mutter
offenbart, für die sie eigentlich keine Grundlage hat: eine
schwierige Kindheit
mit Eltern, die sie weder verstanden noch unterstützt haben.
Sie will das
besser machen, merkt aber, dass sie selbst anders ist als andere
Menschen.
Sowohl als Kind, als auch als Mutter.
Sie kümmert sich intensiv um ihre Kinder, die aus drei
Beziehungen stammen und
viele Schwierigkeiten in ihren ersten beiden Beziehungen andeuten. Sie
hat Missbrauchs-
und Gewalterfahrungen machen müssen und möchte ihre
Kinder davor schützen –
alles besser machen und eine gute Mutter sein. Das ist sie, keine
Frage. Ihre
Kinder haben unterschiedliche Diagnosen, eines hat Autismus.
Über diesen Weg
kommt sie, wie viele erwachsene Autisten, zu ihrer eigenen Diagnose.
Beeindruckend, wie sie trotz dieser vielen Aufgaben und zum Teil auch
als alleinerziehende
Mutter den Überblick behält. Da hilft nur Struktur,
die sie gern gibt und die ihr
auch den Halt vermittelt, den sie braucht, um das Leben zu
bewältigen. Als
Leser atmet man auf, als sie endlich den richtigen Mann kennenlernt und
sogar noch
ihr Abitur nachholt. Hochbegabung nicht nur bei ihr, sondern auch bei
ihren
Töchtern.
Eine
beeindruckende Lebensgeschichte mit vielen
kräftezehrenden Hürden, an denen die Autorin die
Leser so lebendig teilhaben
lässt, dass man das Buch auch gut in einem Rutsch durchlesen
kann. Die
Schwierigkeiten von Autisten in einer neurotypischen Gesellschaft
werden laufend
beschrieben, so dass sich sicherlich viele Autisten (auch die
vielleicht noch keine
Diagnose haben) darin wiedererkennen können. Die
Bildungschancen, um die sie in
ihrer Kindheit gebracht wurde, kann sie ihren Kindern geben. Das
kümmern um die
Kinder, die Aufmerksamkeit die sie ihnen schenkt, all das ist die Liebe
einer
Mutter.
Der Buchtitel ist sicherlich in der Marketingabteilung des Verlages
entstanden
und animiert hoffentlich viele Menschen, dieses Buch zu lesen.
Insbesondere autistischen
Frauen sei das Buch ans Herz gelegt. #opitz-kittel
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Julia Finley Mosca - Daniel
Rieley: Das Mädchen, das in Bildern dachte
Tempel
Grandin ist eine der bekanntesten, wenn nicht die bekannteste,
Autistin der Welt. Sie hält viele Vorträge und ist in
ihrem Hauptberuf Tierwissenschaftlerin.
In 2010 wurde ihr Leben sogar verfilmt. Nun gibt es dieses kleine,
wunderbare
Buch, dass ihre Lebensgeschichte in einfachen Bildern und
schönen Versen erzählt.
Hier wird auf unterhaltsame Weise und durch die Einfachheit der Bilder
und Reime
ihre Andersartigkeit treffend erläutert und dargestellt.
Sicher eine
Herausforderung für Rainer Döhle von Aspies e.V., die
englischen Verse so
pointiert ins Deutsche zu übersetzen.
Ist es nun ein Kinderbuch? Ich denke nein, nicht nur, es ist auch
für
Erwachsene geeignet. Aber man kann Kindern mit diesem Buch sehr
deutlich und auf
angenehme leichte und verständliche Weise mögliche
Besonderheiten durch
Autismus erläutern – und auf Andersartigkeiten von
Menschen eingehen.
Im Abspann des Buches wird die
Lebensgeschichte von Tempel Grandin auf weiteren
Seiten erläutert. Erst mit vier Jahren hat sie mit dem
Sprechen begonnen, wurde
in der Schule gemobbt und hat sich später in der
männerdominierten Viehbrache
durchgesetzt. Ihre Ideen im Bereich der Tierwirtschaft wurden weltweit
umgesetzt. Heute ist sie als Vortragsrednerin für beide
Bereiche – Tiere und
Autismus – in der ganzen Welt unterwegs.
Insgesamt
eine sehr gute Idee, das „Denken in Bildern“ leicht
verständlich und originell vorzustellen. #temple-kind
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Silke
Bauerfeind: Diagnose
Autismus - wie geht`s weiter?
Nach zwei
sehr guten Büchern der Autorin war ich gespannt
auf das Dritte. Was könnte als Ergänzung noch kommen?
Es kam ein als Ringbuch
gebundenes Werk, was mich erstmal überrascht hat, sich aber
schnell als geniale
Lösung für den Inhalt herausgestellt hat: das Buch
ist voll von Kopier- und
Druckvorlagen für alle Lebensbereiche.
„Viele
Eltern wissen viel, aber die Umsetzung im Alltag ist
schwer“: Dafür gibt es hier Vorlagen für
alle Lebensbereiche, um genau das mit
Struktur zu unterstützen. Sicherlich bleibt es viel Arbeit,
aber durch die
Struktur kann man die Ergebnisse gut verwenden – auch
langfristig. Wenn man z.B.
die Vorbereitung auf Kostenträger-/ Schulgespräche
nutzt, ergibt es einen Roten
Faden auch für zukünftige Gespräche
– und man ist immer bestens vorbereitet.
Das positive
Denken und die Motivationsfähigkeit der Autorin
erkennt man in jedem Satz des Buches: Das ist sooo hilfreich
für Eltern von
autistischen Kindern. Die Themen der Formulare ziehen sich durch alle
Altersgruppen bis hin zur Zukunftsgestaltung. Eine Nutzung mit bereits
älteren
Kindern ist somit auch möglich. Es sind gute Werkzeuge, sich
selbst und die
Verhaltensweisen der Kinder kennenzulernen: „Jedes Verhalten
hat einen Grund.“
Nach der
Diagnose bleiben Eltern meist erstmal allein damit –
durch das Buch kann man handfeste Hinweise bekommen, wie es weitergehen
kann:
Therapieauswahl, Wahrnehmung schärfen und strukturieren,
Unterstützungsmöglichkeiten kennenlernen,
Übergänge gestalten. Eine sehr gute
Hilfe für alle Eltern, die etwas Praktisches in der Hand haben
möchten.#Bauerfeind3
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Stephanie
Walter-Meer:
Den inneren Suizid besiegen
Das Buch geht in die Tiefe – und
tiefer. Die Autorin öffnet ihr
ganzes Ich vor den Lesenden, offen und schonungslos. Wenn dabei der
Buchtitel und das Cover nicht schon Triggerwarnung genug wäre,
müsste man warnen: Nichts für zarte Gemüter.
Die Beschreibung ihrer Suizidalität,
der Depressions- und
Familiengeschichte ist heftig und so detailliert, dass keine Fragen
offen bleiben.
Die Frage der Frühpensionierung bewegt die Autorin weiter. Sie
ist
Lehrerin aus Überzeugung und für sie ist es extrem
unbefriedigend,
dass im Schulkontext kein Platz mehr für sie gefunden worden
ist.
Von der Diagnose Autismus bis zur Frühpensionierung sind keine
2
Jahre vergangen. Da sind nach meiner Einschätzung seitens der
Schulbehörde nicht alle Möglichkeiten
ausgeschöpft worden.
Eine schöne Beschreibung hat die Autorin mit der
„Kontakt-Unverträglichkeit: allergische
Reaktion“ für alles rund um
Wahrnehmung und Kommunikation gefunden.
Ein weiteres Schwerpunktthema im Buch sind mit 120 Seiten ihre
Erfahrungen während der verschiedenen Psychotherapien. Sie hat
zahlreiche Notizen, Tagebücher und Beschreibungen aufgehoben,
die
chronologisch einen ausgezeichneten Einblick in die Abläufe
geben.
Der „Therapie-Comic“ ist dabei eine gute und
ungewöhnliche Idee,
der für meine alten Augen aber nicht gut lesbar war.
Die Zukunft der Autorin liegt in der Annahme ihres autistischen
Seins, das sie beschreibt und das sich zu entwickeln beginnt. In
den letzten Jahren und Monaten hat sich ihr Leben so
grundsätzlich
verändert, dass das sicherlich noch eine Weile dauern wird.
#walter-meer-suizid |
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Silke
Lipinski: Autismus. Das Selbsthilfebuch
Das
perfekte Buch für erwachsene Menschen im Autismus Spektrum:
Kurz,
klar, knackig, fachlich und ohne Schnörkel. Dieses Buch ist
dafür da, Ihre
Fragen zu beantworten. Die Fragen, die Sie über sich selbst
schon immer gestellt
und nach Antworten gesucht haben. Sie lernen durch dieses Buch sehr
viel über
Autismus - und sich selbst besser kennen, versprochen.
Eine
der Grundlagen des Buches ist eine Umfrage unter Menschen aus dem
Spektrum, bei der Wünsche nach Unterstützung und
Information geäußert werden
konnten. Die Wünsche sind aus allen Bereichen und werden hier
klar und präzise beantwortet:
Was ist Autismus („Eine besondere Weise der Wahrnehmung und
Informationsverarbeitung“),
was mache ich mit der Diagnose, Mythen, Stärken,
Gefühle, Stress, Gesundheit
und Hilfen.
Die
einzelnen Kapitel sind sehr gut aufgebaut: Leicht
verständlicher
und gut lesbarer fachlicher Input und am Ende
„Anregungen“. In den Anregungen
werden sehr konkrete Fragen gestellt, um sich mit der eben gelesenen
Thematik
sehr persönlich zu beschäftigen. Toll gemacht. Die
Fragen eignen sich auch sehr
gut für eine Zusammenarbeit mit einer Vertrauensperson.
Dazu
passt auch der „Diagnose-TÜV“, um nach der
Diagnose zu überprüfen,
ob Einschätzungen über sich selbst
möglicherweise erneuert und aktualisiert werden
müssen.
Der
große Vorteil des Buches ist das Kompakte. Da traut man sich
ran,
an ein dickes Fachbuch vielleicht eher nicht. Dazu gibt es einige
Arbeitsblätter
zum Download, was eine sehr schöne und hilfreiche
Ergänzung ist.
Fazit:
Für spätdiagnostizierte Menschen im Spektrum dringend
empfohlen.
Auch für Angehörige und Fachleute finde ich es sehr
hilfreich, weil man aus
einer neuen Perspektive das Hinschauen lernt und für
vielleicht ungewöhnliche Verhaltensweisen
Verständnis aufbringen wird.#Lipinski
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Clemens
G. Arvay: Mit den Bäumen wachsen wir in den Himmel
Der
Autor
bringt eine interessante Kombination mit: Biologe und Waldforscher
sowie Vater
eines autistischen Sohnes. Schon während seines Zivildienstes
hat er Kinder mit
Autismus begleitet, das war ungewollt eine gute Vorbereitung auf seine
Vaterschaft. Seinem Sohn sagt er als Gute-Nacht-Lied jetzt
übrigens das 1x1
auf, das beruhigt ihn am besten.
Schon damals
ist er mit den Kindern viel in den Wald gegangen und nutzt den
naturalistischen
Ansatz der Waldtherapie für die AutistInnen. Das stellt er in
diesem Buch sehr
kompetent vor, immer auch mit Belegen aus der Wissenschaft
unterstützt. Kein
Sensorik-Parcours der Ergotherapie ist besser als die Natur.
Wahrnehmung und
Reize sind seine wichtigen Themen, die Natur das Werkzeug.
Beeindruckend, wie
er beschreibt, wie er die Vielfalt und Möglichkeiten des
Waldes für dieses
Thema einsetzt. „Ruhelos im Alltag, entspannt im
Wald“.
Er nutzt den
Wald auch für Waldmusik und bringt für die Kinder
Instrumente mit. Die
Interaktionen und Weiterentwicklungen in den unterschiedlichen
Kommunikationswegen, die sich durch die Waldaufenthalte ergeben,
belegen die
tollen Möglichkeiten – übrigens ganz sicher
auch für Kinder ohne Autismus.
Mit
klassischen Therapien hat der Autor schwierige Erfahrungen gemacht, oft
gab es
gegensätzliche Empfehlungen. Immer wieder liest man, dass
Eltern die beste
Therapie selbst auswählen und zwischen sinnvoll und weniger
sinnvollem
entscheiden müssen. Eltern sind die Fachleute für
ihre Kinder.
Ein sehr
schönes Buch, das die heilenden Möglichkeiten des
Waldes und die vielfältige
Nutzung der Natur im Allgemeinen für Kinder mit besonderen
Bedürfnissen
schlüssig und mit vielen Anregungen vorstellt. #arvay
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Peter
Schmidt: Aus dem Rahmen gefallen. Praktische
Autismuskunde von einem, der es wissen muss
Peter Schmidt ist ein Bestseller-Autor, der
zahlreiche
Vorträge im In- und Ausland hält. Wer seine
Vorträge kennt der weiß: Es ist
sehr unterhaltsam – und ernst zugleich. Das schaffen nur
Wenige und die
Übertragung seines Humors und seiner Lebendigkeit gelingt in
dieses Buch. Er
reflektiert das autistische in seiner Persönlichkeit
einzigartig und findet
beste Bilder und Beschreibungen für seine Empfindungen. Jeder
Autist ist
anders, empfindet anders und sieht die Welt anders: darauf weist Peter
Schmidt
oft hin, wenn er sich beschreibt. Aber ihm gelingt auch die
Übertragung, die
Darstellung häufig ähnlicher Wahrnehmungen und
Bedürfnisse von AutistInnen.
Zahlreiche Anekdoten machen das Buch lebendig und
anschaulich und weisen darauf hin, wie Bedürfnissen von
AutistInnen entsprochen
werden kann, ohne Neurotypische einzuschränken. So
könnte ein entspannteres
Miteinander möglich werden. Das beschreibt er in der Schule
und im Übergang zum
Beruf. Er empfiehlt eine langfristig gewährleistete Beratung
und Unterstützung
bei Konflikt- und Krisensituationen.
Er lässt wie schon in seinem Erstlingswerk „Ein
Kaktus zum
Valentinstag“ tiefe Einblicke in Familie und Partnerschaft
zu. Seine Kinder
hatten einen „anders anderes Vater“ und auch seine
Frau kommt mit einem
längeren Beitrag über ihn zu Wort. Es ist sehr
lohnenswert, von endlosen
Diskussionen über vermeintliche Belanglosigkeiten zu lesen die
nötig sind,
damit die Ehe funktioniert.
Schmidt setzt sich auch mit der deutlichen Zunahme von
Autismusdiagnosen auseinander und plädiert für
Ausschlusskriterien zur
Diagnostik. Z.B. wenn Smalltalk entspannt möglich ist, kann es
kein Autismus
sein u.ä. Hochinteressant auch seine Texte und
Einschätzungen zur Abgrenzung zu
anderen Diagnosen wie ADHS und zur ABA-Therapie. Man merkt an jeder
Stelle des
Buches, dass er nicht nur Fachmann für sich selbst ist,
sondern sich auch mit
allen Aspekten des Autismus beschäftigt hat. Es ist im besten
Sinne eine
Autismuskunde und dass er es weiß – wissen wir.
Fazit: Das richtige Buch, um
das komplexe Thema Autismus auf unterhaltsame und aktuelle Art besser
zu
verstehen und AutistInnen eine bessere Teilhabe zu
ermöglichen. #SchmidtRahmen Direktbestellung
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Georg Theunissen, Mike Sagrauske:
Pädagogik bei Autismus.
Eine Einführung
Für
angehende Fachleute ist das genau
das richtige Buch, damit das
Thema Autismus modern und unterstützend, nicht
alt-traditionell und
defizitorientiert erlernt wird. Es beginnt mit der interessanten
Geschichte des
Autismus und widmet sich dann den pädagogischen Praxisfeldern
‚Frühe Hilfen‘,
Schule, Arbeit, Wohnen, Stressabbau sowie Beratung und Psychoedukation.
Theunissen
löst damit alte Buchausgaben von 2011 und 2014 ab und hilft,
bisherige Vorstellungen von Autismus zu revidieren. Empowerment und
positive
Anerkennung der individuellen Leistungen sollten die
zukünftigen Strategien im
Umgang mit Autismus sein. Theunissen ist klarer Verfechter dieser
Richtung –
und übrigens auch die Position der amerikanischen Selbsthilfe.
Diese
Einstellung spiegelt sich auch in der Vorstellung von Therapieformen
wieder:
Weg von intensiven verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und
hin zur
Unterstützungsperspektive.
Autistische
Kinder sind keine fehlentwickelten oder
entwicklungsgestörten Heranwachsenden, sondern junge Menschen
mit einer
atypischen Entwicklung, vor allem mit einer von Natur aus anders
ausgerichteten
Wahrnehmung“ (S. 122).
Gerade
im Bereich Schule wird häufig auf eine
Veröffentlichung von
Kluth 2003 Bezug genommen. 2003! Sinnvolle Ideen gibt es also schon
sehr lange,
schade, dass sie so zögerlich Einzug in den Alltag finden.
Im
Bereich Arbeit/ Studium/ Wohnen nimmt Theunissen oft Bezug auf
Beispiele
aus den USA. Das ist gut, um neue Idee aufzuzeigen. Beispiele aus
Deutschland sind
hier etwas zu selten.
Hervorgehoben
werden Themen wie „Unterstützte
Beschäftigung“ und auch
das BTHG mit vielen Beispielen, so dass das Buch sehr aktuell ist und
die
laufende Diskussion bereichern wird.
Wichtig
und daher sehr detailliert mit Umsetzungsbeispielen beschrieben,
wird das Thema Psychoedukation.
Insgesamt
ein tolles, aktuelles Lehrbuch, damit das Thema Autismus
grundsätzlich neu und ohne alte Vorurteile verstanden werden
kann. #theunissenPaedagogik
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Cornelia
Poser: Echsenkönig
Ein
gelungener Roman mit einem sehr informativ und geschickt
verpacktem Inhalt: Er klärt über Autismus und dessen
unterschiedliche
Ausprägungsmöglichkeiten auf. Dabei ist er in sehr
gut lesbarem – jugendgerechten
– Schreibstil verfasst.
Die
wirklich spannende Geschichte – man fiebert zum Ende hin
regelrecht mit – beschreibt die Lebens- und vor allem
Schulsituation von zwei
Jugendlichen. Janne trägt eine dicke Brille und liest viel,
Anders ist Autist.
Beide sind dadurch Außenseiter in der Klasse.
Die
autistischen Verhaltensweisen und die Gründe dafür
werden ganz hervorragend eingeflochten. Dadurch erfahren Jugendliche
und
Erwachsene die das Buch lesen, sehr viel darüber. Ideal, um in
Schulklassen
oder im Zusammenhang mit Jugendgruppen diese Thematik zu besprechen.
Eine
kleine Hommage an den Klassiker Rainman
ist auch nett untergebracht, als Anders auf Anhieb die Anzahl der
Kirschkerne
in der Hand von Janne erkennen kann. Das Spezialinteresse von
Anders – die
Echsen – ergeben den Buchtitel und zeigen im Verlauf seine
Fantasie bei
Wortfindungen. Die Eltern der beiden Protagonisten spielen auch eine
weitere
Rolle – aber lesen Sie selbst.
Sehr
empfohlen für Jugendliche – aber auch für
Erwachsene,
die sich dem Thema Autismus nähern möchten.#poser
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Marion
Schreiner: Denkmomente 1
Die bekannte Bestsellerautorin (Psychothriller) erhält mit
48 Jahren ihre Diagnose. Sie beschreibt in diesem Buch
ausführlich
Begebenheiten in ihrem Leben und zeigt den Zusammenhang zu ihrem
Autismus auf.
Das macht sie in einem ausgesprochen gut lesbaren Buch, das bei vielen
Menschen
neues Verständnis für Asperger erzeugen wird. Denn
sie erklärt viele
alltägliche und familiäre Situationen und
begründet ihre Verhaltensweisen, die
sich möglicherweise für Außenstehende nicht
erschließen.
Alltag, Familie, das eigene Helfersyndrom
inkl. des ausgenutzt
werdens: Einige Themen aus der reichen Vielfalt eines erfahrenen
Lebens. Das
Buch lässt sich sehr gut von vorn bis hinten am Stück
durchlesen, auch wenn die
Autorin empfiehlt, sich immer nach Interesse einzelne Kapitel
vorzunehmen.
Besonders spannend finde ich, wie sie selbst
die richtige
Einstellung der Medikamente bei ihrem Diabetes herausfindet, weil sie
den
Autismus berücksichtigt. Damit verblüfft sie auch
ihre Ärztin, der das nicht
gelungen ist.
Ein sehr gut lesbares,
autobiografisches Buch, um
AutistInnen besser zu verstehen. Viele Aha-Momente sind
garantiert.#schreiner01
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Stephanie
Meer-Walter: Eine unerhörte Antwort! …auf die
vermeintliche Erfolgsgeschichte
Die
Autorin
ist Lehrerin und in ihrem Beruf schon seit vielen Jahren mit
Begeisterung
tätig. Mit 47 Jahren hat sie ihre Autismus-Diagnose erhalten.
Auf den ersten 40
Seiten ihres Buches beschreibt sie ihr bisheriges Leben und die vielen
Hürden,
die sich für sie aufgetan haben - und auch darüber,
wie sie damit umgegangen
ist. Das liest sich sehr interessant und öffnet die Augen
für Belastungen von
Autistinnen im Beruf, die NTs nicht wahrnehmen würden.
Kern
des
Buches sind aber ihre zahlreichen Fotografien, die sie mit einem
Smartphone oft
sehr detailliert aufgenommen hat. Zu jedem dieser Fotos hat sie sehr
eindringliche Texte geschrieben, die unter die Haut gehen und jeweils
auf der
gegenüberliegenden Seite abgedruckt sind. Die Texte
beschreiben ganz toll ihre
Empfindungen als Autistin; eine Diagnose hatte sie zu diesem Zeitpunkt
noch
nicht.
Unterteilt
werden die Bilderreihen durch Zwischenkapitel, die jeweils einen
einleitenden
Text haben. Besonders schön: das Theaterstück mit
Szenen zwischen Hoffnung,
Depri, Mensch und Autist.
Ehrlicherweise
gefällt mir das Layout nicht wirklich, es wirkt lieblos. Und
das bei Texten und
Bildern, die sooo viel Gefühl ausdrücken. Aber das
ist sicher
Geschmackssache.
Insgesamt
ein sehr empfehlenswertes Buch, wenn man sich gut auf Gedankenwelten
durch
Bilder und Texte einlassen kann.#meer-walter
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Birgit
Saalfrank: Ich, Birgit, Autistin und Psychotherapeutin
Was für eine starke Autobiografie.
Birgit Saalfrank leidet
unter heftigen Depressionen und erfährt erst mit 39 Jahren,
dass sie
Asperger-Autistin ist. Das verändert die Sicht auf ihr Leben
und ihre Person
grundlegend. Beides kann sie hervorragend beschreiben: Ihr Weg durch
die
Depressionen mit zahlreichen Therapeuten, Klinikaufenthalten und
Arbeitswechseln und dem Wissen „da ist noch was
Anderes“ – und die
Autismus-Diagnose mit Coming-out und dem Umgang damit. Extrem
reflektierte
Autorin, die auch mit Unterstützung ihrer jahrelangen
Tagebuchaufzeichnungen
ihren Lebensweg interessant und spannend aufgeschrieben hat.
Ausführlich
geht sie auf ihre Familiengeschichte ein, die
Schul- und Jugendzeit und beschreibt auch den Umgang in der Therapie
mit
Familie, Beziehungen (Hetero, Homo, Bi, ach wer weiß das
schon) und
Arbeitsverhältnissen. Ihre innere Zerrissenheit,
häufige Kraftlosigkeit, ihr
nicht-zu-sich-selbst-finden, kein klares „Ich“ zu
haben sondern auf zwei
Bereiche aufgeteilt zu sein: Alles sehr verständlich
beschrieben.
Die
Autismusdiagnose ist nicht nur Erleichterung, sondern
auch Sorge vor dem, was nun kommt. Es gibt quasi „autistische
Schübe“, in denen
sie sich so zeigt und entwickelt, wie sie ist, sich nicht mehr
verstellt
(vermeidet Sprechen und Blickkontakt, beginnt zu wippen, ist sehr
Reizempfindlich,
trägt auch in Innenräumen eine Sonnenbrille etc.).
Die Depression scheint aber „obenauf
zu liegen“, die autistischen Erkenntnisse und der offene
Umgang damit führen
nicht dazu, das Depressionen ausbleiben.
Ein sehr
empfehlenswertes Buch
insbesondere für Menschen,
deren Komorbidität zum Autismus eine Depression ist, was
häufig vorkommt – und
für erwachsene Autisten, um sich mit der eigenen
Lebensgeschichte
auseinanderzusetzen.#saalfrank
Kurzer
Filmbeitrag über die Autorin
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Brit
Wilczek: Wer ist hier eigentlich autistisch?
Ein
wirklich
gutes Buch, das zum Verständnis von neurotypischen Menschen
für Menschen mit
Autismus beiträgt - aber genauso wichtig auch umgekehrt
menschliches Verhalten
erklärt, um es verständlich und
erlernbar zu machen.
In
einer sehr wertschätzenden
und praxiserfahrenen Art beschreibt die Autorin, die 29 Jahre Erfahrung
in der
Arbeit mit Menschen mit Autismus hat, alle Aspekte des Spektrums. Nach
der
Frage „Was heißt eigentlich Autismus“,
geht es vor allen Dingen darum, was es
bedeutet, autistisch zu sein. Hier werden unterschiedliche
Wahrnehmungen sehr
genau beschrieben und erläutert. Und zwar einmal so, dass
nichtautistische
Menschen diejenigen mit Autismus besser verstehen können, aber
eben auch
andersherum: Damit autistische Menschen sich neurotypische besser
erklären
können – sehr gut gemacht und für
„beide Seiten“ absolut hilfreich.
Das
Buch ist
fachlich sehr gut und kenntnisreich geschrieben. Der Schreibstil
erlaubt ein
flüssiges Lesen, weil die Autoren häufig auf ihre
Erfahrungen in ihrer Arbeit
zurückgreift und das Ganze sich dadurch sehr
persönlich liest.
Das
Verständnis für beide Seiten und die ausgesprochene
Wertschätzung für Menschen mit
Autismus machen dieses Buch so besonders. Während
neurotypische einen sozialen
Autopiloten besitzen, reagieren Menschen mit Autismus mit Logik und
Klarheit,
um sich den Autopiloten erklären zu können. Ein sehr
schönes Bild.
Die
Autorin
schreibt von Menschen „auf dem Spektrum“ statt
„im Spektrum“, das finde ich
persönlich ungewöhnlich, aber ist vielleicht regional
unterschiedlich. Auch den
Titel des Buches finde ich nicht so glücklich
gewählt. Er wird zwar erläutert,
aber erinnert zu stark an den umgangssprachlichen Vorwurf, der so oft
und falsch
klischeehaft genutzt wird. Der Inhalt ist aber wirklich ganz klasse, da
kann
man darüber leicht hinwegsehen.
Das
Buch ist
sehr gut geeignet für Menschen mit Autismus, sehr gut
für Fachkräfte, die
wertschätzend mit ihren Teilnehmerinnen arbeiten
möchten, und natürlich auch
für Eltern, Verwandte und Freunde, die ihre
Angehörigen besser verstehen
möchten. Auch wer sich erstmalig informieren möchte,
findet hier den richtigen
Lesestoff.
#wilczek |
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Martina
Grünebaum: Alle anderen sind komisch
Das kleine, 100 Seiten starke Buch hat es in sich:
Viele kurze Geschichten über einen 14-jährigen
Asperger Autisten. Vor allem über seinen Schulbesuch, aber
auch über seine Freizeit und sein Zuhause. Geschrieben aus der
Perspektive des Jugendlichen sind die Geschichten absolut treffsicher
und geben einen hervorragenden Einblick in das Denken und
Gefühlsleben des jungen Menschen. Man kann die Welt mit seinen
Augen sehen, wie man so schön sagt, und aus seinem Blickwinkel
leicht und deutlich erkennen: Alle anderen sind komisch. Er versteht
die Handlungen von Mitschülern oft nicht, weil sie sich
unlogisch verhalten – und das Gleiche kann man im
Wesentlichen auf den Rest der Welt übertragen. Und die Autorin
zeigt mit dieser Sichtweise des Jugendlichen: Er hat aus seiner
Perspektive Recht mit seiner Einschätzung!
Durch dieses Buch kann man seinen Blick auf die Dinge sehr gut
nachvollziehen und dadurch hilft es, Menschen mit Autismus in Schule
und Freizeit besser zu verstehen. Klasse gemacht. Das Buch hat einen
unschlagbar günstigen Preis und ist das perfekte kleine
Geschenk für Bekannte, Verwandte und Interessierte am Thema.
#gruenebaum
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Lorenz
Wagner: Der Junge, der zu viel fühlte: Wie ein weltbekannter
Hirnforscher und sein Sohn unser Bild von Autisten für immer
verändern
Entstehung der intensworld theory of autism und
Einblick in die Autismusforschung.
„All seine vielbeachteten
Aufsätze und Preise halfen ihm nicht, wenn er ratlos im
Kinderzimmer stand“. Auf dieser Grundlage gründet
die Motivation des bekanntesten Hirnforschers der Welt, seine
wissenschaftlichen Fähigkeiten für die Erforschung
des Autismus einzusetzen. Und er wäre kein begnadeter
Forscher, wenn er nicht eine völlig neue Theorie entwickelt
hätte, die auf neuronalen Nachweisen und Versuchen basiert:
Autisten fühlen wesentlich mehr als Nichtautisten, sind
wesentlich empfindlicher und emphatischer als bisher angenommen. Obwohl
Eltern (und Henry Markram selbst) davon schon seit Jahren berichten,
wurde der Hintergrund nie beleuchtet. Das ist Markram gelungen und
wurde von Lorenz Wagner in diesem Buch sehr verständlich
vorgestellt. Darin liegt auch die Kunst des Buches: Ein
Nicht-Wissenschaftler berichtet über die Wissenschaft
– dann ist das Ganze gut verständlich und daher
führt uns hier ein Spannungsbogen durch das Leben einer
Wissenschaftlerfamilie. Das macht den zusätzlichen Reiz des
Buches aus: Man lernt den Wissenschaftsbetrieb kennen. Von
Projektfinanzierung, dauernden Umzügen und familiären
Herausforderungen bis hin zu Tierversuchen und Publizierungshandwerk.
Aus seiner Forschung leitet Markram auch eine Therapieempfehlung ab: In
den sensiblen Phasen der Hirnentwicklung eine gefilterte,
geschützte und behütete Umgebung – ein von
ihm persönlich erlebter und plausibler Rückschluss
seiner Forschung – die ab dem 6. Lebensjahr mit einer
„behutsamen Gewöhnung“ fortgesetzt wird.
Ein spannendes Buch und ein Highlight der Veröffentlichungen
im Bereich Autismus.
„Wir sagen Autisten fehlt Empathie.
Nein. Uns fehlt sie. Für die Autisten.“
#wagner Direktbestellung
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Edith
Sheffer: Aspergers Kinder: Die Geburt des Autismus im "Dritten Reich"
Ein spannendes und sehr aufklärendes Buch
über die Euthanasie. Mit unglaublichen Zahlen über
Ermordung, Tötung und missbrauchendem Verhalten von Menschen
– die Millionen von getöteten Menschen
übersteigen das Vorstellungsvermögen. Sheffer
beleuchtet das historische und politische Umfeld der Zeit, als Asperger
seine Diagnose entwickelte. Wien, die Stadt der namhaften Psychologen
wie Freud und anderen, Wien als Nazihochburg, aus dem tausende Juden
fliehen müssen und ein Österreich, das sich erfreut
und sehr offen über den Einmarsch der Deutschen zeigt.
Und Asperger? Er hangelt sich durch diese Zeit hindurch, ist eher eine
Randfigur und doch Protagonist dieses Buches. Er bleibt katholisch,
tritt der NSDAP nicht bei (obwohl das seiner Karriere sicher gut getan
hätte) und ist eng verbandelt mit den Menschen, die die
Euthanasie an Kindern organisieren und durchführen. Allerdings
wirken die Bezüge, die Edith Sheffer zwischen der Euthanasie
und Asperger herstellt, oftmals etwas erzwungen (das kostet einen
Bewertungsstern). Man hat den Eindruck, dass das Ergebnis ihrer
Forschung vorher feststand, und sie nun nach Verbindungen sucht, die
aber immer rudimentär bleiben. Ganz sicher hat Asperger von
der Euthanasie gewusst und nichts Nachweisbares dagegen
übernommen. Hat er selbst Kinder in den Tod geschickt? Das
lässt sich konstruieren, aber nie direkt und nachweisbar,
daher würde ich das eher verneinen. Deshalb wundern mit
Rezensionen der letzten Monate, die in namhaften Zeitungen erschienen
sind. Da scheinen einige Menschen das Buch nicht komplett gelesen zu
haben. Trotzdem hat er von der Nazizeit profitiert: Er hat Posten und
Verantwortungsbereiche bekommen, die durch die Flucht tausender Juden
erst frei wurden.
Viele Kapitel widmen sich der schrecklichen Euthanasie, auch dem
unterschiedlichen Umgang mit Jungen und Mädchen, einzelnen
Lebensgeschichten und den unmenschlichen Bedingungen, die Pfleger,
Sozialarbeiter, Ärzte und am Ende auch die
Bevölkerung zugelassen haben. Es gab Proteste, Helfende und
Mahner, die werden aber eher am Rande erwähnt.
Wäre Lorna Wing nicht gewesen und Asperger nicht kurz vor
ihrem wegweisenden Artikel gestorben (deshalb hat sie ihn so
ausdrücklich erwähnt) – der Name Asperger
wäre wohl niemandem bekannt geworden.
Das Buch ist sehr empfehlenswert, um sich mit der Geschichte der
Autismusdiagnose auseinanderzusetzen und um mehr über das
Wesen und die Entstehungsgeschichte der Euthanasie zu erfahren. Als
Ergänzung dann noch das Buch von Steve Silberman „Geniale
Störung“ und man hat sich
bestens mit den Hintergründen der Autismusdiagnosen
beschäftigt. #sheffer
Siehe dazu auch Arnold Pollak: Auf den Spuren Hans
Aspergers.
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Silke
Bauerfeind: Autistische Kinder brauchen aufgeklärte Eltern
Sie wollen ein Kind mit Autismus verstehen? In
diesem Buch sind so viele Anregungen, Beispiele und Ideen versammelt,
so dass man sagen kann: Hier ist die Anleitung dazu. Dabei stellt die
Autorin klar, dass jeder Autist anders ist, man immer wieder neu
überlegen und herausfinden muss, was das Kind möchte
oder was es bewegt. Das macht das Buch für Eltern so
hilfreich, denn es schafft eine Grundlage, um mit autistischen Kindern
gut umzugehen und auf sich selbst aufzupassen. Es gibt zahlreiche
Erklärungen und sorgt damit für Verständnis.
Die Autorin ist selbst Mutter eines autistischen Kindes und hat einen
sehr verständlichen und klaren Schreibstil. Bemerkenswert ist
ihr durchgängig positiver und wertschätzender Umgang
mit dem Thema. Dadurch kann sie anderen Eltern Kraft und
Verständnis geben, was diese sonst im Alltag
möglicherweise selten erfahren. Das Kapitel „Die
Situation der Eltern“ ist deshalb fast ein Coaching in
Buchform.
Inhaltlich klar strukturiert geht es nach einer kurzen
Einführung um alle denkbaren Besonderheiten, unterteilt in die
Bereiche Wahrnehmungen, Emotionen, Kommunikation und Verhalten. Mir ist
nichts Fehlendes aufgefallen und ich werde dieses Buch gerade Eltern
empfehlen, die sich neu mit dem Thema Autismus auseinandersetzen
wollen. Es schützt sie vor falschen Therapieversprechen und
gibt ihnen das wichtigste an die Hand, was sie brauchen:
Verständnis und Erklärungsmöglichkeiten
für das Verhalten ihres Kindes.
#Bauerfeind2 Direktbestellung
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Hans
Jürgen Boxberger: Kleine Brötchen backen?
Was für ein kurzweiliges Buch! Dem
Autor wurde schon in der Schulzeit die Fähigkeit zu
„spöttischen Formulierungen“ attestiert.
Dieser besondere Schreibstil macht das Buch zum Genuss und zeigt trotz
aller beruflichen Schicksalsschläge, dass Boxberger der Humor
nicht abhanden gekommenen ist.
Er lässt die Geschichte seines Protagonisten Armin in der
Kindheit beginnen, beschreibt die Schulzeit, wo er besonders
für den Sportunterricht schöne Bilder findet. So
bewegt er sich bei Ballspielen in der „Geschwindigkeit von
Wanderdünen“ und sei auch in der Lage, sich auf
einem leeren Sportplatz zu verlaufen. Köstlich.
Er schafft mit Schwierigkeiten das Abitur und wird Doktor der Biologie,
wo er einen aussichtsreichen und unbefristeten Posten beim
Max-Planck-Institut bekleidet. Vielleicht zu früh, denn er
will weiter ziehen und ahnt nicht die Unwegsamkeiten, die ihn erwarten.
Sicherlich hat er viele Zeichen nicht erkannt und kann das heute zum
Teil mit seinem Autismus erklären, aber es ist schon ein
Drama, wie schnell man „plötzlich arm“
werden kann. Diese Wegstrecke kann er ausgezeichnet wiedergeben und die
Missstände in der (Arbeits-)Gesellschaft offenlegen.
Unterstützungsinstitutionen wie Bundesagentur für
Arbeit, Rentenversicherung und Jobcenter geben in seinem Fall im
Wesentlichen ein so klägliches Bild der Inkompetenz ab, dass
es beim Lesen fast wehtut. Schwerbehindertenvertretungen,
Integrationsamt etc. - „bitter“ kann man da nur
konsternieren. Heutzutage sind diese Institutionen oftmals besser
aufgestellt, aber bei Armin ist es eine einzige
Bankrotterklärung.
Erst mit 52 Jahren erhält er „das Prädikat
Asperger Autismus“, zu spät um seine Berufslaufbahn
rechtzeitig auf seine Bedürfnisse anzupassen. Heutzutage wird
Autismus meist frühzeitiger diagnostiziert und brauchbare
Förderinstrumente können rechtzeitig greifen. Das
kann man jungen Menschen nur wünschen und ihnen gleichzeitig
dieses Buch empfehlen.
Was er im Buch nicht macht, ist der laufende Bezug seiner
Lebensereignisse auf seinen Autismus. Diese Reflexion würde
auch nur bedingt passen, da er erst spät von seiner Diagnose
erfährt. Der Leser weiß das aber bereits beim
Aufschlagen des Buches und kann so selbst im Verlaufe von Armins Leben
die Ereignisse entsprechend deuten.
Klare Leseempfehlung für alle, die sich mit dem Thema
„Autismus und Arbeit“ beschäftigen, auch
wenn der Preis im Vergleich etwas hoch angesetzt ist. #boxberger
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Daniela
Schreiter: Schattenspringer 3 - Spektralfarben
Das lange Warten auf den dritten Band hat sich
mehr als gelohnt: Ein tolles Werk. Nach Kindheit und Jugendalter in den
ersten beiden Schattenspringern, sind nun erwachsene Autisten
Schwerpunkt. Sie berichten von ihren Erfahrungen und diese werden dann
in eine unglaublich treffende Bildsprache umgesetzt. Der
Schattenspringer ist für mich das am leichtesten zu lesende
Fachbuch überhaupt. Das gilt für diesen Band ganz
besonders.
Abgesehen von Rückblicken älterer AutistInnen auf
ihre
Schulzeit (auch sehr lohnenswert), geht es um erwachsene Themen:
Studium, Beziehung, Freundschaften, Tücken im Alltag
(Arztbesuch, Einkaufen), Diagnostik und (in diesem Fall unwissende)
Psychiater. Ein Schwerpunkt ist außerdem das Thema Arbeit,
das für erwachsene AutistInnen von besonderer Bedeutung ist.
Die Herausforderungen von AutistInnen werden brillant auf den Punkt
gebracht und für jeden verständlich gemacht.
Unglaublich, wie Daniela Schreiter es schafft, mehrere sonst
enggedruckte Fachbuchseiten treffend in wenigen Zeichnung zu
erläutern.
Klare Leseempfehlung für alle Menschen – wie
neurodivers sie auch sein mögen - ohne Differenzierung. Und
wenn sich mal wieder jemand mit Ahnungslosigkeit hervortut und
„Steine in den Weg rollt“ (Ärzte,
Ämter, Bildungsbereich): Dieses Buch in die Hand
drücken. Jetzt schon an Weihnachten denken. #Schatten03
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Leo
M. Kohl: Asperger. Mein Leben zwischen Intelligenz und
Gefühlsleben
Um es vorweg zu nehmen: eine einmalige
Ergänzung zu bisherigen Biografien von Menschen mit Autismus.
Ein Buch, das authentisch, ehrlich und in einer sehr lockeren
Schreibweise das Leben eines Autisten im Schulalltag und mit seiner
Familie beschreibt. Dem Autor gelingt es bereits mit 18 Jahren, auf
seine junge Vergangenheit sehr reflektiert zurückzublicken.
Wir kennen zahlreiche Autobiografien von Autisten, aber da bedarf es in
der Regel deutlich mehr Jahrzehnte, um einen Rückblick zu
ermöglichen. Hier hat man Gelegenheit, die Verhaltensweisen
eines jungen Autisten verstehen zu können. Sein Ausrasten,
sein Schreien, seine Zweifel, seine Ängste und Panik. Und
für all jene, die Nachteilsausgleiche bisher nicht
nachvollziehen konnten: Lesen Sie dieses Buch, danach wissen Sie
Bescheid.
Das Werk ist kein fehlerfreies Fachbuch, das will es auch nicht sein.
Es wird dafür von jedem Vater, jeder Mutter, jeder
Kitamitarbeiterin, Lehrern und Schülern leicht gelesen und
verstanden. Einzigartige Literatur für Menschen, die hinter
die Kulissen schauen und den Alltag eines Aspergers schon immer genauer
kennenlernen wollten.
Auch wenn der Autor seine Familie als chaotisch bezeichnet: er hat eine
sehr liebevolle und tolle Familie. Dass seine Mutter selbst Asperger
Autistin ist, ist ganz sicher ein Vorteil für ihn.
Sein Durcheinander im Kopf, sein zum Teil wirklich besserwisserisches
und schräges Verhalten anderen Schülern
gegenüber: Nichts wird ausgelassen. Super Leistung des
Autors, das alles so offen beschreiben zu können.
Kleines Manko: Vom Verlag hätte ich mir ein Lektorat
gewünscht, Fehlerkorrekturen sind aber für die
nächsten Auflagen angekündigt.
Klare Leseempfehlung für alle, die junge Asperger verstehen
möchten / sollten / müssen und wollen. #kohl
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Dr.
Brita Schirmer: Elternleitfaden Autismus
Der Untertitel ist besonders wichtig: Das Kind
erlebt die Welt anders, als die Eltern! Nun gilt es herauszufinden, wie
das Kind die Welt sieht und wie man es mit welcher Therapie am besten
unterstützen kann. Die Anzahl der verschiedenen
Therapieansätze in diesem Buch ist dabei beeindruckend
groß. Und es wird deutlich: Jedes Kind ist anders, es gibt
keine „Wundertherapie“, alle Therapie-Bausteine
müssen individuell auf ein Kind zugeschnitten werden. Dazu
gibt das Buch bestes Grundlagenwissen an die Hand.
Das Werk ist in sechs Abschnitte klar unterteilt. Die wesentlichsten
sind: Was ist Autismus? Wie erlebt das Kind die Welt (sehr
vielfältig im Hinblick auf mögliche
Reizüberflutung); Auffälligkeiten im Sozialverhalten
und Unterstützungsmöglichkeiten auf dem Lebensweg.
Durchgängig ist das Buch leicht verständlich und die
klare Sprache von Fr. Dr. Schirmer ist immer sehr erfrischend (schauen
Sie sich auch mal ihren youtube-Kanal „1000 Fragen zum
Autismus“ an).
Hilfreich finde ich die regelmäßig wiederkehrende
Rubrik „Aus dem Leben“. Hier finden sich Zitate von
Autistinnen und Eltern zu den jeweils beschriebenen Themen. Dadurch
erhält das Buch eine gewisse Bodenständigkeit und ist
eben kein abgehobenes Fachbuch.
Für alle (Eltern) die sich neu mit diesem Thema
beschäftigen, gibt es eine Checkliste
„Frühe Hinweise auf das Autismus-Spektrum“
im vorderen Teil des Buches. So kann man versuchen, die Situation des
eigenen Kindes einzuschätzen.
Insgesamt ein wirklich guter Elternleitfaden, der nicht nur Wissen
vermittelt, sondern auch die ganze Breite des Spektrums anspricht. So
sind auch dem Thema Ernährung einige Seiten gewidmet, was
Eltern hoffentlich davor schützt, Quacksalbern und
Scharlatanen in die Hände zu fallen, die es auf diesem Gebiet
ausreichend gibt. #SchirmerLeitfaden
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Arabella
Carter-Johnson: "Iris Grace" sowie "Iris und Thula"
Ein umfangreiches und schön geschriebenes
Buch. Die Mutter einer frühkindlichen und zu Beginn nicht
sprechenden Autistin beschreibt mit guter und detaillierter Wahrnehmung
den Weg mit ihrer Tochter Iris Grace.
Ihre Katze spielt dabei eine wesentliche Rolle, um das Mädchen
in Beziehung zu bringen. Faszinierende Geschichte und eine andere
Chance, als teurere Therapiehunde oder Delfintherapie (der Versuch
„Therapiehund“ hat es bei Iris nicht funktioniert).
Es ist auch eine dramatische Familiengeschichte, die aus einer
lieblich/ lilagefärbten englischen Hochzeitsfotografin eine
willensstarke durchsetzungsfähige Frau macht, deren
Lebensentwurf plötzlich völlig anders
verläuft. Wie gut, dass sie eine starke Familie im
Rücken hat - das ist ja leider nicht immer so.
In jedem Fall ein gut lesbares Buch, das auch die Komplexität
und Heterogenität von Autismus gut beschreibt - und
außerdem eine anrührende Katzengeschichte ist.
Schon kurios: Das Taschenbuch hat den Untertitel
"Die Katze, die unsere Familie rettete". Viel platter kann man den
Marketingeffekt nicht in den Vordergrund stellen. Am Ende erreicht der
Verlag dadurch höherer Verkaufszahlen und das Buch mehr
LeserInnen, was für die Lobbyarbeit im Bereich Autismus
durchaus von Vorteil ist.
Das Buch hat wunderschöne Fotos und der Aufbau ist sehr gut -
also nicht vom Marketing ärgern lassen. #iris
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Fabienne
Sieger: Einsortiert.
Fragmente aus dem Leben einer Sortagefachfrau
Was für ein brillantes Buch! Ich kannte
Fotos ihrer Sortagen, die Bruchtassenquadraturen und Würfelei,
die mich hin und wieder über Twitter erreichten. Nun war ich
auf die Buchform sehr gespannt: Quadratisches Buch
(natürlich!), Großformatig 28x28 cm und 120 Seiten.
Worauf ich überhaupt nicht vorbereitet war: Ein herausragender
Text.
„Wenn ich mich sehr mag, fühle ich mich
quadratisch“ begründet sie ihr Stimming, in dem Sie
Würfel zeichnet. Dieses Stimming ist nötig, damit sie
sich beruhigen kann, niemand anderen auf die Nerven geht oder gar
Kriege anzettelt. Daher „Würfeln für den
Weltfrieden“. Die Zeichnungen haben durchaus eine
künstlerische Klasse erreicht.
Mit einem unvergleichlichen Wortwitz auf hohem intellektuellem Niveau
beschreibt sie ihre Wahrnehmung der Welt und ihre Empfindungen
– da traut man sich schon keine Rezension mehr zu schreiben,
die unmöglich an diese Qualität heranreichen kann.
Sie beschreibt alle klassischen Merkmale einer Asperger-Autistin
wunderschön klar und positiv verpackt mit so viel
tiefgreifender Ironie: Der Text ist ein einziges Vergnügen.
Köstlich, wie sie von Fettnäpfchen zu Fettfass
hüpft und ihre Begründungen und Empfindungen so
perfekt beschreibt: Hier bekommt man Innenansichten einer Aspergerin
geliefert, wie es nur sehr wenige beschreiben können. So ist
z. B. der schwierigste Teil der praktischen Fahrprüfung nicht
die eigentliche Prüfung, sondern der Smalltalk mit dem
Fahrlehrer. Intensiv wird das Thema „Reisen“
vorbereitet. Es stellt sich heraus, dass der Lehrer nicht gerne
verreist. Damit ist die Fahrprüfung fast verloren –
und zwar nicht wegen des Verkehrs.
Die Bilder der Sortagefachfrau sind natürlich auch
einzigartig: Die Bestandteile eines Birchermüslis oder die
Kartoffeln-Lauchsuppe hat man noch nie so ordentlich sortiert und
quadratisch angeordnet gesehen.
Es ist ein Kunstbuch, ein literarisches Meisterwerk, eine quadratische
Augenweide und so umschmeichelnd wie in Foulard.
Bestellbar direkt über den Verlag.#sieger
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Rudy
Simone: Asperger im Berufsleben
„Die meisten Menschen im
Asperger-Spektrum würden am liebsten ihre Arbeit erledigen und
nach Hause gehen, aber so einfach ist das Leben eben nicht.“
Das Arbeitsleben ist sehr komplex, wesentlich komplexer als die Schul-
und Ausbildungszeit vorher, die viele Menschen im Spektrum und deren
Angehörige schon oft an ihre Grenzen bringt. Rudy Simone
(übrigens auch eine begnadete Sängerin und
Songwriterin) beschreibt das in ihrer Einleitung sehr schön:
„Zur Arbeit zu gehen hat nicht allein mit der Arbeit zu
tun“. Es geht eben auch darum „welche Kleidung man
trägt, was man isst, wie die Umgebung aussieht, wie man dieses
empfindet“ etc. Davon handelt dieses Buch. In einem
ausführlichen Vorwort von Temple Grandin, die es schafft, ihre
Arbeitserfolge und den Zusammenhang mit ihrem Asperger-Syndrom auf nur
vier Seiten zu formulieren, wird das sehr deutlich.
Am Ende eines jeden Kapitels gibt es die Kategorie "Was der
Arbeitnehmer tun kann" und "An Arbeitgeber und Unterstützer".
Der erste Teil dient vor allem der Reflexion des Menschen mit Asperger
und scheint mir sehr sinnvoll zu sein, um das eigene Arbeitsleben nicht
nur zu reflektieren, sondern auch bewusst zu gestalten. Wirklich gut
gemacht - es wird nichts verklausuliert, sondern alles direkt
angesprochen. Klasse.
Alle Aspekte des Arbeitslebens finden Berichte und Hilfestellungen. Dem
Klatsch und Mobbing sind besonders lange Kapitel gewidmet, weil beide
Aspekte für Asperger große Hürden
darstellen. Auch Arbeitgeber werden hier klar aufgefordert, etwas gegen
diese Unarten zu tun - denn am Ende kosten beide sehr viel Geld. Das
sollte jedem Arbeitgeber bewusst sein.
Das Buch ist ganz sicher eine tolle Hilfestellung für Menschen
im Spektrum, aber auch für Arbeitgeber und
Angehörige. Es geht ausgewogen mit der Frage um, ob man
Arbeitgeber und Kollegen von der Diagnose berichten soll. Rudy Simone
ist nicht bevormundend - fordert aber die eigene Verantwortung ein und
den Abschied von einer möglichen Opferhaltung.
Das Buch wurde vom Autismusverlag.ch herausgegeben. Das ist in sofern
besonders, als dass dieses Buch in Ringbuchform produziert und von
Autisten übersetzt und hergestellt wird.
Eines der aktuell wichtigsten Bücher im Bereich
„Autismus und Arbeit“. #rudy Direktbestellung
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Robin
Schicha: Autistische Gestalter und Gestalterinnen. Ein Blick auf
ausgewählte Maler und Malerinnen, Zeichner und Zeichnerinnen
aus dem Autismusspektrum
Das
großformatige Buch (28 x 20 cm) Autismus und Gestaltung
beschäftigt sich mit erfolgreichen autistischen Gestaltern und
Gestalterinnen, MalerInnen und ZeichnerInnen.
Es ist durchgängig farbig und von Robin Schicha illustriert.
Vorgestellt werden der berühmteste Maler
und Bildhauer der Hochrenaissance Michelangelo, der bekannte Designer
Andy Warhol, der Kultregisseur und Zeichner Tim Burton, der
Kinderbuchautor und Zeichner Janosch, die Comiczeichnerin Daniela
Schreiter, die Autorin und Künstlerin Gee Vero und die
künstlerischen Savants Stephen Wiltshire, Richard Wawro und
Gottfried Mind #schicha2
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Daniela
Schreiter: Die Abenteuer von Autistic-Hero-Girl
Bei diesem Titel denkt man sofort an
Super-Spezialinteressen, an Ausnahmefähigkeiten wie einem
fotografischen Gedächtnis, 5 Sprachen fließend als
5-jähriges Kind, auswendig gelernte Bahnfahrpläne von
Paris bis Tokio oder Streichhölzer im freien Fall
zählen zu können. Das grimmig-entschlossene Gesicht
auf dem Cover, immer bereit, das nächste Zahlenrätsel
zu lösen oder die Zahl Pi bis zur letzten Zahl auswendig
aufzusagen, ohne Luft zu holen. Und dann… einfach
köstlich: Die Herausforderungen des Alltags, die die
Superheldin bis aufs Äußerste herausfordern! So was
wie vor-die-Tür-gehen, obwohl der Nachbar im Flur steht, oder
ein Telefonat anzunehmen, einzukaufen, sich dem Overload zu stellen
oder eine Party zu besuchen. Jede Seite eine neue Geschichte, ein neues
Abenteuer. Wieder gelingt es Daniela Schreiter, die Herausforderungen
für autistische Menschen originell, selbstironisch und leicht
verständlich zu Papier zu bringen. Für alle Nachahmer
ist die Superheldenausrüstung übrigens im Buchdeckel
aufgeführt. Tolle Idee. Und man erfährt sogar, was
Prokrastination bedeutet.
Es ist übrigens keine Fortsetzung vom
Schattenspringer, sondern quasi eine Auskopplung. Einen
nächsten Schattenspringer wird es im nächsten Jahr
geben und weitere Abenteuer des Autistic-Hero-Girls sind auch
möglich. Wir warten auf den ersten Zeichentrickfilm!
#schreiter03 Direktbestellung
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Mirco
von Juterczenka: Wir Wochenendrebellen. Ein ganz besonderer Junge und
sein Vater auf Stadiontour durch Europa
Ein völlig anderes, fast
revolutionär zu nennendes Buch über den Umgang mit
dem Asperger Syndrom, aus Sicht des Vaters geschrieben.
„Papsi“ entwickelt eine Entspanntheit, die sehr
eindrücklich ist: Ihm wird klar, dass er seinen Sohn nicht an
die klassischen gesellschaftlichen Normen anpassen kann und will
– also muss sich das System an seinen Sohn anpassen. Eine
Herangehensweise, die im Prinzip schon lange von vielen Autisten
gewünscht wird. Dass das nicht ohne Konflikte für
beide Seiten abgeht, ist offensichtlich.
Vater und Sohn kennen einige vielleicht schon aus deren
Podcasts. Die muss man vor dem Lesen des Buches nicht
gehört haben, aber nett ist es schon, wenn man den
Stimmenklang der beiden im Ohr hat. Man kann dann die konsequenten
Ansichten von Jason (dem 11-jährigen Sohn) sehr gut
nachvollziehen.
Jason hat eine „besondere Logik“, so umschreiben
die Eltern die Autismusdiagnose in seinen jungen Jahren. Er ist radikal
in der Umsetzung von Regeln, die sich nur langsam verändern
lassen – und es gibt für alles Regeln. Diese
Radikalität treibt Familie und Umfeld durchaus an die Grenzen
des jeweiligen Nervenkostüms. Genauso radikal wird er von
seinen Eltern aber auch geliebt und unterstützt. Manchmal bis
zur Grenze der Selbstaufgabe, wenn ich an die Kloszene beim FC St.
Pauli denke. Apropos Fußball: Vater und Sohn suchen einen
Fußballclub für den Sohnemann, von dem er Fan sein
kann. Die Reisen in die Stadien stellen das Rahmenprogramm des Buches
dar. Allerdings ist es kein Buch, für das man
Fußballfan sein muss, eher im Gegenteil, denn die absolut
kuriosesten Ereignisse rund um den Erst- bis Drittligafußball
bieten zahlreiche neue Erkenntnisse und interessante Geschichten. In
diesem Rahmen muss sich Jason oft anpassen, seine Regeln
verändern oder abwandeln.
Das Buch ist mit sehr viel Herz geschrieben, und dem
unerschütterlichen Willen, den Sohn zu unterstützen.
Ob er und die Familie das richtig machen? Ach, wer weiß das
schon. In jedem Fall ist es so krass anders, als alle Therapien es
empfehlen würden. Das macht das Buch kontrovers. Für
Kinder ohne Autismus ist es ganz sicher nicht der richtige Weg der
Erziehung, dessen ist sich auch der Vater vollständig bewusst.
Es wird nur wenige Familien geben, die diesen Stil durchziehen
können. Bei einem Sohn mit völlig anderer Wahrnehmung
ist die Herangehensweise der Familie aber möglicherweise genau
richtig. Die Zukunft wird es zeigen, aber ich glaube, dass Motto der
„familiären Leitkultur“ wird - trotz der
Zugeständnisse an den Sohn bis zur Schmerzgrenze -
funktionieren: Keiner darf sich zum Arsch entwickeln.
Das Buch ist absolut empfehlenswert und wird möglicherweise
die Diskussion um den Umgang mit Menschen mit Autismus zumindest
bereichern, wenn nicht verändern. Ein Zitat bringt es dabei
auf den Punkt (S. 201):
„Es wäre unverantwortlich gewesen, sich mit einem
vollen Terminkalender nur auf das beseitigen von Schwächen zu
konzentrieren und ihm nicht den Raum zu geben, sich mit Dingen zu
beschäftigen, die ihn interessieren.“
#wochenendrebellen. Direktbestellung
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Stephanie
Fischer: Diagnose Asperger - es geht weiter
Nun geht es endlich weiter. Im ersten Band ging es um die
ersten acht Jahre von Tim, nun ist er fast 13 Jahre alt. Die Autorin
beschreibt sehr authentisch die Höhen und Tiefen mit ihrem
Sohn, zeigt dabei aber auch
Unterstützungsmöglichkeiten auf. Im zweiten Band wird
nun die zunehmende Erschöpfung der Mutter deutlich und die
Notwendigkeit, Entlastung zu schaffen. Die Ganztrageschule ist einer
der Versuche, die nicht funktionieren. Absprachen mit den dortigen
Betreuerinnen werden nicht eingehalten, was zu massiver Unlust und
Frust bei ihrem Sohn führt. Außerdem wird Tim
zunehmend unberechenbarer. Die Wohnung muss zwischendurch einem
Trümmerfeld geglichen haben. „Ich erreiche ihn nicht
mehr“, drückt die verzweifelte Lage der Mutter aus.
In dieser Situation wird ein Klinikaufenthalt des Sohnes die einzige
Lösung. Ein wesentliches Element des Buches ist die
Beschreibung der Zeit vor, während und nach dem
Klinikaufenthalt. Handlungsempfehlungen der Klinik und deren
Wirksamkeit im Alltag werden erläutert. So erhält man
einen sehr guten Einblick in die Abläufe, und was dabei gut
nutzbar ist.
Das die Therapeutin auch die Sozialpädagogische Familienhilfe
übernimmt, ist sicher ein Glücksfall. Die Schulsuche
und –besuche sind eine Herausforderung, der Tim nicht
standhält. Nur mit cleverer Intervention der Therapeutin
schlittert Tim an der Schulverweigerung vorbei.
Fazit: Der Klinikaufenthalt scheint ein Wendepunkt gewesen zu sein und
mit dem Älterwerden entspannt sich einiges.
Toll zu lesen und für Eltern sehr empfehlenswert. Hier werden
Hilfsmöglichkeiten und Ideen aufgezeigt, die man in eigene
Überlegungen einbeziehen kann. #fischer02
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Christiane
Preißmann: Autismus und Gesundheit: Besonderheiten erkennen -
Hürden überwinden - Ressourcen fördern
Ein Buch zum Thema Autismus und Gesundheit war
schon lange überfällig und wer könnte es
besser schreiben, als Frau Dr. Preißmann: Selbst
Ärztin, Autistin und bekannte Referentin zum Thema Autismus.
Sie hat mit diesem Buch sicherlich ein Standardwerk zu diesem Thema
verfasst.
Das Buch geht auf jeden Aspekt der Gesundheit an. Angefangen von den
Möglichkeiten der Behandlung und der Unterstützung
beim Arztbesuch zu Ernährungstipps, Sport,
Wahrnehmungsbesonderheiten, über die Sexualität,
Entspannungsmöglichkeiten und den ein bisschen zu intensiv
vorgestellten Diagnostikmöglichkeiten. Das Inhaltsverzeichnis
ist beeindruckend lang.
Für alle Bereiche gilt, dass das Buch sehr gut für
ärztliche Fachkräfte zur eigenen Weiterbildung
geeignet ist, aber auch für Angehörige und
AutistInnen selbst. Denn es fehlt vor allem an einem am meisten:
Verständnisvollen Ärztinnen und Ärzten, die
etwas Vorkenntnis über Autismus haben und dadurch autistische
PatientInnen rücksichtsvoll behandeln können.
Sehr gut gefallen haben mir die zahlreichen Berichte von AutistInnen,
manchmal auch von deren Eltern, über Erfahrungen bei
Arztbesuchen. Oftmals hat Frau Preißmann eigene Erfahrungen
zu den verschiedenen Kapiteln im Buch eingebracht.
In neuen Publikationen wird deutlich, dass der O-Ton von Menschen mit
Autismus der wichtigste ist, um Menschen mit Autismus zu verstehen. Und
häufig kommen Menschen mit Autismus selbst auf gute Ideen, auf
die Nichtautisten nicht kommen würden –
dafür führt die Autorin zahlreiche Beispiele an. Sei
es eine Checkliste für den Arztbesuch, eine
“Bedienungsanleitung für
Notfälle“, oder Möglichkeiten der
Ablenkung, eine Spritze doch zulassen zu können etc.
Natürlich ist es bei jeder Person anders, aber aus vielen
Beispielen ergibt sich bald ein Repertoire an Möglichkeiten.
Autisten sind Experten in eigener Sache!
Besonders im zweiten Teil des Buches geht es inhaltlich deutlich
über „Autismus und Gesundheit“ hinaus,
nachdem zahlreiche – wenn nicht sogar alle -
Komorbiditäten vorgestellt wurden. Immer wieder auch
Einschübe zu den Themen Autismus und Arbeit, Schule, Mobbing,
Verlassen des Elternhauses etc.
Zum Ende hin erscheinen thematisch abgearbeitete Inhalte mit einigen
anderen Aspekten erneut, so dass hier vielleicht etwas mehr Struktur
gut getan hätte. Überlegungen, was wir uns
wünschen würden in diesem Themenkomplex, und
Forderungen/Ideen an Verbände und Politik beenden das
umfassende und empfehlenswerte Werk. #preissmanngesundheit
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Proft,
Schoofs, Krämer, Vogeley: Autismus im Beruf. Coaching-Manual.
Ein für Projektentwickler,
Unterstützer und Autisten geniales Buch. Warum für so
unterschiedliche Zielgruppen? Für die Ersten sind es geniale
Denkanstöße für eigene Projektideen,
für die anderen der deutliche Hinweis: Erstaunliches ist
möglich, wenn man die richtigen Institutionen,
Fördermittel und Menschen zusammenbringt.
Die Grundlage beim Kölner Modellprojekt ist allerdings so
fantastisch, dass man sich in anderen Bundesländern nur
ungläubig die Augen reiben kann. Man nehme 1. einen
öffentlicher Träger, der einen engagierten
Integrationsfachdienst aufgestellt hat und auch noch finanziell potent
ist, 2. DIE vorzeige Autismus-Diagnostik-Ambulanz in Deutschland und 3.
einen Bildungsträger, der sein Handwerk so richtig verstanden
hat, dass es schon zu perfekt klingt: zertifiziert, engagiert,
Zeitarbeitsunternehmen und finanziell verknüpft mit einer
WfbM.
Bevor wir zum „Inhalt für
alle“ kommen, nämlich dem Gruppencoaching: Die vorn
im Buch ausführlich und für Projektmanager sehr
spannend zu lesenden Fördergrundlagen des Modellprojekts sind
einzigartig, das gibt es sonst nirgendwo. Aber vielleicht
lässt sich auf dieser Grundlage zusammen mit den jeweiligen
regionalen Kostenträgern etwas entwickeln. Nur Mut - in diesem
Buch gibt es ausreichend Ideen, um auf Kostenträger zuzugehen
und gemeinsame Projekte anzugehen.
Die Fallbeispiele im Buch belegen das
Zusammenspiel verschiedener Förderinstrumente sehr gut und
strukturiert: Problemaufriss, Benennung der
Unterstützungsbedarfe, aufzeigen der
Fördermöglichkeiten und als Zusammenfassung die
Reaktionen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Bei allen Fallbeispielen spielt das Kölner „Budget
für Arbeit“ eine zentrale Rolle. Es ist ein sehr
flexibles Förderinstrument, was nicht mit Programmen gleichen
Namens in anderen Bundesländern verwechselt werden darf.
Deutlich wird hier, wie wichtig eine Einzelfallabhängige,
flexibel eingesetzte Förderung für die Teilnehmer
ist.
Hauptteil des Buches sind die
Erläuterungen und die Materialien zum Gruppencoaching, welches
wesentlicher Bestandteil der Arbeitsintegration ist. Maximal sechs
Teilnehmer, flankiert bei Bedarf mit Einzelcoaching. Die einzelnen
Sitzungen sind sehr detailliert beschrieben und in Verbindung mit dem
downloadbaren Arbeitsmaterial sehr gut selbst durchführbar,
wenn man entsprechendes Fachpersonal hat. Die Sitzungen bauen
aufeinander auf, Hausaufgaben für die Teilnehmer werden
beschrieben, und so mancher „Knackpunkt“, der zu
erwarten ist. Alles zusammen für künftige
Gruppenleiter eine perfekte Arbeitsgrundlage. Beeindruckend, dass
wirklich das komplette Arbeitsmaterial inklusive
Arbeitsblättern und Powerpointpräsentationen
mitgeliefert wird. Trotzdem wird die Umsetzung und die Anpassung an die
jeweilige Gruppe eine Herausforderung und Fachleuten vorbehalten
bleiben. An dieser Stelle wären ggf. auch Fachleute mit
Autismus eine gute Idee.
Fazit: Ein Buch für Fachleute und
Leitungskräfte, die neue Programme umsetzen möchten
und inhaltliche und Finanzierungsideen suchen. Gruß und Dank
an die Autoren, die das Arbeitsmaterial zur Verfügung stellen.
In Deutschland ist man weit davon entfernt, ausreichend Angebote
für diese Zielgruppe vorzuhalten, insofern kann jedes Angebot
auf dieser Grundlage begrüßt werden.
In den Fallbeispielen wird deutlich, dass auch
für Arbeitgeber die Förderung von Menschen mit
Autismus wichtig und hilfreich ist, denn hier verbirgt sich ein
großes und gesuchtes Arbeitskräftepotenzial. #proft
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Heike
Drogies: AUTISTIN
Das Buch ist ja schon ein Ereignis, wenn es
ankommt: Überformat. Dann das Cover: Es sollte bei
künftigen Wettbewerben eingereicht werden - sehr gelungen.
Nun zum Inhalt: Ein Buch über Autismus, in dem es menschelt.
Zwar gibt es auch wichtige fachliche Beiträge, man kann sich
also mit der Thematik intensiver beschäftigen. Der Hauptfokus
liegt aber auf Menschen mit Autismus. Kinder, Jugendliche, Eltern,
Firmen als Arbeitgeber von Menschen mit Autismus, professionelle
Einrichtungen, die über ihre Arbeit berichten: Alles ist
dabei. Ein buntes Bilderbuch, welches alle Aspekte des Autismus
beschreibt und dabei noch Hilfestellung und Anregungen gibt.
Über Diagnostik,
Unterstützungsmöglichkeiten, Arbeitsleben und
Freizeit. Auffällig dabei: Die Fähigkeiten und das
Können der Menschen stehen im Vordergrund, nicht deren
Defizite. Erstaunlich, wie oft Menschen mit Autismus in ihrer Jugend
falsch eingeschätzt wurden, z. B. Förderschulen
besuchten, um später dann mit Abitur zum Studium
durchzustarten. Die Schulzeit bleibt eine große
Herausforderung für AutistInnen.
Das Buch wäre ideal für das Wartezimmer jeder
Arztpraxis geeignet: Es bietet Stil und Inhalt an. Passender Weise gibt
es extra Hinweise für Ärzte in dem Buch, die einem
Menschen mit Autismus einen Arztbesuch erleichtern würden.
Die Texte lesen sich locker und leicht, manchmal wirken die
Beiträge wie Werbung für Institutionen und Firmen.
Durch die großformatigen Bilder und abwechslungsreichen
Inhalte kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Und wenn man es dann
doch irgendwann durchgelesen hat, findet man ganz sicher einen
besonderen Ort im Wohnzimmer, um das Cover wirken zu lassen. Mit
Gästen oder Besuchern hat man dann sofort ein Smalltalkthema,
wenn sie es erblicken. Es ist sogar ein Thema, zum dem auch Menschen
mit Autismus meist gern Gespräche führen.
Ein wunderschönes Buch mit starkem Inhalt: Rundum gelungen.
#Drogies
Bestellungen am besten über diese Seite
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Melanie
Matzies-Köhler, Gee Vero: Meine Brücke zu dir:
Menschen inner- und außerhalb des autistischen Spektrums im
Dialog
Was für eine tolle Idee: zwei Frauen,
beide mit viel Fachwissen über Autismus, schreiben sich
über etwa ein Jahr Briefe zu unterschiedlichen,
Autismusrelevanten Themen.
Gee ist Autistin, die darüber hinaus einen nicht sprechenden,
autistischen Sohn hat. Sie ist Künstlerin, Autorin und
Referentin. Mel ist Psychologin und hat über viele Jahre
Erfahrungen in der Arbeit mit autistischen Menschen gesammelt. Sie
gehörte zum „Team Birger Sellin“ und hat
später mit Nicole Schuster zusammen gearbeitet.
Der Briefwechsel ist erholsam auf Augenhöhe, es geht nicht
darum „wer weiß es besser“. Mel ist
ehrlich interessiert und stellt Fragen, die sie aus der Innensicht
einer Autistin schon immer hören wollte. Gee kann ihren
Autismus toll in Worte fassen und ist schon damit ein Fundus
für Menschen, die Autismus verstehen wollen.
Zahlreiche Themen haben die beiden erörtert: Smalltalk,
Therapien, Schule, aber auch allgemeines wie Freundschaft, Weihnachten,
wie entsteht ein Autismus etc. Immer wieder wird auch auf die
persönlichen Lebenshintergründe beider Frauen
eingegangen, zum Beispiel Gees Zeit in England.
Der Austausch ist sehr kompakt, manchmal sogar philosophisch, wenn es
z. B. um das Verständnis des „Selbst“
geht. Vor allem ist der Austausch ein tiefer Blick in Gees Autismus
– und das macht das Buch so wertvoll. Autismus ist eine
andere Wahrnehmung! Und wie wahrgenommen werden kann, dafür
gibt es in diesem Buch zahlreiche Beispiele. Mal lustig, mal
erschütternd, aber immer nachvollziehbar.
Das persönliche Treffen der beiden, das gut im Schriftverkehr
vorbereitet wird, fällt den Umständen geschuldet
leider eher knapp aus, was etwas schade ist. Dem schriftlichen
Austausch der beiden tut das keinen Abbruch, fleißig werden
weitere Themen diskutiert. Fazit: Eine beeindruckende Begegnung auf
Augenhöhe, die so oft nicht stattfindet. Zwei Fachfrauen, die
sensibel und ehrlich das Ziel verfolgen, die jeweils andere Wahrnehmung
nachvollziehen zu können.
Am Ende hätte eine gemeinsame Zusammenfassung oder ein
Resümee dem Buch noch gut getan – aber gibt
dafür gibt es möglicherweise eine Fortsetzung, auf
die wir uns schon freuen können.
#MeGe
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Doro
May: Das Leben ist schön – von einfach war nicht die
Rede. Meine besondere Tochter ist erwachsen.
Die Tochter von Doro May hat das Down-Syndrom. 5%
der Menschen mit Down-Syndrom sind außerdem wie ihre Tochter
autistisch. Was das für den Alltag mit ihrer nicht sprechenden
Tochter bedeutet, beschreibt Doro May immer mit einem Augenzwinkern und
einem hohen Reflexionsgrad. Sie liebt das offene Wort auch für
heikle Themen und ihre eigenen Gefühle. Schon beeindruckend,
wie sie über ihren eigenen Tod und ihre Verantwortung
für ihre besondere Tochter schreibt, die
Widersprüchlichkeit der Inklusion aufdeckt oder durchaus
amüsant darstellt, wie ihre Tochter die Sexualität
entdeckt. Aber auch die Zerrissenheit beim Abschied in der
Wohneinrichtung, dem Erkennen, wie gern die Tochter mit der Mutter nach
Hause fahren würde, es aber nicht möglich ist. Toll,
wie Doro May hier ihre Gefühle ausdrücken kann und
damit sicherlich sehr vielen Eltern die Möglichkeit bietet,
ihre eigenen Gefühle ehrlich reflektieren zu können.
Die Pferdetherapie, verschiedene Unterbringungsformen,
selbstverletzendes Verhalten und die eigene Aufgabe als lebenslange
Betreuerin: In einer lockeren und herzlichen Art versteht die Autorin,
ernste Themen gut rüberzubringen. Sehr schön, wie sie
trotz vieler Schwierigkeiten die Arbeit von Betreuern und
Pflegekräften differenziert würdigt und alle
Standpunkte und Rahmenbedingungen anerkennt.
Es ist ein erleichterndes und motivierendes Buch, weil es die
Schwierigkeiten ernst nimmt, aber schöne Momente
darüber erstrahlen lässt. Der Buchtitel ist brillant
gewählt – er passt perfekt zu dieser
Veröffentlichung.
Das Thema Autismus ist nicht Schwerpunkt des Buches, es ist
für alle Eltern von besonderen Kindern geeignet, die
natürlich erwachsen werden. Es ist wichtig, sich mit dem
Erwachsenwerden der besonderen Kinder zu beschäftigen, denn
das ist noch immer ein eher selten angesprochenes Thema. Und dieses
sehr persönliche Buch macht Mut und spricht wesentliche Fragen
und Erfahrungen an. #may
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Peter
Myers: Das Ausmalbuch für Autisten und andere Detailverliebte
Na, das ist ja mal eine erfrischende Idee! Es gibt
viele Autisten, die gut zeichnen können, einige sogar sehr
gut. Andere nutzen das Zeichnen als Stimming-Möglichkeit,
d.h., um sich zu beruhigen und einen Ausgleich im stressigen Alltag zu
finden. Andere malen einfach nebenbei, z. B. um sich auf ein Seminar
konzentrieren zu können. Es gibt zahlreiche
wunderschöne Beispiele.
Auf die Idee, Myers autistisch geprägte Zeichnungen als
Grundlage für ein Ausmalbuch zu nutzen, ist eine Gruppe
ehrenamtlicher Psychologiestudenten der Universität York
gekommen. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, Myers Kunst bekannt zu
machen. Ein tolles Projekt.
Man kennt seit einigen Jahren Ausmalbücher für
Erwachsene, die ersten wurden von Johanna Basford publiziert. Aber
Myers Kunst ist deutlich anders, wesentlich abwechslungsreicher und
überraschender. So gibt es verschiedenste Muster, manchmal
auch Gebäude und hin und wieder versteckt sich eine Hand in
der Vorlage. Hände malt er besonders gern, denn die werden
schon seit zehntausenden von Jahren als Grundlage genutzt und man kann
sie auch in Felshöhlen finden.
Auf den ersten vier Seiten im Vorwort beschreibt Myers sich und seine
Kunst, dann kann es endlich losgehen. Wie beeindruckend man seine
Vorlagen ausmalen kann, zeigt er übrigens auch auf seiner
Website, wenn aus einem farblosen Druck eine bunte Fantasiewelt
entspringt.
Ein wundervolles Buch, das nicht nur Autismus-Interessierte anspricht,
sondern alle kreativen Ausmal-KünsterInnen. #myers
Website: www.artisticautistic.co.uk
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Tony
Attwood: Das Asperger-Syndrom. 4. Auflage
Das Buch beschreibt alle Aspekte des Lebens und
gibt einen umfassenden Überblick über das
Asperger-Syndrom: Vom Verdacht über die Diagnostik bis hin zu
Fördermöglichkeiten und möglichen Bedarfen.
Es ist das umfassendste und damit empfehlenswerteste Buch in diesem
Bereich. Dazu ist es gut lesbar geschrieben, damit neben Therapeuten
auch Eltern und Nicht-Fachleute Informationen daraus gewinnen
können. Attwood lässt oft erwachsene Autisten zu Wort
kommen (z. B. Temple Grandin), um die wissenschaftlichen Erkenntnisse
zu unterstreichen. Ihm ist es bewusst, wie wichtig es ist, Autisten
zuzuhören, um von ihnen zu lernen.
Dem Bereich der Diagnostik widmet er sich ausführlich, was
für viele Eltern wichtig sein wird, um möglicherweise
selbst einen Verdacht auszuräumen oder ihn zu
erhärten. Im Anschluss wird in jedem Fall angeraten, sich an
einen Diagnostiker zu wenden.
Sprachliche Besonderheiten, Spezialinteressen, Motorik sowie
sensorische und kognitive Auffälligkeiten bespricht er in
seinem Werk. Er bietet auch zahlreiche praktische
Möglichkeiten an, wie man Menschen im Spektrum
unterstützen kann. Am Ende der Kapitel gibt es
außerdem die "Strategien im Überblick" zu jedem
Themenfeld.
So schwierig oft die Kindheit für Menschen mit Autismus ist
(den Erwartungshaltungen von Eltern, Lehrern und weiterem Umfeld ist
schwer zu entsprechen): Erwachsene Autisten kommen nach Attwood mit
ihrem Autismus meist besser zurecht.
Im abschließenden "Service"-Teil werden zahlreiche Fragen
ganz im Sinne einer FAQ-Auflistung besprochen - sehr hilfreich.
Die 4. Auflage ist beeindruckend für ein Fachbuch in diesem
Themenbereich - und berechtigt. Nach wie vor eines - wenn nicht das -
Beste auf dem Büchermarkt. Kleinigkeiten wurden
dankenswerterweise überarbeitet (z. B. Link- und
Bücherliste). Mir wird aber zu oft von Autismus als
"Krankheit" geschrieben und dass Menschen unter dem Asperger-Syndrom
"leiden". In aktuellen Büchern wird das mittlerweile anders
und nicht mehr defizitorientiert ausgedrückt.
Klare Empfehlung für Eltern und Fachleute. #AttwoodAsperger
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Steve
Silberman: Geniale Störung. Die geheime Geschichte des
Autismus und warum wir Menschen brauchen, die anders denken
Ein unglaublich gutes und spannendes Buch, um sich
mit Autismus und der Geschichte des Autismus zu beschäftigen.
Endlich macht sich jemand die Mühe und recherchiert sehr
detailliert, deckt dabei zahlreiche Mythen, Lügen und
Missverständnisse in diesem Themenfeld auf. Silberman
entdeckt, wie Menschen dieses neue Forschungsfeld nutzen, um sich
Renommee innerhalb der Ärzteschaft zu erarbeiten und
Fördermittel einzusammeln. Dabei werden rücksichtslos
Fakten versteckt und Ergebnisse beschönigt, damit Theorien
stabil bleiben. Das Feld der Psychologie bietet sich dafür an,
wie kaum ein anderes: Es gibt keinen Bluttest für Autismus, es
ist eine psychologische Diagnose. „Jahrzehntelang haben sich
Psychiater Theorien über kindliche Psychosen
ausgedacht“ – ohne wissenschaftliche Belege.
Der Autor beginnt mit bizarren Autismustherapien, die belasteten Eltern
das Geld aus der Tasche ziehen, Quacksalbern, die mit
„alternativer Medizin“ und Heilung locken, von
Impfgegnern, die ganze Generationen verunsichern und denen aufgrund
falscher Aussagen schließlich die Approbation aberkannt wird.
Er beschreibt den „Volksstamm der Exzentriker“, der
gerade das digitale Zeitalter erfindet und weiterentwickelt. Dann
taucht er tief in die Geschichte eines Leo Kanners und Hans Aspergers
ein. Beide haben zufällig zu gleicher Zeit den Autismus
erstmals wissenschaftlich beschrieben. Zufällig? So steht es
bisher geschrieben, aber überraschend haben wissenschaftliche
Mitarbeiter Aspergers, die im Krieg aus Österreich fliehen
mussten, im Team von Kanner gearbeitet. Erwähnt hat Kanner das
nie. Und Bettelheim, der gute Rhetoriker, hat unendlich viel Leid
über Familien mit autistischen Kindern gebracht, indem er
Kanners Thesen der gefühllosen Mütter
„nachplappert“ und sich medial in Szene zu setzen
weiß. Das Ganze ist ein wissenschaftliches Drama. Man kann
das Buch kaum aus der Hand legen, obwohl es manchmal kleine
Längen hat, wenn Seitenthemen intensiv beleuchtet werden. Das
deutsche Euthanasieprogramm ist allerdings auch sehr spannend
eingebunden und hatte bei Kindern mit Autismus seinen schrecklichen
Ursprung.
Eltern und später Autisten selbst
begründen langsam aber vehement eine neue Sicht auf den
Autismus. Untermauert von Wissenschaftlern wie Lorna Wing, die
ernsthaft an das Thema herangehen, ohne eigene Lorbeeren ernten zu
wollen. Die Geschichte des Science-Fiction, des Amateurfunks und
natürlich der Raumfahrt werden beschrieben und autistische,
historische Lebensgeschichten eingeflochten. Auch der Hintergrund des
alles verändernden Films „Rain Man“ ist
spannend zu lesen.
Die Theorie der Vererbung kommt durch Elternvertreter ins Spiel, erste
Organisationen werden gegründet. Durch Lovaas Theorien
inklusive Elektroschock-Therapie und anderen Foltermethoden nimmt die
Entwicklung aber zuerst keine gute Wendung. Wieder jemand, der Geld und
Ruhm durch eine vermeidliche Autismus-Therapie verdienen will und
Besserung verspricht, wieder eine krasse Lüge. Andere Eltern
erstreiten mehr Teilhabe und einige beschreiten einen konsequent
unterstützenden Weg für ihre Kinder, wägen
Therapien selbst ab und verlassen sich nicht mehr auf teure
Versprechen.
Am Ende wird auch die Geschichte der Diagnostik und des DSM
beschrieben, der eine Diagnostik einigermaßen fundiert
möglich macht. Es entwickeln sich Selbstvertretungsstrukturen
von Autisten in den USA, die es hoffentlich in dieser Art und
Intensität auch bald im deutschspracheigen Raum gibt und die
es dort in kurzer Zeit zu beeindruckender Einflussnahme auf Politik und
Gesellschaft gebracht haben.
„Nicht ohne uns über uns!“
Ein packendes Buch und ein Muss für alle Menschen, Fachleute,
Familien und Autisten, die sich mit dem Hintergrund des Autismus
beschäftigen wollen. Bevor Sie für ein Heilwasser
oder eine „40-Std. pro Woche“-Therapie viel Geld
ausgeben, sollten Sie dieses Buch lesen. #silberman
Silberman beim TED-Vortrag
(Englisch)
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Silke
Bauerfeind: Ein Kind mit Autismus zu begleiten, ist auch eine Reise zu
sich selbst.
In diesem Buch erwartet die Lesenden über
350 Seiten geballte Erfahrung in Sachen Autismus. Geschrieben von einer
Mutter, die nicht nur einen aktuell 16 jährigen, autistischen
und nicht sprechenden Sohn hat, sondern die auch wirklich gut schreiben
kann. Sie nimmt den Autismus ihres Sohnes als Bestandteil seiner
Persönlichkeit an und lehnt jeden therapeutischen Zwang ab.
Das Buch ist eine Informationsreise zu Erläuterungen
über Reizempfindungen, dem spannenden Aufbau von Kommunikation
(Gebärden), Arztbesuchen, Geschwisterkind, Therapien,
Schulbegleitungen und vielem mehr – es deckt die ganze
Lebensvielfalt ab. Aber es ist mehr: Auf der Grundlage der eigenen
Erfahrung und einer Elternbefragung mit 183 Rückmeldungen geht
es um Gefühle, Erwartungen und Erlebnissen von Eltern mit
Freunden, Verwandten, der Umwelt und den Institutionen. Schonungslos
offen und ohne Tabus wird jeder Lebensbereich angesprochen, eine Kraft-
und Erkenntnisquelle für Eltern und Fachkräfte.
Die Autorin profitiert viel von Kontakten mit autistischen Menschen,
die ihr manchmal helfen, ihren Sohn zu verstehen. Sie setzt sich auch
mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der frühkindlichen
und TV-Autisten auseinander und stellt die große Breite des
Autismus-Spektrums vor.
Urlaub und Entspannung ist ein wichtiges Thema, um Kraft zu
schöpfen – kann aber auch die stressigste Zeit des
Jahres sein. Auch hier sehr große Unterschiede im Spektrum,
welche die Autorin sehr gut herausarbeitet. Ihr Reflexionsgrad auch in
Extremsituationen und unter Schlafentzug ist beeindruckend, hilft aber
anderen Eltern sicherlich, in ähnlichen Situationen neue
Handlungsstrategien zu entwickeln. Ein jahrelanger Kraftakt, der
Stärke und Standhaftigkeit benötigt, um sich selbst
nicht zu verlieren. Der sehr gut gewählte Buchtitel kommt hier
zur vollen Entfaltung – auch wenn so einiges erst im
Rückblick deutlich wird…
Das Buch schließt mit Gedanken zur Zukunft ab, die nicht
weniger aufwühlend sind als die Gegenwart.
Allen Eltern, Verwandten und Fachleuten, die mit Menschen im
Autismus-Spektrum leben und arbeiten, sei dieses Werks ans Herz gelegt.
Es beinhaltet eine aktuelle Sicht auf den Autismus, gibt viele Hinweise
und macht Mut – trotz der oft übermenschlichen
Anstrengung. #bauerfeind
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Georg
Theunissen: Autismus verstehen: Außen- und Innensichten
Von der Defizitorientierung der
Autismus-Diskussion hat sich Georg Theunissen schon seit einigen
Büchern verabschiedet und hier legt er nun ein neues
Bekenntnis vor. Von der Pathologisierung zur Neurodiversität.
Er versteht Autismus als "Form des menschlichen Seins" und hat nach
seinen Worten in den letzten Jahren mehr aus den Sichtweisen von
Autisten gelernt, als aus zahlreichen Fachbücher. Deshalb ist
dieser Band in die Außensicht (nämlich die eines
Nichtautisten) und Innensichten (nämlich Berichten von
Autisten) aufgeteilt.
So schafft er es, wissenschaftliche Theorien zum Autismus durch
Erfahrungsberichte von Autisten zu erläutern und macht sie
dadurch verständlich. Auch die abschließende
Zusammenfassung gibt es aus beiden Sichtweisen. Darüber hinaus
ist das Buch ausdrücklich in einfacher,
verständlicher Sprache konzipiert, wobei es trotzdem
wissenschaftlich fundiert ist. Wirklich einfache Sprache ist es dann
nicht immer, aber doch sehr gut lesbar (in einem Teil werden
hochaktuelle Studien beschrieben, der trotz wissenschaftlichem Text
sehr lohnenswert ist).
Der Autor zitiert sehr viel aus Büchern von Autisten (u. a. Robison, Willey, Grandin, Barnett (Eltersicht)), die er
intensiv durchgearbeitet und markante Sätze herausgearbeitet
hat. Ein hoher Wiedererkennungswert, wenn man einige davon gelesen hat.
Die "autistische Intelligenz" wird in 12 Formen unterteilt und darauf
hingewiesen, dass diese Denkmuster so bei Nichtautisten nicht
vorliegen. Obwohl der Fokus und die Fallbeispiele eher bei
hochfunktionalen Autisten liegen, macht Theunissen deutlich, dass auch
vermeintlich geistig behinderte Autisten bei einzelnen Tests
höhere Werte als Nichtautisten erreichen!
Die Beiträge der Autisten sind nach Themenschwerpunkten
unterteilt. So beschreibt Gee Vero z. B., dass ihr System
immer auf "höchster Gefahrenstufe" läuft und sie
daher meist gestresst und angespannt ist, um auf alle
Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Imke Heuer und Ralf Drenkhahn schreiben über die Formen des
Denkens. Sehr faszinierend, was hier an Wissen über die
unterschiedlichen Denkmodelle zusammengetragen wurde. Dietmar
Zöller (z. B. „Als nichtsprechender Autist in
fremden Ländern“) schreibt zu motorischen
Auffälligkeiten, die er "für Menschen aus dem
autistischen Spektrum, die nicht so stark betroffen sind" und daher
nicht so gern von "Behinderung" sprechen, als "atypische
Bewegungsmuster" bezeichnet. Er persönlich schreibt weiter von
"motorischen Verhaltensstörungen", da sie ihn oft sehr
beeinträchtigen.
Peter Schmidt ist auch als Autor
dabei und befasst sich mit dem Bereich ‚Routine und
Ordnung’. Imke Heuer in einem weiteren Beitrag mit dem Thema
‚Sprache’. Hajo Seng beeindruckt mit einem Beitrag
über sein "autistisches Erwachen" und dem Bekenntnis, das er
erst mit Mitte 30 den Weg zur Interaktion mit anderen Menschen gefunden
hat. Vorher waren eher Steine und Schnecken Interaktionspartner - ein
fesselnder Artikel.
In der Zusammenfassung stellt Theunissen mit zahlreichen Anmerkungen
die bisherige Autismusforschung durchaus in Frage. Insbesondere die
Blickwinkel auf Spezialinteressen und repetitives Verhalten.
Mit dem neuen Thema "Veränderungen Autismus-typischer Merkmale
im Zuge des Älterwerdens" umreißt er
abschließend ein neues Forschungsfeld, das für die
Zukunft weitere interessante Bücher verspricht. Nach
unterschiedlichen Untersuchungen würden zwischen drei und 25%
der als Kinder mit Autismus diagnostizierten Menschen im Verlauf ihres
Lebens keine Diagnose mehr erhalten. Woran liegt das, was
heißt das für die Therapien und den
Unterstützungsprozess: Spannende Fragestellungen.
Tolles Buch, sehr
empfehlenswert.#theunissenInnensichten
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Susanne
Strasser: Wahrnehmungsbesonderheiten bei Menschen mit Autismus.
Die Autorin hat ein Kind mit Autismus und ist u.
a. Psychologin. Ihre Fachlichkeit wird schnell deutlich und das macht
dieses Buch besonders: Sie stellt nicht die bekannten Theorien vor und
erörtert Fakten, die auf den ersten 50 Seiten eines jeden
Buches über Autismus zu finden sind, sondern sie setzt einen
neuen, klaren Schwerpunkt. Autismus wird ausschließlich aus
dem Blickwinkel der Wahrnehmung betrachtet. Wie nehmen Menschen mit
Autismus ihre Umwelt wahr und aufgrund welcher Wahrnehmung folgt eine
– möglicherweise auffällige –
Reaktion. Was löst welches Verhalten aus und wie kann man das
herausfinden, um das Verhalten zu beeinflussen. Genau der richtige
Ansatz, denn Autisten wollen niemanden ärgern, wenn Sie
ungewöhnliche Verhaltensweisen zeigen.
Es macht in der Regel keinen Sinn, Verhaltensweisen psychologisch zu
erklären, stattdessen ist geradezu detektivisches Geschick
gefragt, um auf die Ursache einer Handlung zu kommen. Mittlerweile gibt
es zahlreiche Bücher, in denen Autisten die Gründe
ihres Verhaltens während der Kindheit beschreiben
können und es gibt immer wieder erstaunliche
Erklärungen dafür, auf die man selbst nur schwer
kommen würde.
Häufig setzen Therapien bei den Symptomen, nicht bei den
Ursachen an und so kann es passieren, dass Therapien das Gegenteil
dessen bewirken, was sie beabsichtigen.
Einfühlungsvermögen ist hier gefragt. Was
für den einen Autisten gut und hilfreich ist, kann
für den anderen sinnlos und demotivierend sein. So ist das mit
der Wahrnehmung: Was der eine als gut riechend empfindet, stinkt einem
anderen.
Im Buch beschreiben viele Autisten ihre Wahrnehmung und die daraus
resultierenden Handlungen. Die Autorin zitiert dabei viel aus
vorhandener Literatur (z. B. Gee Vero und Dawn Prince-Hughes).
Die große Fülle an unterschiedlichen Wahrnehmungen
ist nach Sinnen geordnet. Drei Dinge sind für die Autorin
wichtig, um die Lebensqualität von Autisten zu verbessern: (1)
Verhalten erkennen und verstehen. (2) Die Umwelt zu gestalten, damit
Autisten sich darin wohlfühlen und (3) passende therapeutische
Maßnahmen.
Das Buch schließt mit über 20 Seiten mit
Übungsmöglichkeiten, um eine sensorische
Überforderung im Alltag zu vermeiden. Bei allen
Maßnahmen zur „Förderung der
Wahrnehmung“ ist es der Autorin wichtig, das kein Zwang
ausgeübt wird: Es sollte den Menschen Spaß machen.
Gerade der letzte Teil des Buches bringt zahlreiche Idee und Anregungen
mit, die man gut im Alltag nutzen kann.
Ein gelungenes Buch zu einem wichtigen Aspekt, um Autismus zu
verstehen.#strasser
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Peter
Schmidt: Der Strassensammler - die unglaublichen Erlebnisse eines
autistischen Weltreisenden
Das Peter Schmidt seit frühster Jugend
Straßen sammelt, wissen die zahlreichen Leser seiner
Besteller. Nun gibt es endlich das Buch dazu. Es enthält
Reiseberichte aus der ganzen Welt, sehr beeindruckend,
abwechslungsreich und immer mit einer Prise „anders
reisen“. Denn grundsätzlich steht der Autor in China
vor den gleichen Herausforderungen „wie im nahen,
heimatlichen Deutschland“: Die zwischenmenschliche
Beziehungsebene bleibt für ihn „so gut wie
unsichtbar“. Er ist ausgeschlossen von der Universalsprache
„Gestik, Mimik und Befindlichkeiten“. Das
führt zu zahlreichen kuriosen Begebenheit, wenn er sich zum
Beispiel aus dem fahrenden Auto wirft, weil er die Unfähigkeit
eines Reiseleiters, die richtigen Sehenswürdigkeiten zu
finden, nicht mehr ertragen kann. Am liebsten setzt er sich selbst
hinters Steuer, bei vielen exotischen Reisezielen ist das aber so nicht
möglich. Hauptsache, er kann die Straßen einsammeln
und geplante Ziele erreichen. Es geht in Halbschuhen auf die
Wildspitze, mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland und zur
Not auf dem Sozius eines Motorrads durch Vietnam.
In Pakistan übersetzt seine Frau Martina kulturelle Vorgaben,
sein Sohn hilft manchmal beim Gesichterlesen, denn die kann Peter
Schmidt kaum erkennen, geschweige denn deuten. In Tibet wird er
offiziell zum Alien erklärt: Endlich ist offiziell, wie er
sich schon lange fühlt. Reiseleiter haben es nicht leicht mit
ihm, seine Sonderwünsche sind nicht verhandelbar. Und so gibt
es manchmal Beschwerden über ihn bei der heimischen Agentur.
Es geht abenteuerlich und durchaus lebensbedrohlich durch den Himalaya,
er sitzt in Indonesien auf einem Riff fest und geht auf
gefährliche Expedition in die sudanesische
Danakil-Wüste; die Mücken fressen ihn in Alaska fast
auf und die Panamericana wird vollendet. Wenn es sich anbietet,
erklärt er mit beruflichem Fachwissen die geologischen
Formationen von Gesteinen und Vulkanen in der Welt.
Manche Reisen macht er mit seiner ganzen Familie, wobei die durchaus
spontanen Elemente beinhalten und nicht so durchgeplant sind, wie es
manch einer erwarten würde. Denn auch das Unerwartete kann ein
Plan sein.
Das Straßensammeln ist aber auch ein Zwang, den er erkennt,
als er unplanmäßig richtig Urlaub in Vietnam mit
Erholung machen „muss“. Und wenn er vor einem
Vortrag von einer neuen, spannenden Straße erfährt,
sollte er die vorher gesehen haben, damit der Vortrag gut wird, sonst
bleibt er in Gedanken immer bei der zu besuchenden Straße
hängen.
Insgesamt ein Buch spannender Reisegeschichten, die zum Ende hin immer
wieder Einblicke in seine autistische Sicht- und Verhaltensweisen auf
die Welt geben. Es ist ein beeindruckender Ausschnitt aus seinen Reisen
und eine Inspiration für eigene Planungen. #schmidtreise Direktbestellung
Auch anschauen: Dietmar
Zöller: Als nichtsprechender Autist in fremden Ländern
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Aleksander
Knauerhase: Autismus mal
anders: Einfach, authentisch, autistisch
Der Untertitel des Buches
bestätigt sich beim Lesen:
Einfach, authentisch, autistisch. Und das macht das Besondere dieses
Buches
aus: Es ist in einem lockeren Ton geschrieben, gut
verständlich, immer mal
wieder mit etwas Humor gewürzt aber auch mit „klarer
Kante“, wie man im Norden
sagt: Der Mann vertritt deutliche Standpunkte.
Das Buch ist klar
strukturiert und trotzdem sehr
abwechslungsreich, weil die Texte oft denen eines Blogs entsprechen:
Kurz und
knackig und schnell auf den Punkt kommend.
Der Autor schreibt sehr
persönlich immer auch darüber, wie
es ihm mit den einzelnen Themen geht. „Keine Gefühle
gibt es nicht“, Overload,
Gesichtsblindheit, Stress und Wutausbrüche als Flucht aus
Situationen (der „Dampfdrucktopf-Effekt“).
Aber auch über Gebärdensprache, sinn- und unsinnige
Therapien (klarer ABA-Gegner),
Tiere als Unterstützung (es müssen keine Delphine
sein) bis hin zu autogenem
Training und Ernährung. Schule und Grad der Behinderung werden
auch erörtert:
Jedes Thema wird bis in die Tiefe angesprochen, Argumente abgewogen und
das
alles in einem gut lesbaren Schreibstil.
Also klare Empfehlung
für dieses Buch, das übrigens mit
einer Crowdfunding-Aktion finanziert wurde, an der wir uns damals auch
beteiligt haben. #knauerhase
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Rolf
Knippers: Autismus, genetisch betrachtet: Veränderungen der
Gene als Ursache und Auslöser
Ein Fachbuch, das sich sehr spezifisch den
aktuellen Erkenntnissen und dem Stand der Genforschung bei Autismus
widmet. Viele interessante Aspekte für das
„Fachpublikum Autismus“, aber selbst die werden
überfordert sein, wenn es in die Details der Grundstruktur und
Veränderbarkeit von Genen geht. Macht aber nichts, es lohnt
sich trotzdem. Für Humangenetiker ganz sicher eine echte
Fundgrube.
Der Autor arbeitet sich abseits der pädagogisch/
psychologischen Fachdiskussion sympathisch an das Thema und die
Geschichte des Autismus heran. Er kommt aus dem Bereich der
Molekulargenetik und ist sehr genau in der Herangehensweise. Alle
Fakten und Studien die zur Auslösung von Autismus betragen
könnten, werden zusammengetragen und erläutert. Der
Leser gewinnt erstaunliche Erkenntnisse aus Vererbungs- und
Zwillingsstudien und zu Einflüssen auf die menschlichen Gene.
Rolf Knippers schaut das Gehirn anatomisch an, nicht psychologisch. So
ist das Gehirn von Autisten bis ins Jugendlichenalter
größer, als bei Nichtautisten. Und die Idee mit den
Spiegelneuronen bespricht er auch als mittlerweile klar widerlegt.
Belegt hingegen ist, dass das Risiko ein autistisches Kind zu bekommen,
bei Männern mit zunehmendem Alter steigt. Ab 50 J. gibt es ein
2,2faches Risiko. Die Erläuterungen dazu im Buch sind
einleuchtend. Nach bisherigen Erkenntnissen haben weibliche Gene
hingegen einen besseren Schutz gegen Autismus-Risikogene (Ursache noch
unbekannt).
Ab der Buchmitte wird es sehr fachlich, was bei dieser Thematik zu
erwarten ist. Es geht um Gene, Synapsen und Aminosäuren. Dabei
ist es überraschend, wie viele (Knockout-)Mäuse im
Dienste der Autismusforschung in den Laboratorien herumlaufen.
Besonderheiten wie dem Rett-Syndrom und dem fragilen X-Chromosom widmet
der Autor Extrakapitel.
Die Anzahl großangelegter Studien, die auf der Suche nach
Autismus-Risikogenen sind, ist erstaunlich. Allerdings häufig
mit enttäuschenden Resultaten: So wurde die Methode auf die
Exom-Sequenzierungen verändert, da diese erfolgversprechender
ist.
In der Erforschung von Autismus-Risikogenen sind Datenbanken ein
großes Thema. Die Datenerfassung, um Gene zu bestimmen, nimmt
gewaltige Ausmaße an, so dass die Forschungseinrichtungen mit
Googlen kooperieren, die sich mit großen Datenmengen
auskennen. Intensiv bei der Erforschung beteiligt ist die stark in der
Kritik stehende Stiftung Autism speaks. Ziel sind 10.000 sequenzierte
Genome von Autisten und nahen Verwandten.
Zwischenfazit: Es gibt bisher mehr als 1000 gefundene Risikogene. Des
Autors Vorschlag zur Nutzung der Genfoschung wäre aktuell,
dass man Kinder von Risikofamilien nach der Geburt
routinemäßig auf Riskiogene untersucht, um dann
frühzeitig mit therapeutischen Maßnahmen beginnen zu
können. Das ist aber noch Zukunftsmusik, denn „Zehn
Jahre Genotypisierungen und genomweiter Assoziationsstudien haben mit
Sicherheit eines gezeigt: Die Genetik des Autismus ist
komplex.“
Wer sich mit diesem Thema wirklich auseinandersetzen möchte,
dem sei dieses Buch als unverzichtbar empfohlen.
#knippers
Ein - nicht sehr aussagekräftiges - Interview mit dem Autoren
finden Sie hier
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Peter
Vermeulen: Autismus als Kontextblindheit
Das neue Buch von Peter Vermeulen ist der
Nachfolger des Buches „Das ist der Titel“. Das
autistische Denken beschäftigt den Autoren schon viele Jahre
und hat ihn zu diesem Buch inspiriert. Dabei betont er
ausdrücklich, dass er damit keine neue Theorie aufstellen
möchte, zeigt aber durchaus die Schwächen bisheriger
Ansätze auf. Um die drei bisherigen
Erklärungsansätze (fehlende Theorie of mind, schwache
zentrale Kohärenz, exekutive Dysfunktion) scheint mir die
Bezeichnung „Kontextblindheit“ eine gute Klammer zu
bilden. „Kontextblindheit ist die mangelnde
Fähigkeit, Kontext unbewusst und spontan zu nutzen, um
Bedeutungen zu bestimmen.“
Man erfährt in diesem Buch sehr viel mehr, als nur
über das autistische Denken. Es erinnert mich ein wenig an Temple Grandins „Ich sehe die Welt
wie ein frohes Tier“, das sich auch viel mit
Autismus beschäftigt, aber darüber hinaus unglaublich
viele spannende Details über Tiere und Biologie
enthält. Das Buch von Vermeulen ist spannend und leicht
verständlich geschrieben und vermittelt sehr viele
Informationen, Untersuchungen und auch kuriose Entdeckungen
über unser Gehirn, über Kommunikation, Wahrnehmung,
Wissen etc.. Z. B. geht es zu Beginn um die Funktionsweisen des nicht
autistischen Gehirns, um die Bedeutung des Kontextes hervorzuheben und
die Kontextblindheit des autistischen Gehirns zu verdeutlichen. Dabei
wird sehr bewusst, wie schwer das Leben mit Kontextblindheit ist.
Botschaft: Nichts hat eine feste Bedeutung und nichts ist absolut
richtig. Alles ist abhängig vom Kontext.
Kontextsensitivität ist wesentlich für die soziale
Interaktion.
Auch bei der Sprache ist der Kontext wichtig: Man erkennt einen Satz
wesentlich schneller, wenn man den Kontext kennt. Menschen mit Autismus
brauchen daher oft länger, einen Satz zu erfassen.
Autisten haben Probleme mit Details, sie können wichtige nicht
von unwichtigen unterscheiden, da sie den Kontext oft nicht erkennen =
Kontextblindheit.
In jedem Fall ist die Idee der Kontextblindheit ein wichtiger neuer
Ansatz, der möglicherweise dazu beiträgt, Verhalten
von Autisten besser zu verstehen und das Lernen von Autisten besser zu
ermöglichen. Es ist wesentlich wichtiger das Leben von
Autisten lebenswerter zu machen, als herauszufinden, welche 130 Gene
zum Entstehen von Autismus beitragen.
Am Ende des Buches gibt es zahlreiche Beispiele, wie Fachleute und
Eltern auf die Kontextblindheit eingehen und damit arbeiten
können, z. B. anders zu formulieren und dabei
Kontexterklärungen einzubinden. Das ist wichtig, um Autisten
zu unterstützen.
Ein Ziel sollte sein: Nicht den Autismus heilen oder behandeln, sondern
die Umwelt autismusfreundlicher gestalten. Ein sehr gutes
empfehlenswertes Fachbuch, das sich auch an Autisten und Eltern wendet.
#vermeulen
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Regine Winkelmann:
Früher war ich falsch ... heute bin ich anders:
Erzählungen einer Autistin
Ein ganz tolles Buch, um eine Autistin besser zu
verstehen. Ehrlich, offen und unendlich viele Erklärungen
für Handlungen und Missverständnisse anbietend, so
dass man als Nichtautist viele Dinge verstehen kann, die uns manchmal
rätselhaft bleiben. Es ist daher auch ein gutes Buch
für Angehörige und Fachleute. Aufgrund des lebhaften
Schreibstils lässt sich das Buch kaum aus der Hand legen. Sehr
nah, gut und verständlich beschreibt die Autorin die
Schwierigkeiten, mit anderen Menschen zu kommunizieren.
Herzerweichend, wenn sie wortlos vor einem Lehrer steht und um Hilfe
gegen Mobbing bitten möchte: "Bitte helfen Sie mir - dachte
ich so laut ich konnte."
Während sie ihre Lebensgeschichte erzählt, gibt es
immer wieder Rückblicke in ihr Leben. Viele Begebenheiten
werden im Nachhinein mit der Diagnose erklär- und für
sie verstehbar. Häufig hätte sie sich eine
„Übersetzungshilfe“ gewünscht.
Sowohl bei Arbeits- als auch bei Überforderungssituationen.
Ihre beeindruckenden Fähigkeiten als Zeichnerin (einige
Beispiele sind im Buch zu finden) und als Musikerin (sie lernt
Instrumente durch ausprobieren und muss die Melodie im Kopf haben...
spielt ohne Noten!) blitzen manchmal durch. Das sie in Bildern denkt,
merkt sie erst durch Bücher von Temple Grandin. Vorher denkt
sie (natürlich), dass alle Menschen so denken wie sie. Die
Übersetzung der Bilder in gesprochenes Wort dauert etwas,
daher kommen Verzögerungen zustande.
Sie beschreibt sehr gut den Unterschied zwischen alleine sein und
Einsamkeit. Einsamkeit schafft keine Entspannung: "Erst wenn er da war,
konnte ich allein sein." Mit Baby im Bauch war sie dann nicht mehr
einsam.
Während sie im letzten Drittel des Buches von ihren Kindern
erzählt, die alle Autisten in verschiedenen
"Ausdünnungsgraden" sind, berichtet sie nicht mehr von ihren
Bedürfnissen. Keiner darf in sie hineinschauen, sie
funktioniert und versucht persönliche Tiefs zu verstecken.
Während sie ihre Kinder versorgt, vergisst sie ihre eigenen
Bedürfnisse - auch Essen und Trinken. Sie beschreibt ihre
Liebe zu den Kindern so schön.
Auch ihre Kinder müssen zur Schule, dabei sind sie ihr doch so
ähnlich und müssen viele Ungerechtigkeiten erleiden.
Mobbing, Schulwechsel - wie so häufig.
Beste Leseempfehlung! Man darf auf eine
Fortsetzung der Lebenserfahrungen von Regine Winkelmann hoffen, denn
das wird für alle Nichtautisten sicher eine Bereicherung sein.
Aktuell ist sie viel auf Lesungen und Vorträgen unterwegs und
propagiert zu recht: "Vor allem sind wir mitwirkungsberechtigt, wenn
Nichtautisten erklären wollen, wie wir Autisten die Welt
verstehen."#regine
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Marlies
Hübner: Verstörungstheorien: Die Memoiren einer
Autistin, gefunden in der Badewanne.
Ich habe das Buch an einem Tag durchgelesen: Was
gibt es für ein besseres Lob? Toll geschrieben,
abwechslungsreich und mit einer Prise Erotik (und damit meine ich
natürlich ausdrücklich nicht die Missbrauchsszenen!).
Die Autorin beschreibt vorrangig ihren Autismus in verschiedenen
Alters- und Bewusstseinsstufen, wechselt gekonnt zwischen den
Erzählzeiten und geht auf jede Nuance des autistischen
Spektrums ein. Dabei ist es ein „autobiografischer
Roman“ – keine Biografie. An einigen Stellen
tauchen dabei Textfragmente aus Blog- oder anderen Texten von ihr auf,
die man wie gute Freunde wiedererkennt.
Was einer Autistin alles passieren kann und wie sie dabei empfindet,
streift alle Facetten des Lebens: Kindergarten, Schule, Ausbildung,
Arbeits- und Liebesleben. Von schrecklich bis amüsant ist
alles dabei. Immer wieder bestürzend, wie vermeintlich
professionelle Helfer (hier vor allem Hausarzt und Bundesagentur
für Arbeit) in der Auswahl der Unterstützung bei
Autisten danebengreifen können.
Wie unterschiedlich Wahrnehmung, Wünsche und Entwicklung im
Liebesleben sein können, wird in diesem Buch deutlich. Solch
handfeste Berichte findet man sonst eher nicht in Bücher zum
Thema Autismus (einzig Dawn Prince-Hughes in
„Heute singe ich mein Leben“
ist mir noch bekannt). Die Grenzen bzw. besonderen Anforderungen an
eine Partnerschaft werden klar.
Das Buch schildert den Weg eines Mädchens und später
einer jungen Frau ohne Autismus-Diagnose auf den Irrwegen der
Kommunikation in einer kommunikationsintensiven Welt. Die anderen
Kinder im Kindergarten „können Mensch“
– als Autistin muss sie alles mühsam und
missverständlich lernen. Das Selbstbewusstsein ist im Keller,
kein Wunder. Die Autismusdiagnose mit 23 Jahren ändert das
erst einmal nicht, macht aber vieles im Rückblick
verständlich und generiert langsam eine neue,
persönliche Stärke – für
vermeintliche Schwächen gibt es nun eine plausible
Erklärung und neue Umgangsmöglichkeiten.
Ein beeindruckendes Erstlingswerk, das unaufgeregt und umfangreich ein
Bild von Autismus vermittelt, damit Nichtautisten nun besser Autismus
verstehen können. Klasse!#robo
Weiterer sehr guter autobiografischer Roman: Dietmar Zöller:
Kathrin
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Gee
Vero: Autismus - (m)eine andere Wahrnehmung
Nicht nur, weil ich die Autorin
persönlich kenne und Ihre Vorträge
großartig sind, sondern weil ich selbst Vater eines jungen
Mannes mit Autismus bin und ich mich ehrenamtlich sehr für das
Thema Autismus engagiere, habe ich dieses Buch gekauft und gelesen, ich
kann es nur empfehlen, weil es neben der Welt von Gee Vero und ihrem
Sohn auch eine große Menge Hintergrundinformationen liefert,
die für das Gesamtverständnis der Thematik eine
große Rolle spielen, dieses Buch kann ich "Einsteigern" und
auch "Fortgeschrittenen" empfehlen und es macht Mut!
Es sind nicht nur Informationen über die Hintergründe
zu finden, es sind keine wissenschaftlichen Erklärungen in
einer Form, die sich - wie in einigen anderen Büchern, die ich
gelesen habe - dem Leser nicht erschließen, es sind Beispiele
aus dem tatsächlichen Erleben, die daher ausgesprochen
nachvollziehbar und verständlich sind. Aber nicht nur diese
Erklärungen und Zusammenhänge, die hier dargestellt
werden, machen dieses Buch lesenswert, ja nicht nur lesenswert sondern
wertvoll. Es sind die Möglichkeiten, die Anregungen und Hilfen
beim Zusammensein, beim Umgang mit autistischen Menschen, die den Wert
ausmachen.
Gee Vero ist eine mutige Frau, die uns mit diesem Buch an Ihrem Leben
und Erleben teilhaben lässt und die nicht zuletzt durch ihr
großartiges Kunstprojekt "The Art of Inclusion" eine
wunderbare Idee in die Wirklichkeit umgesetzt hat mit der sie etwas
Einzigartiges geschaffen hat, was lebt und wächst und Mut
macht, so wie ihr Buch.
Ein Muss für alle, die das Thema Autismus interessiert. Direktbestellung
Rezension: Torsten Hansen, www.elternzentrum-berlin.de #vero
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Ina
Blodig:
Hochfunktionale Autisten im Beruf: Navigationshilfen durch die
Arbeitswelt
Ein wirklich gelungenes Buch mit Handreichungen
für alle, die sich mit Autismus und Arbeit
beschäftigen. Schon das Buch zum Projekt MAASarbeit war sehr
gut, hier wird nun alles pointiert, auf das Wesentliche reduziert und
es geht um die Sache, nicht um wissenschaftliches Feintuning. Wie
bringt man Autisten in Arbeit – oder besser noch: Wie bringen
sich Autisten selbst in Arbeit. Das Buch richtet sich in der
Schreibweise an Autisten, spricht sie direkt an. Richtig so! Experten
für sich sind die Autisten selbst. Jeder mit der
persönlichen Individualität. Deshalb ist als
Unterstützung individuelles Coaching/ Jobcoaching das Mittel
der Wahl. Viele Fragen werden aufgeworfen, mit denen sich jeder
beschäftigen sollte und es werden
Unterstützungsmöglichkeiten aufgeführt die
hilfreich sein können. Wichtig immer wieder: Selbstreflexion,
die eigene Person kennenlernen, Reizüberforderungen erkennen
und die Ursachen einschränken oder vermeiden. Der Weg zur
Festanstellung ist schwer, aber er lohnt, um sich entfalten und das
Leben selbst gestalten zu können.
Das Buch ist sehr gut gegliedert und beginnt mit den
Bewerbungsunterlagen. Hier verwendet die Autorin Hesse/ Schrader als
Standard. Danke, denn so ist es auf dem Arbeitsmarkt.
Kreativität gern bei kreativen Berufen, aber ansonsten bitte
schnörkellos.
Jeder Unterpunkt wird durch Erfahrungsberichte von AutistInnen
bereichert und dadurch direkt in der Praxis beschrieben. Auch
Fördermöglichkeiten sind Thema – aber
dafür sollten Fachleute da sein, die durch diesen Dschungel
führen, daher ist dieser Teil nur kurz. Dafür geht es
um Arbeitsplatzsuche, Arbeitsaufnahme mit den Tücken der
ersten Tage, Meetings, Mobbing, Betriebsausflüge und Pausen/
Freizeit/ Urlaub. An jeden Aspekt des Arbeitslebens wird gedacht.
Schön: Strategien für einen entspannten
Arbeitsalltag. „Bewusst Rosinen essen“ hat mir gut
gefallen.
Die Anlagen mit Musterbewerbungen und der „Checkliste durch
die Arbeitswelt“ sind eine schöne Ergänzung.
Für Autisten aber auch für Fachleute ein wichtiges
Buch: So soll die Arbeit mit der Arbeitsaufnahme von autistischen
Menschen zukünftig gestaltet werden. Ich bin auch in diesem
Bereich tätig und freue mich, dass wir es genauso machen, wie
in diesem Buch beschrieben. #blodig Direktbestellung
Auch lesen: Kyra
Müller: Autismus und Arbeit
John
Elder Robison: Schau
mich an!
Temple
Grandin: Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier
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Josef
Schovanec: Durch den Wind. Savant und Autist: Ein einzigartiges Zeugnis.
Was für ein einzigartiges Buch: Feinsinnig, intelligent,
ironisch, bissig und doch lustig und anregend. Schovanec hat einen
einmaligen Schreibstil, der jede Seite zum Erlebnis macht. Dabei stellt
er seine Fähigkeiten in keiner Weise in den Mittelpunkt,
sondern nutzt sie, um dem Leser einen tiefen Einblick in den Umgang mit
Autismus in Frankreich zu geben, seinen Autismus zu beschreiben und
viele Therapien und Medikamente zu entlarven. Dabei hält er
den Nichtautisten regelmäßig einen häufig
durchaus komischen Spiegel vor.
In der Schulzeit verzweifeln Lehrer ihm. Danach bewegt er sich zwischen
Genie und Lebensunfähigkeit, besucht eine
Elite-Universität und lernt zahlreiche Sprachen. Vorrangig
eher exotische Sprachen – denn diese Kurse sind meist wenig
besucht. Die Versuche, sich behandeln zu lassen, kosten ihn viel Geld,
seine Gesundheit und Lebenszeit – die Diagnose Autismus ist
eine Erlösung. Er entdeckt währenddessen durchaus das
„humoristische Potential“ der Psychoanalyse und
führt auch bekannte Protagonisten regelrecht vor.
Was ist schon „normal“? Von Faust bis Rosemary
Kennedy gehen seine Gedanken dazu. Außerdem wäre ein
Autist in anderen Ländern sicherlich eher unauffällig
– bis hin zu Musterschülern in buddhistischen
Klöstern.
So viel schlauer Text! Natürlich auch über Autisten,
die Helfer- und Forscherszene (wo trifft man sicher keine Autisten? Bei
einem Kongress über Autismus).
Dieses Buch sei jedem empfohlen, der ein tiefgründiges Werk zu
einem spannenden Thema lesen möchte. Erheiterungen kommen
nicht zu kurz.
In Frankreich ist Schovanec eine bekannte Persönlichkeit,
häufig in Funk und Fernsehen als Fachmann für
Autismus (auch wenn er von seinen Fähigkeiten nicht wirklich
überzeugt ist). #schovanec
Bestellung über www.spheres.cc
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Brita
Schirmer, Tatjana Alexander: Leben mit einem Kind im Autismus-Spektrum
Das Buch erfüllt ein ganz wichtiges
Anliegen: Informationen für Eltern, deren Kinder eine
Autismus-Diagnose erhalten haben. Erstaunlich, wie allein Eltern danach
häufig gelassen werden.
Nachdem zu Beginn des Buchs eine kurze Einführung zum Autismus
mit neusten Erkenntnissen gegeben und auch die Diagnostik beschrieben
wird, geht es erst einmal um die Eltern. Heutige Eltern sind ziemlich
allein mit der Erziehung und ohne Erfahrungshintergrund, den
große Familienverbünde oder Dorfgemeinschaften
früher gebildet haben. Es tut gut, das mal knackig
zusammengefasst auf wenigen Seiten vor Augen geführt zu
bekommen. Auch die Paar- und Beziehungsebene wird offen angesprochen:
Sehr wichtig für jedes Elternpaar mit einem besonderen Kind.
Selbst wenn das Paar die Herausforderung aushält, geht es mit
einem völlig anderen Ablöseprozess der Kinder weiter,
der sich gänzlich anders gestaltet, als bei
„normalen“ Kindern.
Zahlreiche Interviews mit Eltern bilden den Kern des Buches. Ehrliche,
klare Interviews. Es werden gezielt Fragen gestellt, es bleibt nicht
bei Selbstdarstellungen, wie man sie oft in Büchern von
Müttern findet. Hilfreich ist sicherlich, dass die Autorin die
InterviewpartnerInnen häufig schon viele Jahre kennt. Die
Interviews sind für andere Eltern mit
„frischer“ Diagnose ganz sicher hilfreich, zumal
sie diese Situation aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten.
Für mich war dabei auffällig, dass alle Eltern ihr
Leben als wesentlich intensiver beschrieben haben, als ohne Kind mit
Behinderung. Durchaus im positiven Sinne, auch wenn es eine Berg- und
Talfahrt ist. Die Menschen wachsen an schwerwiegenden Lebensereignissen
(„postraumatic groth“) – wenn auch
ungewollt.
Sehr professionell ist für dieses Buch, dass die Interviews
nicht einfach stehen gelassen werden, sondern eine Auswertung und
Zusammenfassung durch eine qualitative Textanalyse erfolgt. Ein sehr
wertvoller Buchteil, der die Gemeinsamkeiten, den „Schatz an
Erfahrungen“ herausarbeitet.
Im Literaturverzeichnis sind vor allem
Bücher von Fachautoren genannt, nicht von Autisten. Eltern,
die eine frische Diagnose erhalten haben, sollten Bücher von
Autisten als nächstes lesen, um deren Sicht kennenzulernen.
Beides zusammen verspricht die richtige Grundlage, einen
„intensiven Lebensabschnitt“ zu meistern. #schirmer
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Christine
Preißmann: Glück und Lebenszufriedenheit
für Menschen mit Autismus
Zu Beginn gibt die Autorin einen
Überblick über die aktuelle Glücksforschung.
Den Unterschied zwischen Glück (kurz und schnell) und
Zufriedenheit (langfristig) ist dabei interessant. Aus der Forschung
leiten sich dann tatsächlich Tipps ab, wie man selbst
glücklicher werden kann. Zwar keine Überraschungen
dabei, aber sicherlich trotzdem hilfreich.
Der zentrale Bestandteil des Buches sind Beschreibungen von Autisten
über das, was für sie Glück bedeutet. Diese
zahlreichen Berichte sind spannend zu lesen. Häufig gehen die
Beiträge in Lebensberichte über.
Lebensentwürfe, Ziele, Wünsche und Ideen von Autisten
kommen dabei zur Sprache. Sehr unterschiedlich, authentisch und
abwechslungsreich. Allein für diese zahlreichen
Beiträge autistischer Menschen und die Einblicke in deren
Biografien ist die Lektüre sehr lohnenswert.
Als wesentlicher Faktor, der das Glücksempfinden bei Autisten
beeinflusst, wird Stress herausgearbeitet, beziehungsweise die
notwendige Vermeidung von Stress. Möglichkeiten für
die Vermeidung von Stress werden daher intensiv thematisiert.
Wichtig für ein glückliches Lebensgefühl
werden auch soziale Kontakte und der Umgang mit Emotionen bewertet.
Daneben kann Proedukation das Glücksgefühl
fördern, da Autisten dadurch Kenntnisse über den
eigenen Autismus erlangen und sich besser kennenlernen.
Anschließend gelingt es ihnen besser, auf Entlastung und
Stressvermeidungen zu achten, was beides zur Entspannung
beiträgt.
Die Autorin wirft in diesem Zusammenhang eine interessante Frage auf:
Kann die Diagnose an sich eine Grundlage für das
Glücklichsein sein? Die Frage wird bejaht, da es die
Erkenntnis über den eigenen Autismus fördert. Hier
muss natürlich jeder Autist seine eigene Antwort finden.
Dass die Schauspielerei als Möglichkeit
genannt wird, um Glück zu empfinden ist interessant
– denn Schauspielerei bedeutet natürlich auch
Stress. Jeder nimmt das anders war, deshalb kann es
möglicherweise einigen sehr helfen, während es
für andere keine relevante Idee ist.
Ergebnis des Buches: Glück ist schwer zu
definieren und sollte mehr als die Abwesenheit von
Unglücklichsein bedeuten. Als Anregung für Freunde
und Verwandte: Man könnte autistische Menschen oft fragen, ob
sie aktuell glücklich sind oder was die Person
möglicherweise stört. So ist man nicht auf Deutungen
angewiesen. #glueck Direktbestellung
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Klara
Westhoff: In Felix Veritas
Das „Tagebuch einer
Asperger-Mutter“ ist tatsächlich ein Tagebuch. Der
ganze Weg von der Geburt bis kurz vor dem Abitur wird beschrieben. Was
für eine Geschichte! Ein Bericht über die
verschiedenen Stadien der Diagnostik zu Beginn, und vor allem
über Ämter und die Kämpfe mit den
Institutionen. Hier wird mit so manchem Seitenhieb über deren
Vorgehensweisen nicht gespart, was verständlich ist bei dem
dadurch entstandenen Frust und den finanziellen Nachteilen. Der
unbändige Wille, sich gegen die Behörden
durchzusetzen, ist beeindruckend. Der „Weg durch die
Instanzen“ ist mühsam und leider nicht immer von
Erfolg gekrönt. Die Mutter hat oft das Gefühl, das
hinter den Kulissen gemauschelt und abgestimmt wird,
„Amtsstubenspielereien“, es werden Daten
weitergegeben, was am Ende sogar zu einem Verfahren wegen Verdacht auf
Kindeswohlgefährdung führt. Das war
gefährlich. Klagen, Briefe an Ämter – alles
ist im Tagebuch dabei.
Während der Schulzeit wird die Schulbegleitung zum
Lotteriespiel – man gewinnt leider selten.
Mobbinggeschichten, Unverständnis der Lehrkräfte und
Mitschüler – wie so oft. Das dann die Mutter in der
Not selbst zur Schulbegleiterin wird, kommt überraschend. Da
hätte ich gern mehr drüber gelesen. Mit wenigen
Sätzen werden ein Hausbau und die dadurch entstehenden
Veränderungen erwähnt. Die Doppelbelastung
dürfte an jede psychische Grenze gegangen sein.
Das ein Schulabschluss erreicht wird, ist sicher nicht das Verdienst
der Behörden, sondern der Mutter (oder Eltern? Der Vater
findet kaum Erwähnung).
Durch den chronologischen Aufbau des umfangreichen Tagesbuchs (290
Seiten) fehlen manchmal Erläuterungen zwischendurch, wenn
wenig Zeit zum Schreiben blieb. Auch ein Inhaltsverzeichnis und ein
ehrliches Lektorat hätten dem Buch gutgetan. Trotzdem eine
Leseempfehlung für alle, die es mal genauer wissen
möchten, wie es denn so ist mit einem Asperger-Kind.
Warum das Buch kurz vor dem Abitur endet, ist nicht
überliefert. Gibt es ein Happyend? Man weiß es
nicht, aber eine Fortsetzung ist gewiss, denn nach dem Schulabschluss
geht es ins Berufsleben und da warten ganz ähnliche Aufgaben
auf die Autorin. Dann heißt der Protagonist vielleicht Felix,
denn im Vorwort wird von „meinem Sohn Felix“
geschrieben, während das ganze Buch von Justus handelt. #felix
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Eva
Daniels: Geliebter
Fremder. Wie Frauen ihren Asperger-Mann lieben und verstehen
Eine neue und gute Buchidee: Wie kann frau mit
einem Asperger-Mann zusammenleben? Ohne zuviel zu verraten: Es ist
etwas für starke und reflektierte Frauen sowie
Männer, die ihre Diagnose verstehen und bereit sind, gemeinsam
zu lernen.
Das Buch will kein Fachbuch sein und stellt Erfahrungen von Frauen in
den Vordergrund. Es beginnt wie ein Liebesroman, so dass
Männer versucht sind, den Deckel gleich wieder zuzuklappen.
Dass es für Frauen geschrieben wurde, verrät die
Autorin auch gleich zu Beginn, wobei AS-Männer und andere
Interessierte durchaus viel Neues erfahren. Durch beschriebene
Lebenssituationen liest sich das Buch sehr praktisch und lässt
vieles gut nachvollziehen.
Das AS-Partner ihre Zuneigung anders zeigen, darf erwartet werden, dass
Frauen es damit nicht leicht haben, auch. Frauen müssen sich
demnach dringend Ausgleiche suchen, damit sie nicht
„unterversorgt“ sind. Das kann gelten für
lange Gespräche, soziales Miteinander, Spontaneität
und z. B. Flexibilität.
Kommunikationsprobleme sind das vorherrschende Thema einer
AS/NT-Beziehung. Die Beispiele im Buch dazu sind sehr gut
gewählt. Wichtig ist immer zu wissen, dass ein AS-Mann
niemandes Gefühle verletzten möchte – auch
wenn es manchmal schwer zu glauben scheint. Die gemeinsame Sprache
eines Paares nennt die Autorin daher auch "aspergisch" oder "Lingua
Logicorum".
Am Ende des Buches werden die Stufen einer AS/ NT-Beziehung sehr
schön als Kulturveränderung, als Umgang mit einem
Kulturschock zusammengefasst. Die "sieben Phasen des Kulturschocks"
beschreiben ausgezeichnet den Ablauf des Gefühlslebens
für eine NT-Frau in einer solchen Beziehung.
Final wird dann noch der MIBF-Test erläutert, damit jeder sich
ein Bild von seinen eigenen Charaktereigenschaften machen kann.
Insgesamt ein tolles Buch für Frauen mit AS-Partner, aber auch
für alle Menschen, die ein Zusammenleben mit
AS-Männern erleichtern möchten. Das Fazit ist, dass
ein Zusammenleben mit einem AS-Mann nicht leicht ist, einer Frau aber
auch sehr viele einzigartige Momente und Erlebnisse gewiss sind, die es
mit NT-Männern so nur selten gibt.
Nun warten wir auf ein entsprechendes Buch über
Asperger-Frauen. #geliebterfremder
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Hugo
Horiot: Der König bin
ich
Ein französisches Buch, geschrieben von
einem Autisten und auf Deutsch übersetzt: Nach meiner Kenntnis
bisher einmalig. Hugos Autismus wurde früher schon von seiner
Mutter, der französischen Schriftstellerin Francoise Lefevre
beschrieben, nun schreibt er selbst ein ganz besonderes Buch.
Mit vier Jahren spricht Julian noch nicht. Bewusst, und nur manchmal
rutscht ihm ein Wort heraus. Er beschreibt im Rückblick sehr
genau, warum er nicht spricht, sich auf den Boden wirft, schreit und
durchdreht. Er begründet viele seiner Verhaltensweisen in
einer nie dagewesenen Art und Plausibilität. Hier
können Fachleute eine Idee bekommen, welche
Hintergründe bei diesem Verhalten vorliegen können.
Mit sechs Jahren bringt er den nicht sprechenden Julian um und nennt
sich fortan Hugo, da er merkt, dass es anders nicht mehr geht. Er will
seinen Autismus verdammen, kämpft mit ihm: Sehr beeindruckend,
wie er diesen Kampf immer wieder dargestellt.
Er leidet in der Schulzeit, verachtet seine Klassenkameraden und
lässt sich doch zum Klassensprecher wählen. Mit einer
ausgeklügelten Kampagne, die er der Politik abgeschaut hat. Er
wird gemobbt, hasst sich selbst, fliegt von der Schule. Fast schon das
Übliche für einen Autisten im Schulsystem, muss man
leider sagen.
Er vergleicht die Therapien für Autisten (in Frankreich) mit
Guantanamo. Vergleichbares gibt es aber durchaus auch in Deutschland.
Umso mehr man von Innenansichten der Autisten erfährt, desto
abstoßender werden bisherige und immer noch
gebräuchliche Therapiemethoden.
Das Buch endet mit einem dramatischen Schlusswort der Mutter, die
regelrecht geschockt ist von den Erkenntnissen und Berichten ihres
Sohnes und nun viel aus den letzten 30 Jahren deuten kann.
Dieses Buch von Huriot ist in jedem Fall ein ganz
besonderes Buch, das jedem Interessierten empfohlen sei. #huriot
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Inci Auth:
„Sind die Knöpfe spitz?“ Ein
Erfahrungsbericht über das Leben mit meinem herzkranken,
autistischen Kind
“Inci Auth schreibt in Ihrem
Erfahrungsbericht auf eindrucksvolle und gleichermaßen
sensible Art und Weise über ihr Leben mit ihrem herzkranken
und autistischen Sohn Dennis, über die oft mühsame
Bewältigung des „ganz normalen“ Alltags
und die Hürden, die beide täglich zu
bewältigen haben.
Schicksalsschläge wechseln sich mit Hoffnungsschimmern ab,
Erwartungen weichen Rückschlägen. Und dennoch: Stets
siegen Hoffnung, Zuversicht, Mut und unerschütterliches
Gottvertrauen.
Die Autorin verwendet eine prägnante und
gefühlsstarke Schreibweise und versteht es vortrefflich, ihre
Erlebnisse für den Leser nachvollziehbar in Worte zu fassen
und in eine „etwas andere Welt“ eintauchen zu
lassen. Auf diese Weise erhält er einen eindrucksvollen
Einblick in das Leben einer „starken“ Mutter und
ihres „besonderen“ Sohnes.
Sie beschreibt die besondere sensible Wahrnehmung der
Außenwelt ihres Sohnes authentisch. So authentisch, dass ich
mich, selbst vom Asperger-Syndrom betroffen, in vielen Episoden an
meine Kindheit und teils immer noch an meine Jetztzeit erinnert
fühlte. Es schien zeitweise, ich blickte nicht nur auf eine
Buchseite – sondern auch in einen Spiegel.
Inci Auth ist es eindrucksvoll gelungen, mit „Sind die
Knöpfe spitz?“ eine literarische Brücke
zwischen einem ernsten und zuweilen betroffen machenden Thema und einer
„spannenden“ Lektüre zu schlagen.
Nicht nur Betroffene und deren Angehörige profitieren von
diesem Buch. Auch Menschen, die erfahren möchten, warum
Knöpfe auch spitz sein können, empfehle ich diesen
packenden Lesestoff.”
(Rezension: Rolf Piotrowski, Heilpraktiker für Psychotherapie)
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Daniela
Schreiter: Schattenspringer 2. Per Anhalter durch die Pubertät
Endlich der zweite Teil! Wie gut, das ich den
ersten Teil erst vor kurzem gelesen hatte, so konnte ich quasi gleich
weiterlesen. Das erste Werk hatte ich als "das am besten lesbare
Fachbuch" gelobt - Schattenspringer 2 schließt da nahtlos an.
Ein grandioses Buch, um die Welt von Menschen mit dem Asperger-Syndrom
besser verstehen zu lernen. Natürlich ist jeder Autist anders,
aber auch in diesem Teil werden ganz viele Gefühle und
Empfindungen von Autisten so schön verdeutlicht, dass man
keinen Fehler machen kann, diese zu kennen.
Die Pubertät ist ohnehin eine schwierige Zeit für
alle Menschen, die sich damit aus der Kindheit verabschieden
müssen - ein Wirbelsturm der Gefühle. Für
Asperger-Autisten ist das mindestens doppelt so schwer. Und Daniela
Schreiter kann sich mit den Bildern so klar und liebevoll
ausdrücken - einfach herrlich. Eines meiner Lieblingsbilder
ist, wie sie als Loreley lange Zeit („Spinnweben“)
auf den nächsten Prinzen wartet und auf einem kleinen Schild
„free W-LAN“ als Zugabe zur Loreley geschrieben
steht (S. 98). Für die zahlreichen Details muss man das Buch
mindestens zweimal lesen (z. B. Kirsche statt Apple).
Ein absolut gelungener Nachfolger des erfolgreichen Erstlingswerkes und
das Beste daran: Es wird noch einen weiteren Band geben. Da muss ich
nun leider etwas länger drauf warten, aber zur Vorfreude werde
ich die beiden bisherigen Bücher öfter lesen,
verleihen und verschenken. Danke für dieses erneute, einfach
zu lesende Fachbuch.#Schattenspringer02
Direktbestellung
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Irmhild Rogalla: Gehörlose
in Arbeit und Beruf
Die Autorin beschäftigt sich mit einem
kaum untersuchten Bereich. Erstaunlich, dass es nur wenig Literatur zum
Thema „Gehörlose und Arbeit“ gibt. Umso
verdienstvoller ist dieses knapp 100 Seiten starke Büchlein.
Die gesamte Bandbreite der Thematik wird klar strukturiert
abgearbeitet: Zahlen, Fallberichte,
Fördermöglichkeiten.
Dabei ist es wirklich erstaunlich, wie schlecht die Datenlage in diesem
Bereich ist. Eine klare Aussage über die Arbeitslosigkeit in
dieser Zielgruppe ist nicht gesichert möglich. Erhellend sind
daher die Fallberichte: Es geht hier häufig um die
Meisterausbildung, in der die Schwierigkeiten und Bedarfe deutlich
herausgearbeitet werden.
Neben der Bestandsanalyse aller Fakten werden auch die
Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Dies ist insbesondere
für Menschen hilfreich, die zukünftig eine
Ausbildung/ Qualifikation anstreben. Häufig werden Mittel
nicht beantragt, da man keine Kenntnis von den Möglichkeiten
hat.
Die Angebote von Weiterbildungsträgern an Qualifikationskursen
ist allerdings ausgesprochen gering, es müssen in der Regel
immer individuelle Lösungen gesucht und entwickelt werden.
Fazit: Endlich mal ein Überblick in diesem Bereich –
allerdings wird vor allem deutlich, welche enormen Lücken es
hier gibt. Es gibt viel zu tun. #rogalla
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Monika Lang
(Hrsg.): MAASarbeit. Barrierefreiheit auf dem Weg in die Arbeitswelt
für Menschen aus dem Autismusspektrum
„Autismus und
Arbeit“ wird zwar immer aktueller und ist auch in vielen
Foren Thema - bisher gab es dazu aber nur wenig Literatur. Insofern
kommt der Projektbericht von MAASarbeit zu einem guten Zeitpunkt
heraus. Das Projekt zur Arbeitsintegration lief über 3 Jahre
in Hessen und war vielschichtig angelegt: Beratung, Information,
Lobbyarbeit und vor allem individuelle Arbeit mit den Teilnehmenden
(MAASarbeit = Menschen mit hochfunktionalen Autismus und
Asperger-Syndrom).
Der Bericht beginnt mit der Einordnung des Projekts in die aktuellen
Rahmenbedingungen von Diagnostiken, Forschung,
Förderprogrammen und der Inklusionsdebatte. Der
Überblick über die
Fördermöglichkeiten und die weiterführenden
Links sind für kommende Projekte sicherlich hilfreich. Auch
die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt werden gut dargestellt
- denn zwischen BvB, UB, klassischer Ausbildung und Studium kann man
schnell den Überblick verlieren. "Der verriegelte Zugang zum
ersten Arbeitsmarkt" ist eine passende Formulierung. Benötigt
werden "soziale Dolmetscher" bei der Akquise, den
Vorstellungsgesprächen und dem gesamten Bewebungsverfahren.
Eine Beschreibung der Unterstützungsbedarfe wird detailliert
geliefert. Das Projekt stellt ein "flächendeckendes Versagen"
des Systems im Bereich der begleitenden Hilfen fest und zeigt
Notwendigkeiten konstruktiv auf.
Die ausführlichen Konzepterläuterungen sowie
zahlreiche Fallbeispiele am Ende des Buches machen das Projekt greifbar
und gut verständlich. Die beste Anleitung für
ähnliche Ideen. Ergänzt wird das Buch mit einer CD,
die Arbeitsmaterial enthält, das weiter verwendet werden darf.
Aktuell das wichtigste Buch zum Thema Arbeit und Autismus und
Wegweisend für neue Projekte in diesem Bereich.
Tatsächlich gibt es wenige ähnliche Projekte in
Deutschland, die durch die vorliegenden Ergebnisse bestätigt
werden. Alle die sich mit dem Thema „Autismus und
Arbeit“ beschäftigen, sei dieses Buch
wärmstens empfohlen.
Etwas unklar ist das Coverfoto für mich. Die Autoscooter
hätten zumindest farblich sortiert sein sollen.
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Melanie
Matzies-Köhler: Sozialtraining für Menschen im
Autismus-Spektrum. Ein Praxisbuch
Nun in der 2. Auflage: Erstmalig in Deutschland
werden verschiedene Formen des Sozialtrainings für Autisten
übersichtlich vorstellt. Dabei wird schon im
ausführlichen Vorwort von Krüger darauf hingewiesen,
dass jedes Programm sehr sorgfältig und individuell
ausgewählt werden muss. Es ist eine große
Verantwortung, das jeweils richtige Programm auszusuchen. Daher weist
auch die Autorin darauf hin, dass nach Möglichkeit die Person
selbst die entsprechenden Bereiche benennen sollte. Es ist dabei immer
wichtig, sich auf vorhandene Fähigkeiten und Potenziale zu
konzentrieren und diese zu berücksichtigen.
Zahlreiche Methoden, Kursbeispiele und Trainings werden vorgestellt.
Unter anderem wird viel auf die Social Stories nach Carol Gray
eingegangen - hier hätte ich mir allerdings auch ein paar
grafische Beispiele gewünscht.
Das Buch ist ganz sicher hilfreich und wichtig für Menschen,
die mit Autisten arbeiten. Es werden auch Hinweise zu Büchern,
Filmen, DVDs, und Software gegeben, die man gut in Sozialtrainings
einsetzen kann, bzw. die für das Verständnis der
Zielgruppe hilfreich sind.
Detailliert und ausführlich wird auf den
Verlauf und die Inhalte einer Sozialgruppe in Berlin eingegangen. Dabei
werden die verschiedenen eingesetzten Methoden gut und plastisch
vorgestellt. Ehrlich werden die Effekte, Möglichkeiten aber
auch Grenzen diskutiert.
Erfahrungsberichte von Teilnehmenden sind eine schöne
Ergänzung der Berichte. Hier wird besonders deutlich, wie
wichtig der Kontakt in der Gruppe mit anderen Autisten ist: Gerade
Jüngere merken dabei, dass sie mit ihrer Sicht auf die Welt
nicht allein sind.
Final wird auf die Übertragbarkeit der Gruppenarbeit in den
Alltag eingegangen.
In jedem Fall ein wichtiges Buch für alle
in diesem Arbeitsgebiet, aber auch für Eltern, die sich mit
verschiedenen Möglichkeiten des Sozialtrainings
beschäftigen möchten.
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Arnold Pollak: Auf den Spuren Hans
Aspergers
Ein interessantes und spannendes Büchlein
zu Hans Asperger. Es wurde anlässlich eines Symposions an der
Wiener Universitätsklinik herausgegeben, an der Hans Asperger
tätig war. Das Buch gibt interessante Einblicke von
verschiedenen Autoren in seine Arbeit und Person. Ein wichtiger Teil
ist dabei die Überprüfung, ob Asperger
während der NS-Zeit Unrecht begangen hat. Zusammenfassend kann
man sagen: Nein.
Gespannt war ich auf die Ausführungen seiner Tochter, die aber
nicht sehr persönlich geworden sind. Deutlich und sehr
nachvollziehbar widerspricht sie der Vermutung, dass ihr Vater selbst
Asperger-Autist gewesen sei.
Die Beiträge von Lorna Wing und F. Happe sind leider auf
Englisch. Das finde ich sehr schade, auch wenn das
möglicherweise für eine wissenschaftliche
Veröffentlichung üblich ist. Trotzdem bedeutet das
für mich einen Stern Abzug (Hier gibt es beide Artikel
übersetzt.)
Interessant ist auch die Studie von Hippler, in der Erwachsene, die von
Asperger und Kollegen diagnostiziert wurden, später erneut
untersucht werden. Das Ergebnis verrate ich hier natürlich
nicht.
Klare Leseempfehlung, insbesondere für
alle die sich mit Asperger auseinandersetzen möchten, ein sehr
wichtiges Buch. Und in jedem Fall interessant, über den
Namensgeber des Asperger-Syndroms mehr zu erfahren.
Abschließend ein Satz von Hans Asperger von 1960:
„Ja es scheint fast, als wäre, für
bestimmte wissenschaftliche, auch künstlerische
Tätigkeiten, ein Schuss Autismus, eine 'Abgestelltheit'
gegenüber der Welt von Nöten! Daraus kann eine
unbeirrbare Schlagkraft kommen, welche diese Menschen den 'Normalen'
durchaus überlegen macht.“ (S. 41). #pollak
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Melanie
Eberhardt: Autismus und Sprache. Wörter, Sätze und
Gespräche verstehen
Autismus und Sprache ist ein ganz besonders
spannendes Thema. Der Titel und das Cover dieses Buches suggerieren
dabei ein allgemeinverständliches Werk, aber das ist es eher
nicht. Es handelt sich bei der Veröffentlichung um eine
komplexe und interessante Dissertation, die das Thema "Autismus und
Sprache" in aller Ausführlichkeit und Vollständigkeit
behandelt (deshalb hätte der Titel eigentlich eineinhalb
Sätze lang sein müssen mit noch längerem
Untertitel. Für Forscher ist der Titel zu trivial).
In der Dissertation geht es um das Kernkriterium der Diagnostik: Die
Sprache. Auf über 300 Seiten setzt sich das Buch mit diesem
Thema in allen Details auseinander. Interessant ist die Dissertation
deshalb vor allem für Autismus- und Sprachforscher.
Nach der Vorstellung des aktuellen Forschungsstands und der
Untersuchungsanordnung, werden verschiedene Experimente inklusive aller
Ergebnisse, Tabellen und Grafiken im Detail vorgestellt. Eine
beeindruckende Arbeit.
Bei dieser Komplexität kann ich kaum ins
Detail gehen. Im Wesentlichen wird weitere Forschung in diesem Bereich
als wichtig erachtet und bekannte Theorien zumindest in Zweifel
gezogen. Das ist eine gute Grundlage für weitere
Entwicklungen. Es wird aber auch deutlich, dass man Autisten eben nicht
verallgemeinern kann und der mittlerweile etwas abgedroschene Satz
"Kennst Du einen Autisten, kennst du genau einen Autisten" auch durch
diese Untersuchung bestätigt wird. So einfach ist die Arbeit
natürlich nicht auf den Punkt zu bringen.
Es ist eine herausragende Dissertation, die in kommenden
Fachbüchern sicher regelmäßig zitiert
werden wird. Daher volle Stern-Zahl für das Buch - immer mit
Hinweis auf die besondere Zielgruppe der Forschenden.#sprach
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Dagmar Eiken-Lüchau: Mia -
meine ganz besondere Freundin
Wie erklärt man Kindergartenkindern
Autismus? Eigentlich gar nicht, denn man versucht die autistischen
Verhaltensweisen für Kinder verständlich zu machen.
Genau das gelingt Dagmar Eiken-Lüchau in ihrem
wunderschön illustrierten Kinderbuch: Sie benutzt das Wort
Autismus überhaupt nicht. Trotzdem erschafft sie eine
Geschichte, durch die Kinder die Andersartigkeit verstehen und damit
umgehen können. In diesem Fall geht es um eine nichtsprechende
Autistin. Ein wunderbarer Beitrag zur Inklusion. Toll gemacht und
für alle Kindergärten empfohlen.
Die Erlöse des Buches dienen der Unterstützung von
Mia – denn die gibt es wirklich. #mia
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Ilse
Gretenkord: Fanti, das kleine Schlitzohr. Leben mit einem autistischen
Kleinkind
Ein sehr intensives und persönliches Buch
über die ersten vier Lebensjahre einer frühkindlichen
Autistin. Die Umstände allein sind schon eine Geschichte wert:
Die Tochter zieht das Kind allein auf und hat eine Mutter, die
jahrelang Psychologie unterrichtet hat. Ihr fällt das
ungewöhnliche Verhalten der Enkelin auf, bis sie ganz
plötzlich versteht: Alles deutet auf Autismus hin. Die
Diagnose wird gestellt und fortan unterstützt sie ihre Tochter
und die Enkelin wo sie kann. So hat sie sich ihr Rentnerinnendasein
eher nicht vorgestellt, nimmt die Herausforderung aber mit viel Elan an.
Ilse Gretenkord beschreibt die täglichen Herausforderungen mit
Liebe zum Detail: Wie die kleine Marie immer das Gleiche im Supermarkt
einkaufen will, sich komplizierte Wege merkt und Rituale einfordert.
Sie kann so viel, punktuell viel mehr als nichtautistische Kinder,
findet Schlüssel, um wegzulaufen ist immer ideenreich -
spricht aber nicht. Sie scheint ein anders Verständnis der
Welt zu entwickeln, als wir es haben. Dabei leidet sie nicht unter
ihrer Behinderung, ist oft fröhlich und lacht. Sie kommt nicht
in den Kindergarten, es müsste ständig jemand bei ihr
sein, damit sie sich nicht selbst in Gefahr bringt.
Eine Stunde Autismustherapie wurde bewilligt – pro Woche. Das
Beispiel zeigt wieder, wie Eltern in solchen Situationen allein
gelassen werden. Dabei ist die Belastung groß: Alle
Tätigkeiten am Tage sind erheblich eingeschränkt, der
Tagesablauf richtet sich nach Marie. Als Außenstehender kann
man nicht beurteilen, ob Marie manchmal allen auf der Nase herumtanzt
und Grenzen austestet. In jedem Fall wird das Beste versucht,
individuell gefördert und fachkundig abgewogen, was Sinn macht
und was nicht.
Neben der intensiven Arbeit mit dem Kind und diesem Buch hat die
Autorin einen Blog eingerichtet, in dem die Geschichte des Buches
fortgesetzt wird.
Nach der Lektüre dieses Buches wissen Sie, wie sich das Leben
mit einer frühkindlichen Autistin gestaltet. Man
erfährt außerdem sehr viel über Symptome
des Kanner-Autismus.
Ein gut geschriebenes Buch, das zur Aufklärung und Information
bestens beiträgt.
Über Amazon ist das Buch nur selten zu bestellen, daher am
besten über info@tiponi-verlag.de oder über den
Buchhandel.
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Christine
Preissmann: Gut leben mit einem autistischen Kind
Dieses Buch bringt Mütter von
autistischen Kindern in den Fokus: Das ist richtig. Was sie oft leisten
müssen, ist mehr als anstrengend – es ist
Höchstleistung. Das Mütter Unterstützung und
Entlastung brauchen, liegt auf der Hand und so ist ein
„Resilienzbuch“ eine gute Idee.
Das Buch startet mit allgemeinen Hinweisen, was
einem gut tun könnte. Wichtig dabei: Das, was früher
passiert ist zu akzeptieren, denn man kann es nicht mehr
ändern. Nach vorn schauen, neue Ziele setzen. Meist leichter
gesagt als getan, wenn man die anschließenden Berichte der
Mütter liest, die den Kern des Buches ausmachen. Die
Mütter berichten ehrlich und offen, beschreiben
Herausforderungen des Alltags und ihr Leben. Es ist immer ein schweres
Leben, es gibt kaum Entlastung, von Resilienz ist nicht die Rede.
Eigentlich wird einem immer schwerer ums Herz, wenn man die Berichte
liest. Irgendwie passt das nicht zum Titel des Buches. Die
Klitzekleinen Beispiele von helfenden Elementen und
Möglichkeiten sind nicht gerade Mut machend.
Nach den „Berichten aus dem Leben“ gibt es weitere,
ziemlich allgemeine Hinweise zum Thema. Ehrlicherweise muss man ja auch
sagen, dass dies nicht die Lebenswelt von Frau Preissmann ist, die ganz
tolle Bücher vor allem durch ihr persönliches
Beispiel geschrieben hat. Sie ist aber keine Mutter.
Am Ende folgt eine Beschreibung der AWO-Arbeit, was sich irgendwie eher
wie ein Werbetext liest und nur wenig zum Buchinhalt passt.
Das Coverfoto finde ich eher unpassend, so ein fröhlicher
Lockenkopf, milchige Kameralinse, naja.
Eine Quintessenz des Buches: Der Stress
für die Mütter lässt vor allem mit dem Alter
der Kinder nach.
Insgesamt bin ich mir nicht sicher, ob das Konzept des Buches so gut
umgesetzt wurde; es wirkt eher wie Stückwerk. Das kennt man
von Preissmanns anderen Büchern nicht, die eine sehr gute
Struktur haben und in denen die einzelnen Kapitel aufeinander aufbauen.
Hilft das Buch anderen Müttern? Vermutlich schon, weil der
Erfahrungsaustausch hilfreich ist und man dadurch Bestärkung
erfährt. Das Thema Resilienz für Mütter von
Autisten hätte man anders angehen können.
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Georg
Theunissen u.v.a: Handlexikon Autismus-Spektrum
Der Untertitel
„Schlüsselbegriffe aus Forschung, Theorie, Praxis
und Betroffenen-Sicht“ beschreibt das Spektrum dieses Buches
ganz hervorragend. Es deckt wirklich alle Begriffe in unterschiedlichen
Sichtweisen ab. Der Clou des Buches ist deshalb die beeindruckende
Auswahl der Autoren: Alles was Rang und Namen hat ist vertreten. Und
eben nicht nur aus der Sicht von Fachleuten, auch zahlreiche Autisten
kommen zu Wort. Dabei sind Temple Grandin, Liane Willey aus den USA,
aber auch Preißmann, Hajo Seng, Gee Vero oder Dietmar
Zöller aus Deutschland. Auf der Forscher- und
Professionellen-Seite wird auch keiner vergessen: Dalferth, Noterdame,
v. Elst, Vogeley, Matzies-Köhler, Theunissen u.v.a. bringen
ihr Fachwissen ein. Die Idee der Konzeption schien zu sein: Wer hat auf
welchem Gebiet die breiteste Anerkennung – den laden wir zu
einem Artikel ein. Ein tolles Konzept mit einem beeindruckenden
Ergebnis. An diesem Werk wird keiner vorbei können, der sich
wissenschaftlich oder aus fachlichem Interesse mit diesem Thema
beschäftigen möchte. Eine Idee, die der
Kohlhammer-Verlag auch für andere Themenbereiche entwickelt
hat.
Hilfreich sind am Schluss eines jeden Artikels die Literaturhinweise,
die eine Vertiefung des Themas erlauben. So hat man nicht am Ende des
Buches 30 Seiten Verzeichnis, sondern es ist gleich thematisch
zusortiert.
Inhaltlich ist mir nichts Fehlendes aufgefallen – trotz
intensiver Suche. Beim Stichwort Jobcoaching wähnte ich mich
schon fündig, da es im alphabetischen Verzeichnis fehlt. Im
Sachwortverzeichnis wird man aber darauf hingewiesen, dass es bei
„Unterstützte Beschäftigung“
nachzuschlagen ist. Da würde ich es zwar nur bedingt
einordnen, aber in der nächsten Auflage wird es sicherlich
unter „J“ zu finden sein, denn dieses Arbeitsfeld
wird sich schnell weiterentwickeln. Über weitere Hinweise
werden sich die Autoren freuen, denn folgende Auflagen wird es
sicherlich geben.
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Daniela
Schreiter: Schattenspringer: Wie es ist, anders zu sein.
Ein Fachbuch als Comic? Ein Comic, das
Fachbuchinhalt hat? Ist das möglich, oder schließt
sich das nicht aus? „Graphic Novel“ heißt
das Genre und Daniela Schreiter – in Fachkreisen Fuchskind
genannt – schafft das fast Unmögliche: Sie
transportiert echtes Fachwissen in einem amüsanten und
kurzweiligen Comic. Eine Offenbarung in der Lobbyarbeit für
Autismus, denn jeder kann diese Texte und Bilder verstehen.
Schreiter beschreibt ihre Kindheit und Schulzeit. Sie geht dabei so
genau auf die Dinge ein, die sie anders erlebt, die Reize, vor denen
sie sich schützen muss und das Unverständnis
beteiligter Personen, das man ihren Autismus sehr gut nachvollziehen
kann. Und ja, es ist richtig, dass jeder Autist anders ist, aber viele
Merkmale sind zumindest sehr ähnlich, und diese
„Liste“ arbeitet die Autorin komplett ab. Dadurch
kann man die Reizüberempfindlichkeit, die viel Autisten
betrifft, sehr gut verstehen und überhaupt erkennen, wo
Probleme im Alltag von autistischen Menschen liegen können.
Das Comic ist geradezu ein Lehrbuch für Menschen, die sich mit
diesem Thema befassen möchten: Nirgendwo können sie
auf eine so charmante und lustige Art und Weise Asperger-Autismus
verstehen lernen.
Auch wenn das Buch lustig daher kommt: Es hat einen ernsten Hintergrund
und so könnten Menschen, die sich mit Inklusion
beschäftigen, durchaus Anregungen z.B. für die
Gestaltung des Schulunterrichts mitnehmen.
Man kann schön sehen, wie sich die Autorin im Laufe der Jahre
selbst immer besser kennenlernt, so auch während des Studiums.
Wie sie ihre Reizüberflutungen/ Overloads rechtzeitig erkennt,
bzw. zu welcher Zeit sie Entspannungsphasen benötigt, um
keinen Meltdown/ Zusammenbruch zu riskieren.
Fazit: Das am leichtesten verständliche Fachbuch über
Autismus auf dem Buchmarkt und ein Comic mit echtem Anspruch.
Pflichtlektüre für alle, die sich mit
Asperger-Autismus beschäftigen.#Schattenspringer Direktbestellung
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Stephanie
Fischer: Diagnose Asperger - und jetzt?
Das Buch beschreibt den Weg des nun
8-jährigen Tim von den ersten Auffälligkeiten bis zur
3. Klasse. Die Mutter, alleinerziehende Lehrerin, erläutert
dabei sehr gut lesbar und unaufgeregt die vielen Wege, die zu gehen
sind, um den Alltag meistern zu können. Diagnosestellung,
Frühförderung, Kita, Schule, Hort – acht
Jahre mit vielen Ämtern, nicht immer verständigem
Personal in den jeweiligen Einrichtungen und der Notwendigkeit, mit den
eigenen Kräften zu haushalten. Keine leichte Aufgabe, vor
allem, da Tims schwierigste Auffälligkeit schwere Ausraster
sind, die zu Zerstörungen, Angriffen auf andere Kinder,
Schreien und zu völliger Unkontrollierbarkeit führen.
Im Erwachsenenalter wird man später von Overloads sprechen,
die das Kind noch nicht steuern kann. Als er
„älter“ wird entschuldigt sich oft
für sein Verhalten, ohne es ändern zu können.
Das Buch hat eine gute Struktur: Die Umstände und
Veränderungen werden beschrieben, am Ende eines jeden Kapitels
gibt es Hinweise zu Anlaufstellen, Paragrafen und Tipps. Da Tim in NRW
lebt, sind einige Hilfeformen bundeslandspezifisch, unter anderen
Begriffen aber auch woanders abrufbar.
Welche Therapien und ggf. Medikationen helfen, wird immer wieder mit
Bedacht ausprobiert. Wenn die Medikamente nachmittags nachlassen,
beginnt oft eine Horrorzeit. Die Mutter hat den Mut, eine nicht
nutzende Therapie abzubrechen. Langfristig hat bei Tim manches zur
Erleichterung beigetragen, aber kaum nachhaltig geholfen – es
war immer Veränderung, kein Stillstand. Das
Älterwerden scheint zur Verbesserung am meisten beizutragen.
Obwohl der Alltag von Frau Fischer unendlich stressig ist, beschreibt
sie gut und durchaus spannend, ohne zu jammern. Das ist bei diesen
Umständen schon herausragend. Sie sieht ihre Grenzen aber
deutlich vor sich und baut ein – auch professionelles
– Umfeld auf, um einen Plan B zu haben, wenn sie mit ihren
Kräften am Ende sein sollte. Es bleibt schwer, Entlastung zu
organisieren.
Für Eltern, die eine Diagnose des Kindes in jungen Jahren
erhalten, ist dieses Buch eine Unterstützung.
Schnörkellos geschrieben, klar und mit vielen Anregungen
für Unterstützungsmöglichkeiten. Von
Frühförderung über Kita- und Schulwahl,
Schulbegleitung und Jugendhilfe wird alles dargestellt.
Eine Fortsetzung über die nächsten Lebensjahre darf
mit Spannung erwartet werden. #fischer01
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Georg Theunissen: Menschen im
Autismus-Spektrum. Verstehen, annehmen, unterstützen
Georg Theunissen hat einen guten Riecher
für spannende Bücher zum Thema Autismus –
und ist ein Vielschreiber. Mit diesem Buch setzt er in der
wissenschaftlichen Welt ein klares Ausrufezeichen für den
Paradigmenwechsel im Forschungs- und Hilfesystem vom
Defizit-orientierten Ansatz („klinisches Modell“)
zum Positiv-orientierten Ansatz („Empowerment
Modell“). Es bleibt dabei ein wissenschaftliches Buch mit
vielen Belegen, Zitaten, Klammern und Verweisen, die ein richtiges
Lesen etwas schwer machen (vielleicht könnte man mit
Hochziffern bei Verweisen arbeiten), aber nicht minder interessant
– ganz im Gegenteil. Die Auswahl der Literatur und
Internetseiten hat mich oft im Literaturverzeichnis nachschlagen
lassen. Aber das ist nicht jedermanns Sache.
Im ersten Teil des Buches löst Theunissen die
Erklärungsansätze für Autismus aus dem
Defizitansatz und dekliniert sie nach Modellen aus den USA komplett neu
durch. Eine tolle Übertragungsleistung.
„Monotropistisch“ wird vermutlich ein immer
wichtigeres Fachwort in der Autismusdiskussion werden: Immer nur eine
Sache gleichzeitig machen/ Tunnelblick/ Blick für das Details.
Bisher gibt es für diesen Begriff nicht einmal einen Eintrag
bei Wikipedia! In der Konsequenz dieses Ansatzes müsste z. B.
der gesamte Schulunterricht umgestaltet werden.
Ein großes Plus des Buches ist die laufende Unterlegung der
theoretischen Überlegungen mit Fallbeispielen. Die sind
häufig aus den USA gewählt, da wäre ein
Bezug zu Deutschland wünschenswert. Da Theunissen aber ein
ausgewiesener Kenner des kalifornischen Systems ist, liegt diese Wahl
nahe. Durch die Fallbeispiele wird deutlich, das der Autor sich nicht
nur für die Theorie, sondern auch für die Menschen
interessiert. Dadurch wird sehr genau dargestellt, wie der
Empowermentansatz funktionieren kann. Ein fast futuristisches Modell,
den die Umsetzung wird in Deutschland sicher noch sehr lange dauern.
Spannend auch, das sich Theunissen der Diskussion um die ABA-Therapie
stellt, einem schon sehr lange existierenden und immer wieder
modifizierten Ansatz. Das macht er sehr differenziert, wo es doch
leicht wäre, mit aller Kraft diesen Ansatz zu verdammen.
„Schule und Inklusion“ ist auch eine
Kapitelüberschrift. Darin weißt er deutlich darauf
hin, dass Inklusion nicht zwangsläufig „gemeinsames
Lernen“ heißt, sondern
„bestmögliche Förderung“
– die kann auch in Extra-Settings stattfinden (z. B.
separaten Räumen).
Auch die Arbeitsmöglichkeiten für Autisten sind ein
Thema und die alarmierend geringe Zahl von nur 5% Autisten auf dem
ersten Arbeitsmarkt. Das ist viel zu wenig. Deutlich macht er dabei
auch, dass die WfbMs nur bedingt auf eine Tätigkeit auf dem
ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet sind.
Zum Buchausklang gibt es die Geschichte von Frau F., bei der die
Möglichkeiten und Chancen der individuellen Begleitung sehr
gut herausgearbeitet werden – und zeigen, wie positiv man ein
Leben durch die richtige Dosierung der Hilfeformen im Sinne des
Empowermentansatzes beeinflussen kann.
Fazit: Ein ganz wichtiges Fachbuch, das neue Ideen und Ansätze
liefert.
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Tony Attwood: Ein ganzes Leben mit
dem Asperger-Syndrom. Von Kindheit bis Erwachsensein – alles
was weiterhilft
Für viele Eltern und Fachleute ist dieses
Buch das wichtigste Buch über das Asperger-Syndrom
überhaupt. Es ist der erste Buchtipp für alle, die
sich intensiver mit dem Asperger-Syndrom beschäftigen
möchten. Es ist ein aussagekräftiges Fachbuch,
lässt sich (trotzdem) sehr gut lesen und spricht dadurch ein
breites Publikum an.
In 15 Kapiteln werden alle wichtigen Aspekte des Themas abgehandelt.
Von grundsätzlichen Erläuterungen des Syndroms
über die Diagnostik, dem sozialen Verständnis,
Gefühlen, Spezialinteressen bis hin zu sensorischen
Empfindlichkeiten, Möglichkeiten der Psychotherapie und
Chancen und Risiken von zwischenmenschlichen Beziehungen.
Zu Beginn eines jeden Kapitels findet sich jeweils ein Zitat von Hans
Asperger und auch im Text wird immer wieder auf seine Erkenntnisse
Bezug genommen, das findet man in anderen Fachbüchern nicht.
Im Vorwort steht, dass jedes Kapitel mit einem Zitat eines Menschen mit
Asperger endet – dem ist aber nicht so. Jedes Kapitel endet
mit einer Zusammenfassung des Inhalts – was sehr
schön und hilfreich ist.
Trotzdem finden sich sehr viele Zitate von Aspergern im Buch, die das
Ganze sehr lebendig und verständlich machen. Die Zitierten
sind dabei oft selbst bekannte Personen aus dem Spektrum, wie z. B.
Temple Grandin oder Liane H. Willey.
Eine schöne Idee ist die Gestaltung des Einbands: Auf der
Innenseite sind vorn und hinten jeweils 10 Regeln für Menschen
mit Asperger, bzw. hinten für Menschen, die mit Aspergern zu
tun haben: Am besten kopieren und an den Kühlschrank
hängen.
Vor Augen führen sollte man sich immer, dass es in 1989 die
ersten Diagnosekriterien für Asperger gab – also ein
wirklich junges Forschungs- und Erfahrungsfeld. Das 450 Seiten starke
Buch bildet davon so viel wie möglich ab. Am wichtigsten ist
dem Autor dabei das Soziale Verständnis und die
Gefühlswelt von Aspergern, denn an dieser Stelle besteht das
größte Unverständnis zwischen Autisten und
Nichtautisten. Hier findet sich daher auch sehr viele Hinweise, sowohl
für Eltern als auch für Fachleute, wie man mit diesen
Themen umgehen kann, und wie ein gegenseitiges Verständnis zu
fördern ist.
Fazit: In der Gesamtschau ist es das wichtigste Buch zum Thema. Viele
andere Bücher haben sich mit speziellen Aspekten des
Asperger-Syndroms punktuell intensiver auseinandergesetzt, aber das tut
diesem Buch keinen Abbruch: Im Gegenteil. Wer sich mit der gesamten
Bandbreite des Themas beschäftigen möchte, ist hier
genau richtig
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Tony
Attwood + Michelle Garnett: Ich mag Dich!
Schon die sehr lesenswerte Einleitung des Buches
lässt erkennen: Hier schreiben zwei Menschen ein Buch, die
sich sehr gut mit Aspergern auskennen, viele Facetten kennengelernt
haben und immer individuell nach den aktuellen Bedürfnissen/
Ausprägungen des Autismus fragen.
Das Buch ist kein klassisches Fachbuch, sondern beschreibt eigentlich
eine Therapie, die – und dazu ermuntern die Autoren
ausdrücklich – auch von Eltern zu Hause eingesetzt
werden kann. Die einzelnen Schritte sind sehr detailliert und mit allem
Zubehör beschrieben: Fragebögen für das
aktuelle Verständnis von Gefühlen und Zuwendung
befinden sich im Anhang, sämtliche Arbeitsblätter
sind im Buch abgedruckt und das Kopieren für den Einsatz
ausdrücklich erlaubt. Schon beeindruckend, denn wenn man
solche Therapiegrundlagen von psychologischen Fachverlagen kaufen
müsste, würde das sicher über 100 €
kosten.
Das Training zum Gefühle erlernen ist in 4 Schritte
unterteilt. Es beginnt bei der Beurteilung des Ist-Zustandes, geht
über die Wissenserweiterung und der Korrektur
möglicher verzerrter Vorstellungen bis hin zu
Übungen, um Emotionen zu verstehen und auszudrücken.
Ein engagiertes Ziel, aber durch die Zugewandtheit des ganzen Programms
sicher sehr lohnenswert und in der Praxis vielfach und über
Jahrzehnte ausprobiert, evaluiert und optimiert. Es ist das krasse
Gegenteil von ABA und sollte die Diskussion um diese umstrittene
Therapieform weiter unterstützen, damit die Menschen mit
Autismus verstanden und angenommen und nicht gequält und
konditioniert werden.
Das Lernprogramm ist für Kinder zwischen 8 und 13 Jahren
ausgelegt, aber mit gewissen Modifikationen halte ich es auch mit
Erwachsenen für durchführbar. Dann sicherlich mit
anderen Materialien und Geschichten, aber das Prinzip wäre
verwendbar. Denn es geht nicht nur um das Erlernen von
Gefühlen, sondern auch darum, sich selbst (bzw. das Kind)
besser kennenzulernen, um gemeinsame Umgangsformen zu finden und das
Miteinander harmonischer für alle Seiten zu gestalten. Klare
Leseempfehlung für Eltern, aber auch für Therapeuten
zur Anregung.
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N#mmer - das Magazin
Das erste Magazin weltweit von Autisten
für Autisten, ADHS´ler und Astronauten. Per
Crowdfunding wurde das Startkapital für N#mmer
zusammengetragen und erzeugte dadurch bereits im Vorfeld
großes Medieninteresse. Das Ergebnis wird den
Vorschußlorbeeren mehr als gerecht: 100 Seiten in
ungewöhnlichem Design und mit ganz viel Text. Bemerkenswert in
der aktuellen Magazinlandschaft gibt es wirklich seitenlange Texte, die
in die Tiefe gehen und sich nicht auf Schlagworte und bunte Bilder
beschränken.
Das Schwerpunktthema „Liebe“ geht dabei
über Beziehungskisten und Mutterliebe bis hin zu
Fesselspielen. Zahleiche Kolumnen vertreten klare, manchmal
kompromisslose Positionen, die für die aktuelle
Autismus-Diskussion sehr gut sind. Jeder Text ist von hoher
Qualität, auch die Interviews mit Temple Grandin und Sascha
Lobo, das besonders lesenswert ist. Es wird sehr persönlich
und beschreibt sein ADHS und die Auswirkungen nachvollziehbar.
Das nächste Schwerpunktthema wird „Medien &
Kunst“ sein.
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Cheryl R. Carter: Das kleine
Anti-Chaos Buch. Hilfe für Menschen mit ADHS
Selten passt der Spruch „klein aber
oho“ so gut wie hier. Das kleine Buch ist so randvoll mit
Ideen, Hinweisen, Überlegungen und praktischen Beispielen,
dass man es vermutlich 10x lesen kann und trotzdem immer noch neue
Aspekte findet. Ein wahren Blumenstrauß an Ideen –
so bunt und vielfältig. Und eigentlich ist es ein Buch nicht
nur für Eltern mit ADHS-Kindern, sondern für alle
Eltern. Die ADHS-relevanten Unterschiede werden immer deutlich
herausgestellt. Wobei es nicht um die Verhaltensauffälligkeit
an sich geht, sondern um den Umgang damit. Das macht das Buch gut
lesbar, da es ohne Fachchinesisch auskommt. Das es von einer
Amerikanerin geschrieben wurde, merkt man an einigen Stellen deutlich,
aber es lässt sich leicht übertragen.
Ihre obersten Gebote: Verständliche Regeln, Routine, Klarheit.
Ein Buch mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis, da es nie
wirklich ausgelesen ist.
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Kristine
Barnett: Der Funke - Die
Geschichte eines autistischen Jungen, der es allen gezeigt hat
Alle Mütter und Väter sollten
dieses Buch lesen. Und Menschen, die mit Autisten arbeiten. Warum? Es
geht um einen Jungen, bei dem früh Autismus diagnostiziert
wird. Die Diagnose lautet, dass er möglicherweise nie sprechen
und schreiben wird. Die Therapien laufen fast rund um die Uhr, bis
seine Mutter merkt, dass der Kleine vor allem eines nicht hat: Elemente
einer normalen Kindheit. Rumtoben, „Dreck zwischen den
Zehen“, machen was er will. Sie erkennt nur
Rückschritte in seiner Entwicklung, wenn er aus den
Fördereinrichtungen zurück kommt. Über 18
Monate spricht Jake kein Wort. Sie wagt dann den Schritt, ihn aus dem
Förderbereich herauszunehmen und selbst mit ihm zu arbeiten.
Das Ergebnis ist bekannt: Der jüngste Astrophysik-Forscher
aller Zeiten mit guten Chancen auf den Nobelpreis, der darüber
hinaus noch zahlreiche andere einzigartige Fähigkeiten
entwickelt. Der Weg dorthin ist oft steinig und gibt auch so manchen
Einblick in die amerikanische Gesellschaft und die Zeit der Rezession
um 2011, wo die Familie von Obdachlosigkeit bedroht war.
Obwohl an einigen Stellen das gewöhnungsbedürftige
amerikanische Pathos nicht fehlt, beschreibt die Mutter die Ereignisse
in aller Dramatik doch schonungslos. Während sie das eine Kind
an den Autismus zu verlieren droht, wird ihr nächstes Kind mit
einer seltenen, lebensbedrohlichen Krankheit geboren. Später
hat sie einen Schlaganfall mit 30 Jahren.
Im Kern geht es um die Aussage, die besonderen
Kinder bei dem zu unterstützen, was sie können und
nicht ständig auf den Defiziten herumzuhacken. Ein
möglicher Gegenentwurf zum fachlich kritisch hinterfragten
ABA-Programm. Warum müssen Autisten lernen, Augenkontakt zum
Gegenüber herzustellen, wenn es sie körperlich
schmerzt und sie sich dann auf nichts anderes konzentrieren
können? Es gibt Wichtigeres im Leben! Ideen statt monotone
Therapie, Feinfühligkeit statt Zwang.
Ein tolles Buch, sehr gut geschrieben und mitreißend.
Wenn man damit durch ist, sollte man das Buch
„Mein Wunderkind“ von Catherine Lewis lesen. Auch
ein autistischer (und blinder) Junge, der ein musikalischer Savant ist
und sagenhaftes vollbringt – mit einer kämpfenden
und engagierten Mutter.
Gisa Anders ist hingegen eine deutsche Mutter, die
zwar kein Wunderkind beschreibt, aber auch den erstaunlichen Weg ihres
Kindes mit frühkindlichem Autismus von der Geburt bis zur
normalen Schul- und Berufsausbildung nachzeichnet. Auch dieses Buch
schonungslos mit alles Höhen und Tiefen. #funke
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Peter
Schmidt: Kein Anschluss unter diesem Kollegen
Peter Schmidt legt sein nun drittes Buch
über sein bisheriges Leben mit Autismus vor und es gelingt
ihm, eine spannende Ergänzung seiner beiden bisherigen
Bücher zu schreiben. Nach einem kurzen Rückblick in
die Schulzeit, geht es über das Studium bis hin zu seiner
aktuellen Einstellung schonungslos zu Sache. Besonders gefällt
mir auch hier, dass er seine ganze Geschichte ohne das Wort "Autismus"
schreibt - denn er weiß davon bis zu seinem 41. Lebensjahr ja
noch nichts. Stattdessen schildert er seine Versuche, Karriere zu
machen und die ständigen Mauern, gegen die er
stößt. Er ist ein brillanter Kopf in der Firma und
will immer höher aufsteigen - aber er darf nicht. Seine (im
Autismus begründeten) Verhaltensweisen lassen nach Meinung
seiner Chefs keine Führungsverantwortung für
Mitarbeiter zu.
Er wählt freiwillig zahlreiche Kommunikationsseminare, weil er
erkennt, dass hier ein verborgener Schlüssel für ihn
liegt. Die Ergebnisse sind regelmäßig
niederschmetternd. Er lernt viel, nimmt auch Neues zur Anwendung mit,
aber die Rückmeldungen sind eindeutig: Ihm fehlen "Basics, die
jedes Grundschulkind bereits perfekt beherrscht!“
Schmidt beschreibt unglaublich reflektiert zahlreiche typische
Ereignisse aus der Arbeitswelt, die für ihn sehr
unbefriedigend verlaufen. Als Fachmann muss man hier laufendes,
qualifiziertes Jobcoaching empfehlen. Sein ganzes Berufsleben strotzt
vor guten Beispielen, was man als Autist oder Unterstützer
eines Solchen beim Arbeitsumfeld beachten sollte. Jeder Mensch und
Autist ist anders, aber da Schmidt ein recht klassischer
Asperger-Autist ist, bekommt man zahlreiche Anregungen und auch
überhaupt erst einmal Ideen von den spezifischen
Notwendigkeiten im Berufsleben.
Die Diagnose ist schließlich "wie eine Erleuchtung"
für ihn und er kann mit seiner beruflichen Situation Frieden
schließen. Behauptet er im Buch. Wer ihn live auf einem
Vortrag erlebt, wünscht ihm dazu noch ganz viel Kraft und Ruhe
:-)
Fazit: Ganz sicher ein erneuter Bestseller, der endlich besonders den
Focus auf die berufliche Entwicklung von Asperger-Autisten legt.
#SchmidtKollege Direktbestellung
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Thomas Girsberger: Die vielen Farben
des Autismus.
Aktuell das wichtigste Fachbuch auf dem
deutschsprachigen Markt.
In diesem Buch werden zuerst die aktuellen Erkenntnisse zur Forschung
im Bereich Autismus zusammengefasst und erläutert. Ein
manchmal überraschend neuer und notwendiger
Überblick. Girsberger stellt dann ein eigenes Farbschema zur
Einordnung einer Auffälligkeit im Rahmen des Autismusspektrums
vor. Sicher eine interessante, da auch dreidimensionale Idee.
Neu und interessant auch das Modell zur "Plastizität des
Autismus". Das bedeutet, dass bei Autismus eine Entwicklung und eine
Veränderung möglich ist - bei richtiger
Unterstützung und Therapieansätzen. Das ist ein guter
Definitionsvorschlag. Auch sonst macht Girsberger zahlreiche neue
Vorschläge und hat weitere Ideen für Forschungsfelder
im Bereich Autismus.
Es folgen einige Fallbeispiele, die für das Buch aber nicht so
wichtig sind.
Ein Highlight sind sicherlich die folgenden Vorstellungen von Diagnose-
und Therapieformen mit konkreten Beispielen und im Online-Extrateil
(Passwort im Buch) auch Materialien zum Download. Zahlreiche Anregungen
für Eltern und Fachpersonal.
Interessant: immer wieder nimmt der Autor Bezug auf die
Originalaussagen von Hans Asperger. Sehr bemerkenswert, wie genau H.
Asperger damals schon gearbeitet hat. Das pädagogische
Fachpersonal erscheint ihm wichtiger als das psychologische oder
medizinische. Aus diesem Themenkreis werden wir in Zukunft sicherlich
noch einiges hören.
Außerdem setzt sich der Autor auch mit dem Unterschied
zwischen den Therapien ADHS und Autismus auseinander.
Eine schöne Ergänzung ist der ContentPlus-Online
Teil. Hier finden sich 24 Arbeits- und Informationsblätter im
PDF- aber auch .doc-Format. So kann man die Arbeitsblätter an
die jeweils eigenen Bedürfnisse anpassen.
Insgesamt ein sehr aktuelles und sehr wichtiges
Buch auf dem deutschsprachigen Buchmarkt. Für Fachleute, die
auf dem aktuellen Kenntnisstand sein wollen, unverzichtbar.
Website
von Dr. Thomas Girsberger
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Fischer,
Corinna und Bob: Ich liebe einen Asperger.
Innenansichten einer vom Asperger-Syndrom
betroffenen Familie
Stellen Sie sich vor, sie heiraten einen lieben
Mann – und nach der Hochzeit ist er ein anderer Mensch.
Hochzeit? Abgehakt! Der Schreck ist groß und der
anschließende Kindersegen (am Ende sind es Acht!) lenkt von
den Beziehungsschwierigkeiten nur bedingt ab, da die ersten beiden
Kinder erhebliche Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Der
Bericht der Frau und Mutter ist nahezu erschütternd ehrlich
und an vielen Stellen fragt man sich, wie sie das aushält. Im
ersten Teil des Buches geht es um die Mann-Frau Beziehung, die sich mit
zunehmender Kinderzahl auf die Beschreibung der Kindererziehung und der
Versuche, vor allem Laura zu verstehen, verschiebt. Das Zusammenleben
mit einem Asperger-Autisten aus der Sicht der Frau: grandios und
manchmal auch erschreckend zu lesen. Natürlich muss dem Leser
bewusst sein, dass jeder Autist anders ist. Aber viele Besonderheiten
sind durchaus ähnlich und die werden hier aus der Innenansicht
geschildert.
Kurze Kommentare des Mannes „Bob“ und zahlreiche
Zitate der Tochter verdeutlichen die unglaublichen
Kommunikationsschwierigkeiten untereinander – erweitern das
Buch aber auch durch eine heitere Komponente.
Die Auffälligkeiten der Kinder führen zu einem
Ärztemarathon, zu Fragen „was mache ich
falsch“, zu schiefen Blicken der Bekannten und Verwandten. Um
es abzukürzen: Irgendwann äußert eine
Ergotherapeutin den Verdacht „Autismus ist das nicht,
oder?“ Die Mutter erstellt Listen der
Auffälligkeiten der betroffenen Familienmitglieder und nur
durch das Eigenstudium und Lesen von Büchern (wie z. B.
„Ich bin Autistin – aber ich zeige es
nicht“ von Liane Willey) ergibt sich für die Mutter
die Erkenntnis „Asperger“. Ärzte,
Diagnosen, Psychiater: Fehlanzeige. Wie so oft muss hier eine
Betroffene selbst auf die Idee einer Diagnose kommen.
Bob und Laura erhalten die Diagnose Asperger, danach beschreibt die
Frau und Mutter das tiefere Verständnis für beide
Familienmitglieder (zwischenzeitlich fragt man sich aber schon, wie sie
das Ganze verkraften kann! „Unser ganzes Leben war
traumatisch“ ist sicherlich eine besonders ehrliche
Einschätzung vor der Diagnose). Sehr intensiv wird im
Folgenden auf Möglichkeiten der Erziehung von Laura
eingegangen. Dabei wird auch deutlich beschrieben, mit welchen
Mechanismen Laura lernt, sich anzupassen. Kein Wunder, dass normale
Menschen die Maske nicht erkennen, hinter der sich Autisten verstecken
(müssen).
Das THZ ist eine große Hilfe, alle Regeln müssen neu
erlernt werden. Im Buch erhält man viele Erziehungstipps
für Asperger-Kinder und auch Medikamente und
Ernährungsfragen werden inklusive der Ergebnisse
erläutert.
Ein netter Einschub von Bob: Jedes Unternehmen sollte einen Autisten
beschäftigen – das sorgt für objektive
Abwägung von Fakten und denkt Unklarheiten auf.
Insgesamt ein beeindruckendes Buch, sowohl
für Betroffenen als auch Mit-Betroffene und Fachleute. Noch
nie sind die Innenansichten und tiefgreifende Problemlagen einer
Asperger-Familie so deutlich formuliert worden. Für den
weiteren Lebensweg kann man der beeindruckend starken Frau nur die
besten Wünsche mit auf den Weg geben. #fischer
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Christine
Preißmann: Überraschend anders - Mädchen
& Frauen mit Asperger
Als ich dieses Buch las, hatten wir eine alte
Freundin zu Gast. Sie erzählte von ihrer Tochter, die Anfang
30 ist und zwei Kinder hat. Unsere Freundin machte sich Sorgen wegen
verschiedener Verhaltensweisen und Umstände im Leben ihrer
Tochter. Einige Fragen weiter empfahl ich ihr dieses Buch (und habe ihr
noch Durch die gläserne Tür - Lebensbericht einer
Autistin mitgegeben).
Endlich ein Buch, das sich nur um Asperger-Frauen kümmert.
Sehr gut aufgeteilt von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Viele
Autisten und betroffene Angehörige kommen zu Wort und
berichten über ihre Erfahrungen.
So gibt es im Kindergarten häufig Bezugspersonen, die nicht
bereit sind auf besondere Kinder einzugehen und dadurch die Probleme
vergrößern. In der Schule können
Klassenkameradinnen sehr wertvolle Unterstützerinnen sein und
bewusst als Helferinnen ausgebildet werden. Die Pubertät
stellt die größte Schwierigkeit dar. Alles
verändert sich. Viele beschreiben besonders diese Zeit als ob
sie laufend als Schauspielerin arbeiten müssten, weil sie
nicht mehr sie selbst sein dürfen. Frauen mit Autismus
entsprechen sehr häufig nicht den rollentypischen Erwartungen.
Auch in diesem Buch schreibt Frau Preißmann wieder sehr viel
Persönliches: Zwischen Einsamkeit und Kinderwunsch und
zwischen dem Suchen nach Freunden und dem Froh sein, allein zu sein.
Sich selbst besser kennen zu lernen ist ein langer Prozess. Das gilt
für Autisten genauso wie für Nichtautisten, aber
Autisten erleben das Ganze wesentlich schwieriger und gleichzeitig ist
es wichtiger, um auf spezielle Bedürfnisse eingehen zu
können.
Auch in der beruflichen Karriere unterscheiden sich Frauen und
Männern sehr deutlich. Autisten wird häufig
nachgesagt, dass sie am liebsten mit Computern arbeiten. Bei
Autistinnen ist das häufig anders. Sie arbeiten auch gerne mit
Menschen zusammen.
Am Ende des Buches wird noch über die Ideen der
Lebensgestaltung als Autistin geschrieben. Gerne lesen Autistinnen
Biografien anderer Autisten wie z.B. Heute singe ich mein Leben - Eine
Autistin begreift sich und ihre Welt: Songs of the Gorilla Nation oder
Ich bin Autistin - aber ich zeige es nicht. Leben mit dem
Asperger-Syndrom.
Das Buch schließt mit intensiven
Berichten über Therapien für Autistinnen und den
speziellen Vorteilen von Frauen-Selbsthilfegruppen. Auch die
Ergotherapie erfährt eine längere inhaltliche
Erklärung.
Insgesamt ein sehr lohnenswertes Buch. Ich bin schon gespannt auf die
Reaktion der Tochter unserer Freundin.#PreissmannFrauen Direktbestellung
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Christine
Preißmann: Asperger - Leben in zwei Welten
Nun in der 3. Auflage: Die Bücher von
Frau Preißmann zeichnen sich immer durch eine sehr klare und
stringente Struktur aus. So auch dieses besondere Buch, in das erneut
auch ihre persönlichen Erfahrungen als Asperger-Autistin
einfließen. Zu verschiedenen Lebensbereichen gibt es jeweils
ein Fallbeispiel, dann Erläuterungen und Hilfen sowie eine
Checkliste, was man in diesem Lebensbereich beachten sollte. Sehr
transparenter und verständlicher Aufbau.
Im Bereich Schule gibt es auch viele Hinweise für Lehrer und
Schulen.
Besonders neu und spannend waren für mich die Bereiche Wohnen,
Freundschaften und Partnerschaften (hier Fr. Pinke sehr umfassend und
offen), und Gesundheit.
Die "Wohnversuche" von Frau Höhlriegel machen die
Bedürfnisse in diesem Bereich besonders deutlich. Sie hat so
ziemlich alles an Wohnform ausprobiert und von ihren Erfahrungen kann
man sicher profitieren. Ein erneuter Ansatz, um zukünftige
Wohnideen für Asperger-Autisten zu diskutieren.
Immer wieder taucht der Bedarf nach einem "Lebens-Coach" auf. Das ist
für die Fachleute sicherlich ein interessanter Ansatz
für die Zukunft: Ein Pädagoge, abrufbar nach Bedarf,
langfristig zuverlässig. Mit dem Bereich
Körperwahrnehmungen und Erfahrungen im Krankenhaus
schließt das Buch. Auch hier wieder ein spannendes
Fallbeispiel einer Aspergerin, die mit einer ungewöhnlichen
Krankheitsgeschichte aufwarten kann. Die anschließende
Checkliste sollte man als Asperger-Autist im Erste-Hilfe-Schrank immer
griffbereit haben!
Insgesamt ein sehr vollständiges Buch, was zur Orientierung
und Optimierung in vielen Lebensbereichen sicher beitragen kann.
Empfohlen für Betroffene, Fachleute und
Interessierte.#PreissmannLeben Direktbestellung
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Bürger,
Janina: Eine Welt zwischen Autismus und Borderline.
Eine Person, diverse Diagnosen: Janina
Bürger kann viele ihrer Diagnosen benennen, verstehen und
reflektieren, aber das macht sie am Ende nicht glücklicher.
Sie ist zerrissen und gefangen in ihrem "Gefühlschaos", ihrer
"Gefühlsblindheit", die in erster Linie mit Borderline und
Asperger-Autismus diagnostiziert wurde. Sie beschreibt beide Diagnosen
und erläutert die Auswirkungen, die diese Krankheitsbilder auf
sie haben sehr genau, lebensnah und in einem offenen und gut
verständlichem Schreibstil. Die Texte sind zu
unterschiedlichen Zeiten entstanden: Häufig in
Akut-Situationen (z. B. beim selbstverletzendem Verhalten), was deren
Eindringlichkeit noch einmal verstärkt.
Ihre früheren, jugendlichen Hilfeschreie (heftige
Drogenexzesse, schulvermeidendes Verhalten etc.) galten "nicht mehr
meinen Eltern" - aber niemand hat sie gehört, bzw. richtig
deuten können.
Es wird an keiner Stelle explizit geschrieben, aber ganz offensichtlich
- das ergibt sich auch aus dem eindeutigen Material im Anhang - hat
Frau Bürger traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit machen
müssen, vermutlich mehrere Formen des
Kindesmißbrauchs, die sie für ihr Leben gezeichnet
haben. Einmal deutet sie es an, in dem sie schreibt, das Ihr keine
Werte vermittelt wurden, falsche Dinge waren nicht falsch, sie sollte
sich "beim Klauen nur nicht erwischen lassen" etc.
Mit ihrem Buch liefert sie eine spannende Beschreibung eines Menschen
ab, der innerlich zerrissen ist und nicht aufgeben wird, weiter
intensiv an einer Verbesserung der Situation zu arbeiten. Sie
trägt viel Verantwortung (erzieht sechs Kinder!), und stellt
sich dem täglichen Kampf immer wieder auf's neue. Das Buch ist
bei Books on Demand im Eigenverlag erschienen und macht es dadurch noch
authentischer.#janina
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Preißmann,
Christine:
Psychotherapie und Beratung von Menschen mit Asperger-Syndrom. Konzept
für eine erfolgreiche Behandlung aus Betroffenen- und
Therapeutensicht.
Sie möchten Menschen mit Asperger-Syndrom
verstehen? Lesen Sie dieses Buch. Faszinierend zu lesen und dabei
extrem komplex: Die Ärztin und Asperger-Autistin Christine
Preißmann beschreibt alle Lebenssituationen, in die man als
Asperger-Autist (und Mensch) kommen kann und beleuchtet sie in Hinblick
auf Schwierigkeiten, Unterstützungsmöglichkeiten und
Handlungsmöglichkeiten für Menschen mit dem Syndrom.
Dies ist sehr persönlich und Fr. Preißmann gestattet
einen tiefen Blick in ihre Persönlichkeit mit einer
entwaffnenden, manchmal sehr intimen Offenheit. Danke dafür!
Sehr reflektiert geschrieben, hat man fast den
Eindruck, zwei Personen schreiben dieses Buch. Die Privatperson wird in
kursiven Buchstaben hervorgehoben, der andere Bereich ist das Fachbuch.
Aber lassen sie sich von dem Titel und der Beschreibung als
„Fachbuch“ nicht abschrecken: Es ist für
alle Interessierten gut lesbar und eröffnet neue Horizonte.
Man kennt diesen hohen Grand von Reflexion auch bei anderen
Wissenschaftlern, die Autisten sind und über Autismus
schreiben, allen voran Temple Grandin mit ihren Bücher
„Durch die gläserne Tür“ und
„Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier“. Aber das
Buch von Fr. Preißmann geht noch tiefer, da sie keinen
Lebensbereich in ihrer Analyse auslässt.
Für Menschen, gerade auch
Asperger-Autisten, die über eine Therapie nachdenken, ist dies
Buch eine sehr hilfreiche Lektüre, um Ängste und
Befürchtungen vor einer Therapie abzubauen.
Die besonderen Fähigkeiten und Möglichkeiten von
Asperger-Autisten werden in dem Buch kaum beschrieben, aber das tut der
Leseempfehlung keinen Abbruch. Es würde auch nicht zum
schüchternen und vorsichtigen Stil von Fr. Preißmann
passen, auf besondere Talente und Fähigkeiten als
Asperger-Autist hinzuweisen. Dazu sind dann vielleicht eher die
Fachleute berufen, die einen Blick von außen haben.
Als Ergänzung lassen sich die sehr praktischen Checklisten von
Liane Willey in „Ich bin Autistin – aber ich zeige
es nicht“ nennen, die für alle Lebenssituationen
Unterstützung anbieten. #PreißmannPsychotherapie
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Schmidt,
Peter: Der Junge vom Saturn
Ein tatsächlich einzigartiges Buch, nicht
nur für Menschen, die sich mit Autismus beschäftigen.
Peter Schmidt, der von sich in der Ich-Form berichtet, weiß
nicht, das er Autismus hat. Es weiß nur, dass er anders ist
als andere Kinder, er leidet darunter und fragt sich, warum die anderen
so komisch sind.
Wissenschaftler haben bei einigen Autisten
festgestellt, dass ihr Gehirn wie eine Festplatte funktioniert. Eine
Festplatte, die nicht gelöscht wird. So kann Peter Schmidt
sogar seine Geburt beschreiben. Die Erinnerungen an seine Kindheit sind
sehr detailliert und hervorragend aus der Sicht eines Kindes
geschrieben. Dabei bedient sich Herr Schmidt verschiedener
Schreibstile. Besonders zu Beginn mit vielen selbst erfundenen Worten,
die aber alle sehr verständlich bleiben.
Menschen, die sich mit Autismus ein wenig auskennen, erkennen schnell,
dass Herr Schmidt das klassische Leben als Asperger-Autist beschreibt.
So schlimm es für das Kind auch gewesen ist: die
Missverständnisse, die sich aus dem
(Miss-)Verständnis von Sprache ergeben, sind für
Nicht-Autisten durchaus lustig zu lesen. Da spricht der Onkel von
vielen Buchstaben im Alfabeet. Dabei kennt der kleine Peter doch nur
Beete mit Erdbeeren oder Erbsen. Und jeden Abend gibt es "Armbrot",
weil die Familie so arm ist. Während die anderen Kinder
Taschengeld haben, er aber nichts in seiner Tasche findet, muss er das
Geld aus dem Portmonee seiner Mutter nehmen (die dafür mit
einer Heimeinweisung droht!). Dass er sehnsuchtsvoll an den Bahngleisen
steht und auf den Rosenmontagszug wartet, ist dann nur folgerichtig.
Aber als die älteren Schüler sich dann von ihm "eine
Scheibe abschneiden sollen", bekommt er es doch mit der Angst zu tun.
Das Wort "Autismus" wird erst auf der viertletzten
Seite das erste Mal verwendet! Während z. B. Liane H. Willey
in ihrem Buch "Ich bin Autistin - aber ich zeige es nicht" im
Rückblick mit der Aspergerdiagnose ihr Leben reflektiert,
beschreibt Peter Schmidt sein Leben ohne Erläuterungen oder
fachliche Erklärungsversuche. Denn er hat zu diesem Zeitpunkt
keine Idee, warum er sich so fremd fühlt. Das macht dieses
Buch so besonders: die vielen Missverständnisse in der Schule
und in der Familie schmerzen dem Leser umso mehr, weil er schon den
Hintergrund kennt.
Der kleine Peter hat das Gefühl, dass er
von einem anderen Planeten kommt. Auch Temple Grandin, die bekannteste
Autistin überhaupt und mit ihrem Buch "Durch die
gläserne Tür" die Verfasserin des ersten Berichtes
einer Autistin über ihre innere Autisten-Welt, fühlte
sich wie eine "Anthropologin auf dem Mars".
Besonders in der Schule, als Jugendlicher, muss
Peter extremes Mobbing aushalten. Er selbst benutzt diesen Begriff
nicht, die anderen Kinder sind eben "gemein" zu ihm, wenn sie
für sein Verschwinden aus der Klasse sammeln.
Wie Temple Grandin erinnert sich auch Peter Schmidt gern an den Lehrer,
der ihn sehr früh gefördert hat. So erzeugt das
Finale des Buches echte Gänsehaut...
Das Buch wird zurecht ganz sicher die
Bestsellerlisten nach oben klettern und mit dazu beitragen, dass viele
Menschen Informationen über Autismus erhalten. Nur eine
allgemeine Kenntnis in der Öffentlichkeit führt dazu,
dass Menschen wie Peter Schmidt nicht erst mit 41 Jahren ihre Diagnose
erhalten. Denn die ist dann eine echte Offenbarung.
#SchmidtSaturn
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Schuster, Nicole und Schuster, Ute:
Vielfalt leben - Inklusion von Menschen mit
Autismus-Spektrum-Störung
Inklusion und Autismus: DAS Buch
Detaillierte Zusammenfassung aller
Inklusionsaspekte in allen Alterstufen. Sehr gut und akribisch gemacht.
Es geht über den Kindergarten in die Schule, weiter
über Universität/ Ausbildung bis ins Arbeitsleben. In
allen Bereichen wird der aktuelle Stand von Förderung/
möglicher Förderung bis hin zu Vorschlägen,
Erwartungen und Notwendigkeiten der Inklusion aufgezeigt. Ich
würde sagen: Lückenlos.
Besonders gefallen haben mir die zahlreichen Web-links für
weitere Informationen und die Fallbeispiele.
Die Zerrissenheit einer Mutter wird in der Rubrik „Karlas
Tagebuch“ jedem neuen Entwicklungsstadium von
„Ben“ vorangestellt, wirkt aber als Tagebuch eher
aufgesetzt. Hier empfehle ich als Ergänzung das Buch von Liane
Willey "Ich bin Autistin - aber ich zeige es nicht".
Deutlich wird, welch weiten Weg die Inklusion noch vor sich hat und als
köstlich empfand ich den Überblick über das
deutsche föderale Schulsystem. Wenn man das so komprimiert vor
sich sieht ist es kein Wunder, das da kaum einer durchsieht. Kompliment
an die Autorinnen, die es doch geschafft haben.
Wie Inklusion gut läuft kann man am
Beispiel Norwegen anschauen. Dazu hat Halfdan Freihow ein fast schon
poetischen Buch geschrieben (der Junge um den es geht ist hier 7 Jahre
alt).
Das Buch hat in jedem Fall das Zeug zum Standardwerk im Bereich
Inklusion und bietet sich in der Struktur für alle weiteren
Inklusionsschwerpunkte/ Behinderungsausprägungen an.
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Theunissen,
Georg: Der Umgang mit Autismus in den USA: Schulische Praxis,
Empowerment und gesellschaftliche Inklusion. Das Beispiel Kalifornien
Fachbuch mit komplexer Darstellung der
Möglichkeiten in der Arbeit mit Autisten in den USA
Georg Theunissen ist ein intensiver Kenner der
Behinderten- und Autismusszene in Kalifornien und hat sein
Forschungssemester zur Erstellung einer grundlegenden und umfassenden
Studie genutzt. Sie ist in zwei Teile gegliedert: 1. Leben, Wohnen und
Arbeiten im Gemeinwesen und 2. das Schulsystem und
Bildungsmöglichkeiten autistischer Schüler.
Wichtig zu wissen: Es ist ein universitäres Fachbuch und
deshalb mit einer Vielzahl an Fußnoten, Klammern,
Abkürzungen und Erläuterungen versehen (wobei die
Fußnoten und extra ausgewiesenen Beispiele oft besonders
interessant sind). Außerdem sollte man gute Grundlagen der
englischen Sprache mitbringen.
In dem Wust an wissenschaftlichen Belegen droht der Inhalt manchmal
unterzugehen: Spannende Berichte von innovativen Angeboten in den USA.
Daher eine Pflichtlektüre für (deutsche)
Geschäftsführer in diesem Arbeitsfeld, um sich
inspirieren zu lassen. Es werden Träger, Handlungsweisen und
Ideen vorgestellt. Während wir in Deutschland (der Vergleich
beider Systeme wird nur selten angestellt) über Inklusion
diskutieren, sind die Amerikaner da sehr viel weiter. Es hat dort auch
über 30 Jahre gedauert, aber ob wir diesen Stand jemals
erreichen? 99% aller behinderten Schüler werden an normalen
Schulen unterrichtet (wenn auch überwiegend in besonderen
Klassen)! Im Raum Los Angeles leben 12.500 Schüler aus dem
autistischen Spektrum. 86% sind an öffentlichen Schulen!
Deutlich wird, dass insgesamt Nicht-Weiße erheblich seltener
von den Möglichkeiten profitieren, die das System anbietet.
Und spannend: Behinderte Menschen werden viel und intensiv in
ehrenamtliche Arbeit eingebunden – war ihr Selbstbewusstsein
natürlich immens stärkt.
Schönes Stilelement am Ende: Ein Interview mit dem Autoren zu
einem Resümee über die aktuelle Arbeit und die
Angebote für Autisten in den USA.
Insgesamt: Viel Inhalt, es lohnt sich – am besten selbst
erarbeiten.
Tipp: Wer die Arbeitsweisen und Schwierigkeiten der
Entwicklungsplangespräche und Regionalcenter etc. in
Kalifornien spannend und packend erlesen möchte, dem sei das
Buch „Mein Wunderkind“ von Cathleen Lewis
empfohlen, die den Weg ihres Sohnes durch die kalifornischen Systeme
(und natürlich ihre Lebensgeschichte dazu)
beschreibt.#theunissenUSA
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Bahr, Reiner: Igel-Kinder. Kinder
und Jugendliche mit Asperger-Syndrom verstehen
Ein knackiges und gut verständliches Buch
für Eltern und Lehrer
Das auffällige an diesem Buch ist auch
die tolle Schreibweise. Es ist gut lesbar, zeigt alle wichtigen
Verhaltensweisen, Hinweise und Empfehlungen auf ohne mit Fachvokabular
unverständlich zu werden. Es ist im Gegenteil sogar spannend
zu lesen, weil die Entwicklungsstufen vom Kind zum Kindergarten bis zur
Schule beschrieben werden. Dazu gibt es zahlreiche praktische Tipps, z.
B. um die Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.
Richtig Fahrt nimmt das Buch in Richtung Schule
auf: Engagiert werden notwendige Veränderungen im Schulbetrieb
verdeutlicht, wenn ungewöhnliche Kinder - und das bezieht sich
nicht nur auf Kinder mit Asperger-Syndrom - in den Schulbetrieb
integriert werden sollen. Die Herausforderungen, vor der die Inklusion
steht, werden hier deutlich.
Für Eltern, aber auch Lehrer, sind
Testverfahren beschrieben, die zwar eine psychologische Diagnostik
nicht ersetzen können, aber mindestens einen Verdacht
erhärten und weitere Vorgehensweisen beschreiben.
Das Interview am Ende macht wieder sehr deutlich,
wie wichtig es ist, denen zuzuhören, die das Asperger-Syndrom
haben: Sie können es am Besten beschreiben und
Bedürfnisse benennen (wie z. B. auch Temple Grandin und Liane
Willey).
Das Buch ist klasse, nur eines geht gar nicht: Der
Titel. Seit dem Buch von Katja Rohde "Ich Igelkind" von 1999 ist der
Begriff "Igelkind" besetzt. Und er steht für Autisten, die in
ihrem Körper eingeschlossen sind, sich nur - wenn
überhaupt - durch gestützte Kommunikation
ausdrücken können. Ein schweres Schicksal. Dieses
schwere Schicksal teilen Asperger-Autisten zum Glück nicht,
was für ein Segen!
Trotzdem eine kräftige Kaufempfehlung
für das Buch, denn der Inhalt ist ein Gewinn für alle
Interessierten.
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Schmidt,
Peter: Ein Kaktus zum
Valentinstag
Das Buch beginnt schon ungewöhnlich: mit
278 Vorwörtern. Stimmt, in anderen Büchern steht
immer „Vorwort“. Dabei sind es immer viele Worte!
Peter Schmidt zeigt in seinem Buch immer wieder die Besonderheiten von
Autisten auf. Ohne darüber viele Worte zu verlieren, dass er
selbst Autist ist - denn sein Leben verläuft bis zum 41.
Lebensjahr ohne eine Diagnose.
Und so werden wir – durchaus amüsiert - Zeuge, wie
Peter Schmidt sein Leben gestaltet und sich dabei immer wieder
über die Eigenarten der anderen Menschen wundert und sich
fragt „warum bin ich so anders als die anderen?“
So amüsant sich das Buch auch liest, am Ende wird es ernst: er
erkennt keinen Ausweg aus seiner komplizierten Weltsicht, obwohl er
viel erreicht hat. Eine durchsichtige Wand trennt ihn von den
Empfindungen anderer Menschen. Zum Glück sieht er dann im
Fernsehen einen Jungen, der genauso ist wie er war - und der wird dort
als Autist bezeichnet....
Bis es aber soweit ist, lesen wir über ungewöhnliche
Fraueneroberungsversuche während der Studienzeit, Checklisten
was man dabei alles wie beachten muss, Straßen die entdeckt
werden wollen und Häuser die gebaut werden.
Und als die Lok dann nicht mehr fährt und plötzlich
die Raras da sind, da muss Peter wieder flattern... Soll
heißen: er heiratet, bekommt Kinder und das ist für
einen Autisten sehr ungewöhnlich und abenteuerlich. Wie
schön, dass wir an dieser Geschichte teilhaben dürfen.
Natürlich ist dies ein erstklassiges Buch
für Menschen, die sich zum Thema Asperger-Syndrom informieren
wollen. Von einem Autor, der eben nicht nur von Diagnosen und
Empfehlungen schreibt, sondern vielmehr einen Einblick in das
tägliche Leben erlaubt und von den Ausprägungen
seiner Autismusform berichtet.
So wie damals das Buch „Durch die gläserne
Tür“ von Temple Grandin das erste englischsprachige
Buch in diesem Bereich war und damit viel zum allgemeinen
Verständnis der Autismus-Spektrum-Störung beigetragen
hat, so hat dieses Buch seinen Anteil an der Diskussion in
Deutschland.
Und am Ende gibt es dann noch 882 Nachworte. Direktbestellung #Kaktus
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Tammet,
Daniel: Wolkenspringer
Daniel Tammet gehört zu den ganz
bekannten Autoren aus dem autistischen Spektrum. Ein Savant, der ein
außergewöhnliches Gehirn besitzt und die eigenen
Denkprozesse beschreiben kann! Einzigartig auf der Welt, viele sind
trotz Genialität stark eingeschränkt in anderen
Lebensbereichen. Während er in seinem ersten Buch
„Elf ist freundlich und Fünf ist laut“
über sein Leben und seine Fähigkeiten berichtet hat,
schreibt er in „Wolkenspringer“ über die
Fähigkeiten des Gehirns. Sicherlich kann man an der ein oder
anderen Stelle auch von den Erkenntnissen lernen, aber ganz sicher
nicht zum Savant werden.
Die neuen Forschungsergebnisse der Wissenschaftler über unser
Gehirn sind beeindruckend zu lesen. Tammet scheint jede Untersuchung
und Idee zu kennen. Kein Wunder: So war er selbst Gegenstand
zahlreicher Tests, um seine beeindruckenden Leistungen und
Fähigkeiten zu dokumentieren. Dabei sieht er sich durchaus auf
Augenhöhe mit uns Nicht-Savants: Er kann sich Zahlen merken,
aber kaum Gesichter – wir sind bei der Merkfähigkeit
von Gesichtern viel besser als er.
Spannend, wie er den IQ-Test erläutert, seine
Fehleranfälligkeit diskutiert und Alternativen aufgezeigt. Ein
Kapitel widmet er dem Spracherwerb und der Vielfalt von Sprachen: Eines
seiner Spezialgebiete, denn er konnte in einer Woche
isländisch erlernen … Da begnügen wir uns
doch wieder mit den Gesichtern.
Natürlich wendet er sich auch den Zahlen zu, beschreibt, wie
diese zu erlernen sind und wie es bei ihm funktioniert.
Am Ende setzt Tammet sich mit der medialen Informationsflut und auch
dem Wahrheitsgehalt von Wikipedia auseinander. Sehr aktuell und wichtig
zu lesen. Seine statistischen Ausführungen dazu sind brillant.
Ein Ausblick darf nicht fehlen: Computerchips im Hirn und unendliche
Möglichkeiten der Verbindung von Mensch und Technik. Die
Cyborgs werden kommen. #tamet02
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Tammet,
Daniel: Elf ist freundlich
und Fünf ist laut.
Eigentlich hatte ich die Geschichte eines
Ausnahmebegabten erwartet. Eine Geschichte über einen der
wenigen Savants, die ihre besondere Begabung für Film und
Fernsehen nutzen können und nicht ihr Leben lang auf Hilfe
angewiesen bleiben wie z. B. Kim Peek, der für "Rain Man" Pate
stand.
Aber es kam anders. Auch Daniel Tammet musste durch eine schwierige,
von Unverständnis geprägte Kindheit. Immer wieder
suchte er nach einem "richtigen" Weg für sich. Beeindruckend,
wie er innerhalb eines freiwilligen Jahres in Litauen zurecht kommt und
Freundschaften schließt.
Online-Sprachkurse, coming-out als Homosexueller, der Versuch "normal"
zu leben - all das hätte ich in diesem Buch nicht erwartet.
Seine Ausnahmebegabung wird am Ende dann aber auch noch
erwähnt. Absolut lesenswert! #tamet01
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Axel
Brauns: Buntschatten und Fledermäuse. Mein Leben in einer
anderen Welt
Brauns schreibt sein Buch 2002 und es hat nichts
an seiner Aktualität verloren. Nicht umsonst führt
das Buch die Amazon-Verkaufscharts im Bereich Autismus seit vielen
Jahren an.
Wie viele Autisten wählt auch Brauns häufig selbst
erfunden Worte, die sehr poetisch klingen: So machte die "Haha"
(Mutter) oft "Lippenlärm". Außerdem kann er sich
sehr intensiv an seine Kleinkindzeit erinnern und wie er
plötzlich autistisch wurde.
Er beschreibt ganz ausführlich wie er sich als Autist
fühlt und warum er wie reagiert. Er hat kein Gefühl
für seinen Körper, keinerlei Schmerzempfinden, was
zur kuriosen Szenen beim Arzt führt.
Gesichter kann er nicht erkennen, sie "wabern". "Nebel aus den
Augenauen verteilt sich auf dem Gesicht". Bei TV-Küssen muss
er sich schmerzhaft abwenden, weil sich die Gesichter dabei
scheußlich in einander verwölkten.
Größte Schwierigkeiten bereiten ihm
übertragene Begrifflichkeiten wie zum Beispiel "Leseratte".
Häufig versteht er Aussagen so grundsätzlich falsch,
das er wesentliche Entscheidungen fälschlicherweise trifft (so
er hört mit dem Fußballspielen auf, weil er denkt,
er soll dort eingesperrt werden, dabei soll er nur in eine neue
Mannschaft).
Sein liebstes Versteck ist sein hochgeklapptes Bett, was mich sehr an
die Quetschmaschine von Temple Grandin erinnert hat.
Er beschreibt seinen Lebensweg bis in Studium hinein, wobei auch bei
ihm die Pubertät eine besonders schwere Zeit darstellt: Waren
für ihn früher Gespräche zwischen Menschen
(Smalltalk) sehr rätselhaft, so sind sie nun „von
einer anderen Welt“. Irgendwie ist es wichtig geworden, ob
ein Mädchen gut aussieht – aber er erkennt keine
Gesichter… So muss er seinen Bruder oder Freunde fragen, ob
denn ein Mädchen gut aussieht – oder soll er das
Mädchen selbst fragen, ob es gut aussieht? Und ob er eine
Freundin hat… nun ja, wie soll er das wissen.
Mit 18 Jahren hofft er, endlich
„vollständig“ zu werden....
Ein einzigartiges Buch – unbedingt lesen, wenn man
Asperger-Autisten etwas besser verstehen möchte.
Doku
über Axel Brauns
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Cathleen
Lewis: Mein Wunderkind. Eine Mutter, ihr autistischer
Sohn und die Musik, die alles veränderte.
Es hört sich alles irgendwie
typisch
amerikanisch an, aber so ist es geschehen: Ein Model und erfolgreiche
Börsenmaklerin bekommt ein Kind. Es ist blind. Wenig
später stellt sich heraus: Es ist auch autistisch. Aus der
erfolgreichen Geschäftsfrau wird eine Kämpferin
für ihr Kind, eine echte Löwin, die sich
überall einsetzt, mitarbeitet und engagiert. Der Mann
verlässt sie, weitere Rückschläge folgen.
Puhh, das muss man erst einmal verdauen. Dann schenkt der geschiedene
Mann dem dreijährigen ein Keyboard. Es zeigt sich im Laufe der
Zeit, das Rex ein musikalischer Savant ist, mit unglaublichen
Fähigkeiten.
Die Mutter schreibt selbst über ihren Einsatz im Kindergarten,
der Vorschule und den weiteren Stationen des Lebens von Rex. Was sie
und Rex leisten, ist schwer beeindruckend und spannend zu lesen. Dabei
steht nicht der „Savant Rex“ sondern das
„Kind Rex“ im Vordergrund, erst später
können seine Fähigkeiten zur gesellschaftlichen
Integration genutzt werden. Aber das ist nicht
selbstverständlich – sondern nur unter
großem Einsatz der Mutter möglich.
Im Vergleich z. B. zu „Lieber Gabriel – die
Geschichte meines autistischen Jungen“, einem ruhigen Buch
das in den Weiten Norwegens spielt, findet man sich hier im lauten
Amerika mit seinen zahlreichen Möglichkeiten wieder. Der
weitere Weg von Rex wird spannend zu beobachten sein –
entsprechende Filme und Beiträge findet man dazu hier auf meiner Website. #lewis
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Rohde, Katja:
Ich Igelkind
Puhh, ich wollte einfach mal "zwischendurch" eines
der vor vielen Jahres sehr kontrovers diskutierten Bücher
lesen. Aber das ist kein Buch für "zwischendurch", es ist
absolut kompakt und dramatisch. Eine Mutter, die extrem engagiert ist
(der Graus vieler Hilfseinrichtungen) und an ihr Kind glaubt. Als dann
aber jemand die Intelligenz des Kindes mit 23 Jahren erkennt, will sie
das nicht wahrhaben - bis sie es selbst erkennt und die wichtigste
Stütze ihrer Tochter bei der "gestützten
Kommunikation" wird. Das ist Dramatik pur auf den ersten Seiten. Meine
Bewunderung gilt auch der Mutter, die ihr Leben dem unendlichen Einsatz
für ihre Tochter verschrieben hat. Was für eine
Stärke!
Dann beschreibt das Igel"kind" selbst ihr Innenleben. Sicherlich eine
komplexe Wortwahl und nicht immer verständlich, mit dem
Hintergrund liest es sich aber wie eine Offenbarung.
Das Thema FC (= Facilitated Communication = Gestützte
Kommunikation) ist absolut faszinierend. Wie geht es mit dem Igelkind
Katja Rohde weiter? Auf meiner Website sind Links zu Interwievs aus
2007 zu finden - und dann? Falls jemand etwas weiß, freue ich
mich über einen Hinweis. Ein weiteres Buch war
angekündigt (nicht nur der Gedichteband auf
Französisch).
Ganz sicher lesenswert.#rohde
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Sacks,
Oliver:
Eine Anthropologin auf dem Mars
In seinem Buch stellt Oliver Sacks sieben
außergewöhnliche Menschen vor, die neurologisch
relevante Befunde haben. Alles ganz ungewöhnliche und
interessante Geschichten - wichtig war für uns der Bericht von
Oliver Sacks über die Autistin Temple Grandin. Es ist eine
überaus bereichernde Literatur, wenn man sich mit der
Geschichte von ihr beschäftigt. Nicht nur der bekannte
Neurologe Sacks hatte Zweifel an der Biografie von Temple und der
folgenden, fast unglaublich erfolgreichen Lebensgeschichte. In seinem
Bericht schildert er nun die Außensicht auf Temple Grandin -
diesen Blick gab es bis zu dem Zeitpunkt noch nie. Allein deshalb lohnt
es sich, dieses Buch zu lesen.
Sacks ging übrigens recht vorsichtig in die Begegnung und war
trotzdem schon nach kurzer Zeit mittendrin: Inklusive eines Tests ihres
Berührungsapparats, der "Quetschmaschine"....
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Sellin,
Birger:
ich will kein inmich mehr sein.
Einblick in die hässliche Tiefe des
Autismus: Birger hat Schreianfälle, beisst sich manchmal in
die Hand, spricht nicht. Er hat Autismus, wird für schwer
geistig behindert gehalten, obwohl die Entwicklung bis zum zweiten
Lebensjahr normal verlief. Seine ersten 20 Lebensjahre werden im
Überblick beschrieben.
Dann hört seine Mutter von der "unterstützten
Kommunikation" und probiert das mit Birger aus. "Unterstützte
Kommunikation" wird in der Regel mit FC abgekürzt (aus dem
englischen für "Faciliated Communication") und bedeutet genau
das: Eine Vertrauensperson unterstützt dabei, die Finger,
später nur noch den Arm, zur Tastatur oder dem Buchstabenbrett
zu führen. Manchmal ist auch nur die Berührung der
Hand oder der Schulter ausreichend. Birger konnte darauf reagieren und
begann zu schreiben. Ein Wunder für die Eltern und alle
Betreuungspersonen.
Wie sich durch die mühselige Kommunikation herausstellte,
hatte Birger sich Lesen schon mit fünf Jahren selbst
beigebracht, beherrscht auch Englisch und hat eine eigene Sprache
entwickelt. Viele Parallelen zu Katja Rohdes Ich Igelkind: Botschaften
aus einer autistischen Welt.
Im Buch hat der begleitende Journalist sehr viele Texte von Birger
ausgewählt, die vorrangig seine Entwicklung aufzeigen und
einen beeindruckenden Bericht aus seiner Welt des Autismus liefern.
Birgers Ziel ist es, Verständnis für alle Menschen
mit Autismus zu schaffen und auf ihre Leiden aufmerksam zu machen um
ihnen damit eine Möglichketi zu bieten, aus ihren
unvorstellbaren Kerkern auszubrechen.
Die Texte sind unendlich berührend und zeugen von hoher
Intelligenz.
Bericht von Stern-TV
aus 2013, wie es mit Birger Sellins Leben weiter gegangen ist
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Gagelmann,
Hartmut: Kai lacht wieder
Ein frühes Plädoyer für
grenzenlose Inklusion. Der 19jährige Hartmut muss seinen
Zivlidienst ableisten und sucht sich dafür ein Wohnheim
für behinderte Kinder aus. In den ersten drei Wochen wird er
gefühlt um viele Jahre älter und nimmt fast 10 kg ab.
Er beschreibt den Alltag im Wohnheim - schonungslos bis zur Ekelgrenze.
Im Wohnheim für Kinder lernt er das autistische Kind Kai
kennen - der ihn vor ungeahnte Herausforderungen stellt und an denen
der von tiefstem Herzen engagierte Hartmut fast zerbricht.
Durch eine unkonventionelle Idee - die man im Fachdeutsch "paradoxe
Intervention" nennen würde - beginnt die Wende...
Auch nach seinem Zivildienst bleibt er engagiert, verbringt sogar
seinen Urlaub mit dem Kind. Ein ganz ehrliches Buch, eben nicht von
einem studierten Fachmann, sondern von einem engagierten Menschen. Ein
Mensch, der an vielen Stellen mehr leistet, als so mancher Fachmann
bereit wäre zu tun. "Chapeau" für einen tollen
Menschen, der in jungen Jahren sehr viel für den Rest seines
Lebens gelernt und gefühlt hat.
Übrigens mit einem Vorwort von Wim Thoelke, der zu Recht den
besonders gelungenen Schreibstil des Autors lobt.
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